Brenda Joyce
gern einkehrten.
Doug hatte
allerdings nicht gewusst, ob Kathleen vor ihrem Tod den Kontakt zu ihrem Mann
aufrechterhalten hatte. »Sollen wir hineingehen?«, fragte Francesca und
versuchte sich einzureden, dass sie nicht im Geringsten ängstlich war. »Ich
werde reingehen und ihn mit rausbringen«, erwiderte Joel.
So hatten sie vergleichbare
Situationen bereits zuvor gehandhabt, als sie es mit anderen anrüchigen und
potenziell gefährlichen Etablissements zu tun gehabt hatten. Francesca nickte,
und als Joel die Schenke betrat, ließ sie ihre Hand instinktiv in die
Manteltasche gleiten, wo sich ihre Pistole befand.
Als sie den zierlichen Griff
umfasste, fühlt sie sich sogleich besser – wenn auch nur ein wenig.
Sie sah,
dass der Reiter, der zuvor beinahe mit den beiden Matrosen zusammengestoßen
wäre, das Ende der Straße erreicht hatte. Nach seinem Aussehen zu urteilen,
war er eindeutig kein Gentleman, obgleich er ein recht gutes Pferd ritt.
Plötzlich wendete der Mann seinen Braunen und kam direkt auf Francesca zu.
Vor Schreck stockte ihr der
Atem. Ob der Reiter wohl mit ihr sprechen wollte? Aber warum, um Himmels
willen?
Als das Pferd auf gleicher Höhe
mit Francesca war, scheute es ein wenig, und sie riss vor Schreck die Augen
auf.
Der Reiter grinste sie an, doch
dann fiel sein Pferd in einen Kanter, und er ritt an ihr vorbei.
Francesca atmete erleichtert
auf. Einen Augenblick lang hatte sie schon geglaubt, der Mann würde sie
ansprechen.
Um möglichst wenig
Aufmerksamkeit zu erregen, drängte sich Francesca ein wenig dichter an das
Gebäude, in dem Joel verschwunden war. Im selben Moment bog ein Mann um die
Ecke und kam auf sie zu.
Seine massige Gestalt kam ihr
irgendwie bekannt vor, doch sie schob es auf ihre Nervosität. Francesca starrte
auf den Boden. Wenn Joel doch nur endlich wieder aus der Schenke herauskommen
würde!
»Nun sieh mal einer an! Wer
hätte gedacht, dass ich Sie hier treffe, Miss Cahill.«
Francesca
zuckte zusammen. Sie hatte die Stimme des Mannes sofort erkannt. Niemals würde
sie vergessen, wie er sie einmal angepöbelt und gegen ihren Willen brutal
geküsst hatte. Sie blickte auf und schaute geradewegs in Gordinos Augen. Furcht
ergriff sie.
Er grinste
anzüglich. »So ganz allein unterwegs? Aber ja, das muss wohl so sein – der
Polyp, auf den Sie so versessen sind, würde Sie doch nie allein auf der Straße
stehen lassen.«
»Guten Tag,
Mr Gordino«, hörte sie sich sagen. »Wie geht es Ihnen?«
Er gab ein
dreckiges Lachen von sich. »Auf einmal Mr Gordino, wie? Sonst bezeichnen Sie
mich doch gerne als Gauner und Dieb und Mörder, Miss Rühr-mich-nich-an.«
Francesca
begriff, dass sie dem Mann nicht ausweichen konnte. »Es tut mir sehr
Leid. Das war ein Missverständnis«, flüsterte sie. »Wir haben Sie für den
Entführer des Burton-Jungen gehalten.«
Er kam mit
seinem Gesicht so dicht an das ihre heran, dass sie seinen faulen Atem riechen
und jede einzelne Pockennarbe auf seiner Haut erkennen konnte. »Wegen Ihnen
und Ihrem Liebhaber hab ich viel zu viele Nächte im Stadtgefängnis schmoren
dürfen. Wir ham noch 'ne Rechnung offen, Miss Cahill.« Seine Augen blickten
düster und gefährlich drein.
»Es tut mir wirklich Leid«,
wiederholte sie kläglich. »Das Leben eines kleinen Jungen war in Gefahr ...«
Er schnitt
ihr das Wort ab. »Und mit Bragg hab ich auch noch 'ne Rechnung offen, 'ne
mächtig große Rechnung. Aber den krieg ich schon noch. 0 ja! Der wird's noch
bedauern, dass er sich mit mir angelegt hat!« Gordino grinste gehässig, fuhr
herum und rempelte Francesca dabei derart brutal an, dass sie gegen die Wand
geschleudert wurde.
Sie
unterdrückte einen Schrei und blieb atemlos vor Angst wie angewurzelt stehen,
bis sie sah, dass Gordino in eine andere Schenke verschwunden war. Und selbst
dann wollte sich keine Erleichterung bei ihr einstellen.
Du liebe
Güte! Da hatte sie sich während der Aufklärung der Burton-Entführung ganz
offenbar einen Feind gemacht. Francesca konnte es kaum glauben, immerhin hatte
sie noch niemals zuvor einen Menschen zum Feind gehabt – und schon gar nicht
einen so gefährlichen Schurken wie Gordino. »Miss?«
Francesca fiel ein Stein vom
Herzen, als sie Joels Stimme erkannte, und sie drehte sich rasch um. Sie fuhr
vor Schreck zusammen, als sie sich einem Mann
von ungefähr dreißig Jahren gegenübersah, dessen strohblondes Haar von der
Sonne und der See gebleicht war und dessen gebräunte Haut wettergegerbt und
rau
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