Brenda Joyce
haben uns immer gefragt, ob dafür
nicht Alexi der Richtige wäre – ihr beide steht euch doch schon seit Jahren
sehr nahe. Er ist ein guter Mann, und er ist dein Freund. Er hat dich gern, und
du ihn auch. Und jetzt, in dieser Notsituation, tritt er für dich ein. Wenn du
ihn magst – und ihn gern zum Mann haben würdest – dann wären wir beide
einverstanden.«
»Und wenn
du dir nicht sicher bist, dann würde ich mein Möglichstes tun, um das Gerede
zum Verstummen zu bringen.«
Auf diese
Nacht des Grauens folgte ein wenig Freude, noch zart und zerbrechlich, wie eine
Blüte nach einem langen Winter. Es gelang Elysse aufzustehen, auch wenn sich
das Zimmer noch immer ein wenig um sie drehte. Und endlich begann sie zu
lächeln. »Natürlich möchte ich Alexi heiraten.«
»Geht es dir gut?«, fragte Devlin und
drückte ihren Arm ein wenig fester.
Elysse hörte
ihn kaum. Sie konnte kaum atmen. Ihr weißes Spitzenkorsett schnürte sie ein.
Sie sah ihren Vater an, der in seinem Frack schön und elegant aussah. Dann
drückte sie ihren Brautstrauß noch etwas fester.
»Jede Braut
ist ein wenig aufgeregt«, sagte er zu ihr und tätschelte ihre Hand.
Sie holte
tief Luft und nickte. Dies war ihr Hochzeitstag. Sie hatte das Gefühl,
schon ihr ganzes Leben lang auf diesen Tag gewartet zu haben. Endlich war die
Tragödie, die zu diesem Augenblick geführt hatte, nicht mehr so wichtig. Zum
ersten Mal seit zwei Wochen dachte sie nicht daran. Stattdessen sah sie in die
Kirche hinein, vorbei an den Bänken, in denen ihre Familien saßen. Ihr Herz
schlug wie rasend.
Alexi stand
vor dem Altar, zusammen mit seinem Trauzeugen, Stephen Mowbray, dem Duke of
Clarewood. Der Geistliche des Earl of Adare stand bei ihnen, ebenso ihr Bruder
Jack und Ned de Warenne, der älteste Sohn des Earls und sein Erbe. Den Männern
gegenüber standen ihre Mutter und Ariella. Virginia lächelte strahlend, und
Ariella blickte erwartungsvoll den Mittelgang hinunter. Die Musik setzte ein,
und alle drehten sich um zur Kirchentür, wo sie mit ihrem Vater stand.
Alexi sah
sie an.
In seinem
Frack sah er unglaublich gut aus. Aber irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.
Seine Miene war verschlossen, und er hatte die Lippen zusammengepresst,
entschlossen und doch voller Abscheu.
Dies war
ihr Hochzeitstag. Aber er schien nicht glücklich zu sein.
Seit der
Ballnacht hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Als sie ihm eine kurze Nachricht
geschickt und gefragt hatte, ob sie vor der Hochzeit noch einmal miteinander
sprechen könnten, hatte er nur kurz geantwortet – er würde erst am Abend vor
der Hochzeit wieder in Irland sein. Zwei Tage nach dem Ball war er nach London
aufgebrochen, um sich um seine Geschäfte zu kümmern. Elysse konnte sich denken,
dass er noch einiges zu erledigen hatte, denn sie würden sicher die
Hochzeitsreise aufs Festland machen. Doch bisher gab es noch keine Pläne dafür.
Sie hatte eine Nachricht von ihm erwartet, einen Brief, doch sie hatte kein
Wort von ihm gehört.
Der
Organist spielte den Hochzeitsmarsch, und Devlin flüsterte: »Sollen wir?«
Elysse
konnte nicht sprechen. Sie sah Alexi an, während ihr Vater sie durch den
Mittelgang geleitete. Beim Näherkommen war sie sicher. Sie kannte Alexi zu gut.
Sein Unmut war unübersehbar.
Panik stieg
in ihr auf. Das war nicht richtig – so sollte es nicht sein! Er heiratete sie
nur, um sie zu beschützen! War er deshalb böse? Weil er sie heiratete, ohne es
wirklich zu wollen?
Hatte er
seine Meinung geändert, war aber zu sehr Gentleman, um sie im Stich zu lassen?
Schlossen
sie eine Ehe, weil ein Unschuldiger gestorben war? Ganz plötzlich blieb sie
stehen, konnte nicht mehr weitergehen, so groß war ihre Angst.
Ihr Vater
sah sie besorgt an.
Was,
wenn er mich nicht heiraten will? Er macht das nur, um mich zu beschützen ...
»Das ist
ein Fehler«, flüsterte sie. Sie sah weiterhin ihren Bräutigam an und
öffnete den Mund, um ihrem Vater zu sagen, dass sie unter diesen Umständen
nicht heiraten konnte. Aber es kam kein Laut.
»Elysse!«,
sagte Alexi, und obwohl er es sehr leise sagte, war es ohne Zweifel ein Befehl.
Irgendwie
gelang es ihr weiterzugehen und sich neben Alexi zu stellen, in seine kalten
blauen Augen zu sehen. Der Pastor begann zu sprechen. Ihre Knie gaben nach.
Alexi griff nach ihrem Ellenbogen, um sie zu stützen.
Sie war wie
benommen, bewegte sich wie eine Puppe. Aber er sah ihr in die Augen und riet
ihr, sich nicht zu bewegen. Der Geistliche sprach weiter, aber
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