Brenda Joyce
nicht groß genug für sie beide.
Elysse trug
ein Kleid aus türkisfarbener Seide und Diamantschmuck. Sie zögerte nicht, als
sie die Tür erreichte. Falls Alexi im Haus war, dann sollte er sich auf etwas
gefasst machen. Diesmal
würde sie den Kampf gewinnen. Ihr Leben und ihr Verstand standen auf dem
Spiel. Aber noch ehe sie den Türklopfer betätigen konnte, ging die Tür auf, und
vor ihr stand der Viscount. Emilian sah sie erstaunt an.
»Guten
Morgen, Emilian«, sagte Elysse. Aber ein Lächeln brachte sie nicht
zustande. »Ich denke, Ariella wird nicht überrascht sein, wenn ich sie zu
einer so unchristlichen Stunde aufsuche.«
In seinem
Gehrock und mit seinem goldenen Haar sah Emilian St. Xavier unglaublich gut
aus. Er war ein Einzelgänger, auch wenn er sich seit seiner Heirat mit ihrer
Freundin schon im gesellschaftlichen Umgang geübt hatte. Seine Mutter war eine
Zigeunerin gewesen, und bis zu diesem Tag war man sich in der Gesellschaft
nicht einig, ob man ihn bewundern oder verachten sollte. »Sie erwartet dich,
Elysse. Ich hoffe, ihr beide heckt nicht etwas aus, was den armen Alexi
angeht.«
»Ich bin
seine Frau. Ich muss kaum Pläne aushecken, wenn es um meinen 'armen' Mann geht.«
»Wirklich
nicht? Es interessiert dich vielleicht, dass ich ihn letzte Nacht gesehen
habe.«
Sie fühlte,
dass sich alles in ihr anspannte. »Ich habe dich im Büro der Schifffahrtslinie
gar nicht bemerkt.«
»Da war ich
auch nicht. Aber Clarewood war dort, um ihn vor sich selbst zu retten. Dann
sind sie beide hierhergekommen, um mich zu holen. Alexi war vollkommen
betrunken. Keine Angst, wir haben ihn hierhergebracht zum Abendessen, nicht in
den Club. Aber das hat ihn nicht daran gehindert, seinen Kummer in Whiskey und
Brandy zu ertränken.«
Sie wurde
nachdenklich. »Gestern hat er gefeiert.«
»Nicht, als
ich dazukam«, sagte St. Xavier.
Sie konnte
sich nicht vorstellen, was Alexi aufgeregt haben könnte. »Er ist erwachsen.
Wenn er sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken will, dann ist mir das
egal. Er schien gestern bei der Schifffahrtsgesellschaft außerordentlich
glücklich gewesen zu sein.«
St. Xavier
lächelte. »Jede Medaille hat zwei Seiten.« Er tippte grüßend an seinen Hut
und ging zu seiner Kutsche, die von sechs Pferden gezogen wurde.
Elysse ging
ins Haus und zog sich wütend die Handschuhe aus. Sie fühlte sich elend und
hoffte, dass es Alexi nicht besser ging. Unglücklicherweise
fühlte er sich vermutlich noch immer großartig wegen seiner erfolgreichen Chinareise.
Gerade wollte sie ihre Handschuhe beiseitewerfen, hielt aber inne, als sie sah,
wie Ariella herbeieilte. »Wo ist er?«, rief Elysse.
Ariella
runzelte die Stirn. »Er ist nicht hier. Du siehst schrecklich aus, Elysse. Hast
du wieder nicht schlafen können?«
»Ich leide
unter dieser Ehe.« Nie zuvor hatte sie etwas ernster gemeint.
Ariella
erbleichte. »Das weiß ich. Ich bin so wütend auf ihn! Keine Sorge – nachdem du
gegangen warst, habe ich ihm deutlich meine Meinung gesagt.«
Elysse
hielt den Kopf hoch erhoben. Alexi hatte sie praktisch aus dem Haus geschleift,
gefolgt von einem Angestellten, der sie nach Hause bringen sollte. Sie hatte
sich gefühlt wie ein Spielball, der achtlos beiseitegetreten wurde. Natürlich
hatte es jeder bemerkt. Ihre Frisur war ruiniert, und sie war so aufgewühlt
gewesen, dass sie vermutlich völlig fassungslos gewirkt hatte. Alexi war unübersehbar
zornig gewesen. Die Menge war verstummt, als sie gingen, und sie hatte bemerkt,
dass Janssen sie beobachtete. Als er ihr in die Kutsche geholfen hatte, hatte
er noch die Kühnheit besessen, ihr einen schönen Abend zu wünschen. Um alles
noch schlimmer zu machen, hatte Elysse gesehen, wie Jane Goodman, die hübsche
Dame, die sich an Alexis Hals geworfen hatte, am Fenster stand und ihnen zusah.
Elysse war
überzeugt, dass die Klatschbasen einen guten Tag haben würden.
Sie wusste
nicht, was sie tun sollte – sich die Haare raufen, etwas an die Wand werfen
oder ihm nachlaufen und den Hals umdrehen? Sie fühlte, wie ihr die Tränen
kamen. Wie konnte er sie immer wieder so verletzen? Sie holte tief Luft und
sagte so ruhig sie konnte: »Hat er sich mit diesem Flittchen eingelassen, mit
Jane Goodman?«
Ariella
nahm sie am Arm und führte sie in den Frühstücksraum, wo auf der Anrichte
abgedeckte Schalen und Teller standen. »Ich weiß nicht. Hast du etwas
gegessen?«
»Ich bin
nicht hungrig. Bitte, du musst meine Gefühle nicht schonen. Es kümmert
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