Brenda Joyce
gefühlt hatte. Julia war ebenfalls
ausgesprochen zufrieden mit ihr. Als sie Francesca zum ersten Mal in dem
zinnoberroten Ballkleid gesehen hatte, mit einer schmalen Kette um den Hals,
an dem ein mit Perlen und Diamanten besetzter Anhänger hing, das Haar modisch
weich aufgesteckt, da hatte sie ihre Tochter angesehen, als stünde eine Fremde
vor ihr, und ungläubig geflüstert: »Francesca? Bist du das?«
Ausnahmsweise genoss es
Francesca einmal, die Anerkennung ihrer Mutter zu haben. Es war ein
eigenartiges Gefühl. Sie kamen einige Minuten zu spät, und während sie jetzt
Sarah, ihre Mutter und Bartolla begrüßten, sah Francesca aus dem Augenwinkel,
dass der Ballsaal bereits gut gefüllt war. Nicht weit von der Stelle entfernt,
wo sie standen, erblickte sie Connie und Montrose im Kreis einiger Freunde.
Connie lächelte und plauderte, aber Neil machte einen steifen und unzufriedenen
Eindruck.
Francesca bekam sogleich ein
schlechtes Gewissen. Sie hatte völlig vergessen, dass sie bei ihm hatte
vorbeischauen wollen. Ganz offenbar waren Connies und seine Probleme noch nicht
gelöst, und Francesca beschloss, dafür sorgen zu wollen, dass sich die beiden
wieder versöhnten.
»Du meine Güte, Francesca, das
ist ja ein wirklich atemberaubendes Kleid!«, sagte Bartolla.
Sie musterte Francesca von Kopf
bis Fuß, und ihre Miene ließ darauf schließen, dass es ihr gar nicht gefiel,
ihre neue Freundin in einer solchen Aufmachung zu sehen.
»Vielen
Dank«, erwiderte Francesca lächelnd.
»Sie müssen mir unbedingt den
Namen Ihrer Näherin geben«, fuhr Bartolla fort, und schon tauchte wieder
dieses ansteckende Lächeln auf ihrem Gesicht auf. Sie trug an diesem Abend ein
gewagtes, goldfarbenes Kleid aus Satin und Spitze, das mit mehr Diamanten
besetzt war, als Julia angelegt hatte. Gold war nicht gerade die
vorteilhafteste Farbe für Bartolla, aber sie sah trotzdem wunderschön aus, und
viele Köpfe drehten sich nach ihr um.
Francesca erwischte einen Mann
dabei, wie er neugierig zu Bartolla herüberstarrte, doch plötzlich kam es ihr
beinahe so vor, als starre er sie selbst an.
Aber da
musste sie sich wohl getäuscht haben.
»Ist das etwa meine
Schwägerin?«, ertönte plötzlich Montroses Stimme in ihrem Ohr.
Francesca
fuhr vor Schreck zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Neil hinter sie
getreten war. Connie stand immer noch bei ihren Freunden, schaute aber in
diesem Moment zu Francesca herüber und winkte. Francesca sah, dass das Gesicht
ihrer Schwester ebenfalls einen ungläubigen Ausdruck trug.
»Guten Abend, Neil«, sagte sie, ergriff spontan seine Hände und küsste ihn auf
die Wange.
Er wich überrascht zurück. Aber
wer konnte es ihm verdenken? Seit Jahren hatte sie sich in seiner Gegenwart
immer nur in ein stotterndes, stammelndes Etwas verwandelt, und erst wenige
Wochen zuvor hatte sie ihn und seine Geliebte in flagranti erwischt. »Sollte
das wirklich meine Schwägerin Francesca sein?«, fragte er und lächelte amüsiert.
»Ich bin immer noch ganz die
Alte. Lass dich bloß nicht von diesem Kleid täuschen. Wie geht es dir, Neil?«
Bei dieser
Frage wich der amüsierte Ausdruck aus seinem Gesicht. »Ausgezeichnet. Danke der
Nachfrage«, erwiderte er.
Sie hakte sich bei ihm unter,
und sie spazierten gemeinsam durch den Raum. Kellner in weißen Jacken
servierten mit Champagner oder Punsch gefüllte Gläser, andere reichten Platten
mit Horsd'oeuvres herum. Das Abendessen war für zwanzig Uhr vorgesehen und
sollte im angrenzenden Raum serviert werden, wo fünfzig Tische mit weißen
Decken, Blumen, Tafelsilber und Gläsern darauf auf die Gäste warteten. Einige
Männer riefen Neil Begrüßungsworte zu, als sie vorübergingen, und Francesca
wurde sich der Blicke bewusst, die auf sie gerichtet waren. »Du machst aber
nicht den Eindruck, als ginge es dir gut«, erklärte sie rundheraus. »Neil,
sag, starren die Leute mich etwa an?«, fuhr sie dann fort.
Sie blieben stehen, und er
schenkte ihr ein Lächeln. »Natürlich starren sie dich an. Du bist heute Abend
die schönste Frau in diesem Raum, Francesca.«
Francesca bemerkte den
bewundernden Blick, mit dem auch ihr Schwager sie musterte, und in diesem
Augenblick wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich verändert hatte. Vor gar nicht
allzu langer Zeit noch war sie hoffnungslos vernarrt in Neil gewesen.
Tatsächlich war sie seit ihrer ersten Begegnung – die nur Minuten nach seinem
ersten Zusammentreffen mit Connie stattgefunden hatte – in ihn
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