Brenda Joyce
Saphire. Ihr
Begleiter bei diesem Anlass war Mr Thomas Blair, einer der angesehensten
Bankieres des Landes. Er nahm den Platz des Gastgebers am anderen Ende der
Tafel ein. Thomas war ein gut aussehender Gentleman voller Ehrgeiz, außerdem
unverheiratet. Sie hatte daher auch zwei Debütantinnen und eine junge Witwe
eingeladen, was angemessen war für einen Mann, der ein so guter Fang sein
würde. Jetzt hob er sein Weinglas und prostete ihr zu. Dabei wandte er nicht
den Blick von ihr. Sie wusste, er wollte damit nicht nur seine Bewunderung für
die Organisation des Festes ausdrücken ...
Sie
erwiderte sein Lächeln, als Lord Worth sagte: »Wen kümmert das chinesische
Opium? Abgesehen von ihren eigenen Regierenden?«
Er lachte und fügte in belehrendem Tonfall hinzu: »Ich sage, lasst Ihnen ihre
Opiate!«
»Es ist
falsch«, erklärte Felicia Carew, eine der Debütantinnen. Sie war sehr
jung, recht hübsch und nicht besonders klug. Blair hatte noch kein einziges Mal
zu ihr hingesehen. »Jeder weiß, wie schrecklich die Wirkung von Opium ist – und
ich bin sicher, dass dasselbe für die armen Chinesen gilt! Wir sollten sie
nicht noch ermutigen!«
»Meine
Liebe«, erklärte Lord Worth belehrend, »das Opium ist ein Vermögen wert –
für unsere Kaufleute, meine ich natürlich. Es ist eine verdammt gute Ware,
möchte ich sagen.«
Alle
pflichteten ihm bei. Die Debatte über freien Handel und offene Märkte war ein
beliebtes Thema, vielleicht sogar noch beliebter als die Diskussion über die
nationalen Schulden und den möglicherweise bevorstehenden Bankrott des Landes.
Natürlich kam vor allem das Letztere sehr auf den Standpunkt des Betrachters
an.
»Aber wegen
des Opiums in einen Krieg ziehen?«, meinte ein älterer Gentleman. »Wie ich
hörte, sind unsere Kanonenboote überall an der chinesischen Küste
verteilt.«
Blair sah
wieder zu ihr hin. Elysse bemerkte seinen Blick und wandte ein: »Unser Tee wird
mit Silber bezahlt, Mr Harrison. Und die Firmen des Landes werden für Opium in
Silber bezahlt. Aber wenn mehr Häfen für den Handel geöffnet wären, dann würden
unserer Manufakturen mehr Märkte haben – und für Tee bezahlen können.«
»Befürworten
Sie den freien Handel?«, fragte der ältere Mr Harrison. »Ich muss
gestehen, ich fürchte mich vor dem freien Handel.«
Ehe sie
antworten konnte, mischte Blair sich ein. »Wie sollte sie nicht für den freien
Handel eintreten.«
»Natürlich
bevorzugt sie den freien Handel«, erklärte Lord Worth. »Schließlich ist
ihr Ehemann tief in den Handel auf der ganzen Welt verstrickt. Wie geht es dem
kühnen Kapitän eigentlich, meine liebe Elysse? Ich hoffe doch, dass er allen
unangenehmen Begegnungen mit den Chinesen aus dem Wege geht.«
Woher
soll ich das wissen? Ihr
war bewusst, dass Blair sie jetzt beobachtete, aber sie lächelte weiter. Sie
hatte Alexi seit sechs Jahren nicht mehr gesehen. Falls er in den Krieg
verwickelt sein sollte, so wusste sie nichts darüber. Und es war ihr auch egal.
»Es geht ihm sehr gut, danke«, murmelte sie lächelnd. »Und Sie haben
recht. Ich bin eine Anhängerin des freien Handels.«
Sie wollte
jetzt nicht an ihn denken. Es würde ihr den Abend verderben. Ein paar Monate
nach der Hochzeit hatte es eine einzige kurze Nachricht gegeben, in welcher er
sie damit beleidigt hatte, dass er fragte, ob sie möglicherweise schwanger sein
könnte. Diese Unterstellung hatte sie so wütend gemacht, dass sie den Brief
zusammengeknüllt hatte, ohne sich die Mühe zu machen, darauf zu antworten.
Natürlich
hatte er Geld für sie bereitgestellt, ganz der liebende Ehemann. Jeden Monat wurden
auf ihre Konten in London und auch in Irland Gelder von seinen Anwälten
eingezahlt. Zuerst hatte sie sich geweigert, sein Geld anzurühren. Mittlerweile
bezahlte sie alles damit – das schöne Apartment, das sie am Grosvenor Square
gemietet hatte, die Möbel, die darin standen, ihre Garderobe, ihren Schmuck,
ihre Kutsche, ihre Pferde und ihr Personal.
»Es wird
Krieg geben«, sagte Blair gelassen von der anderen Seite des Zimmers aus.
»China muss seine Häfen für uns öffnen.«
Elysse sah
ihn an und stimmte ihm im Stillen zu. Die Gesellschaft hielt ihn für ihren
neuesten Liebhaber. Aber sie wollte sich nicht auf ihn einlassen, auch wenn er
nicht abgeneigt wäre.
Wenn sie
ihn doch nur als Liebhaber nehmen könnte. Sie war es müde, ständig die
glückliche Ehefrau zu spielen.
»Was ist
nun mit dem Kapitän, meine Liebe? Was ist mit Ihrem
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