Brenda Joyce
also wieder "Hart". Ihnen ist zweifellos
bewusst, dass Sie, warm immer Sie meinetwegen wütend oder verärgert sind – oder
nervös –, "Calder" vergessen und stattdessen mit "Hart"
sprechen.«
»Ich bin ein wenig außer mir«, gestand sie. Und ohne seinem Blick
auszuweichen, fügte sie hinzu: »Mehr als nur ein wenig.«
»Sie wirkten bereits vor einer Stunde außerordentlich aufgebracht«,
bemerkte er mit forschendem Blick.
»Was geschah, nachdem Sie gegangen waren? Hat Lucy ...« Sie
stockte. »Was hat sie gesagt?«
Er fasste ihre linke Hand. »Sie hat mir
alles erzählt«, sagte er leise, während sich Francesca anspannte. Dann
drehte er sie zu sich herum. »Sie wirken so besorgt, Francesca.«
Sie starrte ihn an. Da er halb auf dem Schreibtisch saß, sie hingegen
stand, befanden sich ihre Augen beinahe auf gleicher Höhe. »Worüber lächeln
Sie? Was hat sie Ihnen erzählt? Und wie ging es dann weiter?«, drängte sie.
»Wenn ich daran denke, dass ich am vergangenen Abend noch
überzeugt war, Ihre Sorgen gälten Rick ...« Er war sichtlich erfreut über die
neue Entwicklung.
»Seien Sie nicht so kaltschnäuzig!« Sie versuchte vergebens, seine
Hand abzuschütteln, bis er sie schließlich losließ. Francesca straffte sich.
»Hat sie Sie gebeten ...« Sie stockte.
Ihr Blick glitt an seiner linken Schulter vorbei zu seinem Schreibtisch.
Dort lag, inmitten von Akten und Papieren, schwarz schimmernd eine Pistole. » Was
ist das?«
Er stand auf, blickte sich um und ging dann ohne erkennbare Eile
um den Tisch herum, um die Pistole in einer Schublade zu verstauen. Francesca
beobachtete, wie er die Lade abschloss. Dann blickte er auf.
Seine Augen waren dunkler und grimmiger, als Francesca sie je
zuvor gesehen hatte. Nachdem sie eine Weile lang wie erstarrt dagestanden
hatte, erwachte sie wieder zum Leben, lief zu ihm und packte ihn mit der
gesunden Hand am Hemd, während sie ihm die verbundene Rechte auf die Brust
legte. »Bitte. Bitte tun Sie das nicht!«
Er strich ihr über den Rücken. »Beruhigen Sie sich. Die Welt wird
nicht untergehen – noch nicht.«
»Wie könnte ich mich beruhigen?«, stieß sie hervor. Trotz ihrer
entsetzlichen Angst entging ihr nicht, wie zärtlich und liebevoll seine
Berührung war. »Warum lag diese Waffe auf Ihrem Schreibtisch?«
»Francesca, im Unterschied zu Ihnen bin ich ein außerordentlich
besonnener Mensch. Ich handele niemals impulsiv. Ich habe mir gerade
verschiedene Möglichkeiten durch den Kopf gehen lassen«, erklärte er –
scheinbar seelenruhig, doch ohne eine Spur seiner üblichen spöttisch
belustigten Art. »Lucy wird erpresst«, fuhr er sachlich fort. »Dieser Craddock
hat kürzlich gedroht, ihren Kindern etwas anzutun. Und Sie und ich sind die
Einzigen, die davon wissen.« Nach kurzem Schweigen setzte er hinzu: »Gleich
morgen früh werden sie und die Kinder hier bei mir einziehen, wo sie in
Sicherheit sind.«
»Sie sind so ruhig«, bemerkte Francesca steif. »Woher nehmen Sie
diese Gelassenheit?«
»Gelassenheit? Eine Frau, die ich als meine Schwester betrachte,
macht gerade etwas Furchtbares durch. Meine Gelassenheit ist nichts als äußerer
Schein.«
Das beruhigte Francesca wenig. Obwohl er sich
äußerlich nichts anmerken ließ, spürte sie plötzlich, dass in ihm ein gewaltiger,
wenn auch sorgfältig unterdrückter Zorn brodelte. »Diese Angelegenheit ist
außer Kontrolle geraten«, flüsterte sie. »Ich hatte Lucy bereits am Samstag
gebeten, zu Bragg zu gehen.«
»Ich bin nicht überzeugt, dass es besonders klug wäre, die Sache
der Polizei vorzutragen«, erwiderte er. »Nicht dass ich Rick besonders gut
leiden könnte, aber selbst mir täte er Leid, wenn er in die Lage geriete,
seinen eigenen Schwager verhaften zu müssen.«
Francesca fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Und wie lautet
nun Ihre Antwort?«
»Craddock aus dem Weg zu schaffen wäre durchaus hilfreich«,
erwiderte Hart ebenso unerschütterlich wie zuvor.
»Ich wusste es!«, rief Francesca aus und
ballte die Fäuste. War sie schon jemals so wütend gewesen? »Sie hat es tatsächlich
gewagt, Sie zu bitten, Craddock zu beseitigen, nicht wahr? Ihrem Mann gegenüber
hat sie kein Wort verlauten lassen – Gott bewahre, er soll doch nicht
derjenige sein, der einen Mord begeht –, aber sie, sich an Sie zu wenden zögert
sie nicht!«
»Ja, sie hat mich gebeten, Craddock zu beseitigen.« Er blickte sie
unverwandt an.
»Wie konnte sie nur!«
»Ganz einfach. Wir sind
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