Brenda Joyce
Elysse, für das, was du getan hast. Aber was ich
weiß, ist, dass ich jene Nacht niemals vergessen werde, und auch nicht, was ich
getan habe.« Seine Augen glühten vor Zorn, als er sie zurück in den
Walzerrhythmus führte.
»Es war ein
Unfall!«, rief sie.
»Ja, das
war es. Aber nichts davon wäre geschehen, wenn du ihn nicht herausgefordert
hättest.«
Er hatte
recht. Tränen traten ihr in die Augen. »Wir können jetzt nicht streiten, nicht
hier«, brachte sie heraus. »Jeder wird wissen, dass du mich hasst.«
Es war als Frage gemeint.
Aber er
antwortete nicht. Und das war Antwort genug. Sie drängte die Tränen von Schmerz
und Enttäuschung zurück, von Kummer und gebrochenem Herzen. War es dumm von ihr
gewesen zu glauben, sie würden ein gemeinsames Leben beginnen? Zu glauben,
dass sie diesen tragischen, schmerzlichen Anfang überwinden könnten?
»Du hast
deine Meinung geändert, nicht wahr?«, rief sie. Sie würde jetzt
nicht mit ihm tanzen, auch wenn das ihr erster gemeinsamer Tanz als Ehepaar
war. »Du hast angeboten mich zu heiraten, um mich zu beschützen, aber das hast
du nur getan, weil du ein Gentleman bist.«
Er hatte
sie Lippen aufeinandergepresst. Es dauerte einen Moment, ehe er antwortete.
»Nein, Elysse. Ich will nicht mit dir verheiratet sein.«
Sie schrie
auf. Was sollte sie jetzt tun? »Aber wir sind verheiratet«, stieß sie
hervor. »Ich will dir eine gute Frau sein, Alexi!«
Er zuckte
die Achseln. »Mach, was du willst. Du kannst eine gute Ehefrau sein oder eine
schlechte – es ist mir egal, Elysse. Es ist unwichtig.«
Ihr stockte
der Atem. »Was sagst du da?«
»Ich sage,
du kannst machen, was du willst. Das tust du immer. Nur lass mich da
heraus.«
»Du bist
mein Ehemann! Es wird keine Spielchen mehr geben!«
»Wirklich
nicht? Das bezweifle ich«, sagte er spöttisch. »Ich meine es ernst,
Elysse. Du kannst machen, was du willst. Ich habe dir meinen Namen gegeben. Ich
werde dich unterstützten, dafür sorgen, dass du ein Dach über dem Kopf hast und
dir hübsche Kleider und Schmuck kaufen kannst. Aber weiter wird diese Ehe nicht
reichen.« Er deutete auf den Tisch. »Warum setzen wir uns nicht und tun
so, als würde es uns gelingen durchzuhalten, bis diese Farce vorüber ist?«
Er konnte
unmöglich ernst meinen, was er da sagte, oder? Er sprach nur aus Wut so. Er
wollte ihr wehtun. Aber ahnte er überhaupt, wie viel Schmerz er ihr bereitete?
Sie öffnete den Mund, um ihm zu gestehen, was sie für ihn empfand – wollte ihm
sagen, dass sie ihn liebte und wollte, dass sie eine gute Ehe führten und ein
liebendes Paar wurden. Aber ehe sie das tun konnte, sagte er: »Du weißt
vielleicht schon, dass mein Schiff heute Nacht ausläuft. Sobald unsere Gäste
gegangen sind, legt es ab.«
Sie war
sprachlos.
»Ich weiß
nicht, wie lange ich fort sein werde«, fügte er mit gewisser
Zufriedenheit hinzu. Dabei beobachtete er sie genau.
»Aber du
fährst erst im Juni wieder nach China«, brachte sie heraus.
»Ich habe
nicht gesagt, dass ich nach China fahre«, erklärte er schroff.
Sie begann
den Kopf zu schütteln. Ihre Hoffnung erstarb. »Was ist mit unserer Hochzeitsnacht?«
Er sah sie
ungläubig an.
Er würde
nicht bleiben. Er würde ihre Ehe nicht vollziehen. Sie zitterte. Es fiel ihr so
schwer zu sprechen. »Wohin gehst du, Alexi?«
»Nach Singapur«, sagte
er.
In diesem
Augenblick begriff sie, dass ihre Ehe wirklich nur eine Fassade war.
Teil 2
Kapitel 6
London, England
Frühjahr 1839
Elysse ließ
den Blick über ihren langen, elegant gedeckten Dinnertisch streifen und über
ihre dreiundzwanzig Gäste. Sie lächelte. In den silbernen Leuchtern flackerten
Kerzen, Kristall klirrte, goldgeränderte Teller klapperten, und sie hörte
Lachen und Stimmengemurmel. Mehrere lebhafte Gespräche fanden gleichzeitig
statt. Das Speisezimmer war in Dunkelrot und Gold tapeziert, und an der Decke
hingen zwei große Kristallleuchter. Im Kamin knisterte ein Feuer, darüber gab
es einen Sims aus ebenholzschwarzem Marmor, auf dem ein farbenprächtiges Blumengebinde
stand. Kleinere Sträuße zierten den Tisch. Der Raum war sehr schön, ihre Gäste
aßen gut und amüsierten sich. Es war natürlich nur ein gelungener Abend unter
vielen.
Schließlich
war sie eine von Londons beliebtesten Gastgeberinnen, und um ihre Einladungen
riss man sich förmlich.
Als
Gastgeberin bei diesem Abendessen saß sie am Kopf der Tafel. Sie trug ein
herrliches Abendkleid in Saphirblau und trug auch als Schmuck
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