Brenda Joyce
lösen?«
»Wir könnten es versuchen«,
sagte Bartolla und schenkte Francesca ein verschwörerisches Grinsen. »Es wäre
die Sache wert, nicht wahr?«
Francesca zögerte keine
Sekunde. »Ja, das wäre es«, antwortete sie.
Sarah blickte mit großen Augen
von ihrer Cousine zu ihrer zukünftigen Schwägerin und sagte schließlich: »Ich
wäre wirklich froh, wenn ich nicht heiraten müsste.«
Dieses Mal gab es keine Unterbrechung durch Lincoln Stuart.
Lydia war zunächst überrascht gewesen, hatte ihre Besucherinnen dann aber gern
empfangen und innerhalb kürzester Zeit Tee und Frühstückskuchen auftragen
lassen. Die Unterhaltung kreiste um Bartollas Erlebnisse seit ihrer Ankunft
und um den Ball, der abends bei den Channings stattfinden sollte. Sarah und
ihre Cousine luden Lydia und ihren Mann ein, ebenfalls zu kommen, was
Lydia dankend ablehnte. Doch Francesca hatte ihre glänzenden Augen gesehen und
wusste, dass sie sehr gern an dem Ball teilgenommen hätte.
Als sich Lydia für einen
Augenblick entschuldigte und das Zimmer verließ, um dem Dienstmädchen
aufzutragen, mehr Zitrone für den Tee zu bringen, stand Francesca auf und
folgte ihr in den Flur. »Lydia?«
Lydia
drehte sich überrascht um. »Ja?«
»Können wir uns vielleicht
einen Moment lang unter vier Augen unterhalten?«
Plötzlich
veränderte sich Lydias Gesichtsausdruck. Sie hatte sich den ganzen Morgen über
amüsiert, doch nun blitzte Angst in ihren Augen auf. »Francesca, ich bin Ihnen
wirklich sehr dankbar für alles, was Sie für mich getan haben, aber ich bin zu
dem Schluss gekommen, dass Sie Recht haben«, sagte sie mit gesenkter Stimme.
»Lincoln hat keine Affäre mit Rebecca Hopper. Sein Verhalten in der letzten
Zeit muss andere Gründe haben. Ich benötige Ihre Dienste nicht mehr. Lassen
Sie mich doch wissen, was ich Ihnen schuldig bin.«
Offenbar
wollte Lydia tatsächlich nicht, dass Francesca weiter für sie ermittelte, doch
Francesca hatte ein ungutes Gefühl dabei. »Hat Ihnen das Buch gefallen, das
Ihnen Ihr Mann geschenkt hat?«, hörte sie sich fragen.
Lydia fuhr zusammen. »Ich hatte
noch keine Zeit, es zu lesen«, antwortete sie.
»Sammeln
Sie Gedichte?«
Die Frage
schien Lydia zu verblüffen. »Nein. Im Grunde mag ich Gedichte überhaupt nicht.
Mein Mann ist ein eifriger Leser, er liest Werke sämtlicher literarischer
Gattungen, und es ist sein Wunsch, dass ich seinem Beispiel folge.«
Francesca starrte sie an.
Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf. »Als Sie in Philadelphia gelebt
haben, haben Sie da vielleicht die Bekanntschaft einer jungen Frau namens
Lizzie O'Brien gemacht? Sie war eine Arbeiterin – eine Näherin, soweit ich
weiß.«
Lydias Verwirrung nahm offenbar
zu. Vor Aufregung hatte sie einen roten Kopf bekommen. »Was für eine seltsame
Frage«, sagte sie. »Ich habe keine Ahnung. Lassen Sie mich einmal nachdenken.
Nein, die Näherin, die dort für mich gearbeitet hat, hieß Matilde Lacroix«,
sagte sie.
Nun, einen Versuch ist es wert
gewesen, dachte Francesca. »Waren Sie bei Mary O'Shaunessys Beerdigung?«,
fragte sie unvermittelt.
Lydia blinzelte kaum merklich.
»Wie bitte?«, fragte sie entgeistert. Francesca bemerkte, dass Lydias Wangen
mittlerweile hochrot waren. Sie war sich sicher, dass ihre Klientin etwas
verbarg.
»Haben Sie von den Kreuzmorden
gehört?«, fragte Francesca mit leiser Stimme.
Lydia
erstarrte. »Was soll das?«, fragte sie.
»Ich arbeite gemeinsam mit
Commissioner Bragg an der Aufklärung der Fälle«, erwiderte Francesca.
»Und was
hat das mit mir zu tun?«, rief Lydia.
»Ihre Kutsche stand vor der
Kirche, als dort der Trauergottesdienst für eines der Opfer stattfand. Mary
O'Shaunessy wurde Montagnachmittag beerdigt, und der Gottesdienst fand am
selben Tag um zwölf Uhr in der St. Mary's Chapel statt. Ich habe eine Frau von
Ihrer Statur in einem marineblauen Mantel dabei beobachtet, wie sie den
Gottesdienst verließ. Sie ist in Ihre Kutsche gestiegen.«
Lydia musterte sie mit einem
kühlen Blick. »Das war ich nicht.«
Francesca war davon überzeugt,
dass sie log. »Sind Sie sich da auch ganz sicher?«
Lydias
Lächeln glich einer Grimasse. »Ich bin mir sehr sicher, dass ich nicht dort
gewesen bin, und was meine Kutsche angeht, so müssen Sie sich geirrt haben.
Lincoln war an jenem Tag damit unterwegs. Wir besitzen nur diese eine Kutsche,
und am Montag hat er sie mit zum Laden genommen.«
»Ich
verstehe«, murmelte Francesca. Vielleicht sagte Lydia ja
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