Brenda Joyce
wirkte. »Mr O'Donnell?«
»Der bin
ich«, erwiderte er. Francesca hatte nicht den Eindruck, dass er betrunken war,
obwohl er bereits vormittags eine Schenke besucht hatte.
»Das mit
Ihrer Frau tut mir sehr Leid«, sagte sie und beobachtete die Reaktion des
Mannes genau.
Er
verschränkte die Arme vor der Brust. »Ach ja? Und warum?«, fragte er
herausfordernd, wobei ein bitterer Unterton in seiner Stimme mitschwang.
»Warum?
Weil sie ein solches Schicksal nicht verdient hatte, und weil sie ein kleines
Mädchen hinterlässt.« Francesca wusste, dass das Kind in ein Waisenhaus
gebracht worden war. Der Mord an Kathleen, so hatte Francesca erfahren, war
bereits am 10. Januar geschehen.
Damals hatte sie Bragg noch
nicht gekannt; sie waren sich erst am 18. Januar begegnet.
Mike O'Donnell zuckte mit den
Schultern. »War eben Pech, was will man machen?«
Francesca atmete tief durch.
»Dürfen wir Ihnen einige Fragen stellen?«
»Warum?«
Sie hätte ihm am liebsten
geantwortet: »Weil Ihre Schwester und Ihre Frau auf genau die gleiche Art und
Weise ermordet wurden!« Doch stattdessen sagte sie: »Maggie Kennedy ist eine
gute Freundin von mir.«
Mike zeigte bei der Nennung des
Namens keine Reaktion. »Sie stand Ihrer Schwester sehr nahe, Mr O'Donnell.«
»Ach ja? Und was geht mich das
an?« Er zuckte erneut mit den Schultern, wandte sich um und schien in die
Schenke zurückkehren zu wollen.
»Aber Ihre Schwester und Ihre
Frau sind tot – beide innerhalb eines Monats ermordet! Ich muss Ihnen einige
Fragen stellen!«, rief Francesca und eilte ihm nach.
»Nur wenn
Sie mir was zu trinken ausgeben. Ich hab eine Stunde Zeit, dann muss ich wieder
zurück an die Arbeit«, erwiderte er, ohne sich auch nur zu ihr umzudrehen.
Francesca
stutzte und blickte Joel an, der sich nicht sicher zu sein schien, was er von
der Angelegenheit halten sollte. »Keine Sorge«, sagte sie. »Es wird schon gehen.«
Sie tätschelte seine Schulter und eilte O'Donnell nach. Joel heftete sich an
ihre Fersen.
Die Schenke war primitiv
eingerichtet. Auf einer Seite des großen Raums befand sich eine grob
zusammengezimmerte Theke, neben der eine Treppe in die erste Etage führte. Von
oben war das Lachen einer Frau zu hören. Die fünf rechteckigen, wackeligen
Tische waren alle besetzt. Hinter der Bar stand ein riesiger Kerl, der trotz
seines Alters – er musste in den Fünfzigern sein – mit Sicherheit keine
Probleme damit hatte, unerwünschte Gäste vor die Tür zu setzen.
O'Donnell stand bereits an der
Bar. Francesca ging auf ihn zu und stellte sich neben ihn. Der grauhaarige Mann
hinter der Bar starrte sie an, aber es lag keine wirkliche Neugierde in seinem
Blick. »Die Dame hier zahlt«, sagte O'Donnell.
Der Mann
stellte zwei Gläser vor ihnen ab und füllte sie mit einer Flüssigkeit, bei der
es sich augenscheinlich um Whiskey handelte.
O'Donnell
hob sein Glas, bedachte Francesca mit einem säuerlichen Lächeln und stürzte
den Whiskey hinunter. Der Barkeeper füllte sein Glas sofort nach.
»Wann haben
Sie Ihre Frau zum letzten Mal gesehen, Mr O'Donnell?«, erkundigte sich
Francesca und zog einen Notizblock und einen Bleistift aus ihrer Handtasche.
Er beäugte
ihr Handwerkszeug und sagte: »Keine Ahnung. Vor 'nem Jahr. Vielleicht auch
zwei.« Wieder zuckte er mit den Schultern. »Warum? Glauben Sie etwa, ich hätte
was mit ihrem Tod zu tun?«
Sie
blinzelte überrascht. »Das habe ich nie behauptet.«
Er grinste und nahm einen
großen Schluck von seinem zweien Glas.
»Sie haben Ihre Tochter also
nicht regelmäßig besucht?« Francesca hatte sich bereits notiert, dass beide
Mordopfer Töchter hinterlassen hatten, keine Söhne.
»Nee.«
O'Donnell sah sie über den Rand seines Glases hinweg an. »Kathleen wollte
nichts davon wissen. Hat behauptet, ich hätte 'nen schlechten Einfluss auf die
Kleine.« Francesca fragte sich, ob er sich überhaupt etwas aus seiner Frau
gemacht hatte, aber er schien völlig ungerührt zu sein. »Wann haben Sie Ihre
Tochter zum letzten Mal gesehen? Ich glaube, ihr Name ist Margaret?«
»Keine
Ahnung.« Er trank das Glas aus.
»Versuchen
Sie sich doch bitte zu erinnern.«
»Das ist
schon verdammt lange her!«, platzte er heraus. »Irgendwann im Winter. Kurz vor
Weihnachten – oder war es Thanksgiving? Letztes Jahr oder vorletztes, ich weiß
es wirklich nich mehr!«, fügte er wütend hinzu. Er schob dem Barkeeper sein
Glas hinüber, der es auch prompt wieder füllte.
Francesca
sagte: »Es liegt nicht in
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