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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deadly 04 - Gefahren der Liebe
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einem
überfüllten Gerichtssaal stehen, während ein Richter das Urteil über ihn
verkündete: schuldig.
    »Kopf hoch«, murmelte er und beugte sich zu ihr, um ihr einen Kuss
auf die Wange zu geben.
    Sie erschrak. Was tat er da? Bisher hatte er ihr höchstens die
Hand geküsst.
    Und tatsächlich, im letzten Augenblick überlegte er es sich anders,
lächelte ein wenig selbstironisch und machte auf dem Absatz kehrt. Lucy warf
Francesca noch einen warnenden Blick zu und folgte ihm dann hastig hinaus.

SONNTAG,
16. FEBRUAR 1902 – MITTERNACHT
    Die furchtbare Kälte hielt an. Während Francesca die Auffahrt
hinunter zur Fifth Avenue schritt, zog sie ihren pelzgefütterten Mantel fest um
sich. Sie zitterte entsetzlich.
    Zu Bett zu gehen kam nicht infrage – sie hätte ohnehin keinen
Schlaf gefunden. Inzwischen hatte Lucy gewiss bereits ihre unsägliche Bitte an
Hart gerichtet, und Francesca zweifelte nicht daran, dass er eingewilligt
hatte, seiner Stiefschwester zu helfen. Als er zu ihr gesagt hatte, für einen
geliebten Menschen würde er einen Mord begehen, hatte sie ihm geglaubt, denn er
meinte es offenkundig ernst. Nun musste sie verhindern, dass er Craddock
umbrachte.
    Sie hielt nach einer Droschke Ausschau, doch
zu dieser späten – beziehungsweise frühen – Stunde war die Straße leer bis auf
zwei Privatkutschen. Francesca begann zu bibbern und zu zittern. Sie würde
gewiss keine Mietdroschke auftreiben, denn zu allem Übel war es Sonntagnacht,
was bedeutete, dass die meisten Bewohner dieser Gegend den Abend zu Hause verbracht
hatten. Also würde sie wohl oder übel zu Fuß gehen müssen.
    Es war nur zehn Straßenblocks weit, doch diese zehn zählten zu den
kältesten ihres Lebens. Ein böiger Nordwind machte die Sache nicht besser. Als
Francesca schließlich vor der Eingangstür von Harts Villa an der Fifth Avenue Nummer
973 stehen blieb, war ihr elend zumute, und ihre Finger und Zehen waren ganz
taub vor Kälte.
    Sie schätzte, dass es inzwischen halb eins sein musste, sodass
sicher bereits der gesamte Haushalt bis auf einen Bediensteten schlief. Als sie
anklopfte, öffnete Alfred prompt die Tür. »Miss Cahill«, begrüßte er sie,
ebenso überrascht, sie zu sehen, wie umgekehrt.
    Francesca trat hastig ein. »Sie sind aber noch spät auf den Beinen,
Alfred.«
    »Dasselbe wollte ich gerade über Sie sagen.« Alfred schien sie zu mögen.
Er hatte einmal – als sie eines Nachmittags Hart entsetzlich betrunken
angetroffen hatte – auf ihre Anweisung hin sämtliche Alkoholvorräte seines
Dienstherrn eingeschlossen. Offenbar hatte das die beabsichtigte Wirkung
gehabt, jedenfalls war Alfred daraufhin nicht gekündigt worden. »Guter Gott,
Sie sind ja ganz blau gefroren. Lassen Sie mich das nehmen«, sagte er und
machte Anstalten, ihr aus dem Mantel zu helfen.
Wenn er schockiert darüber war, dass sie mitten in der Nacht bei Hart
aufkreuzte, so ließ er sich jedenfalls nichts anmerken.
    »Ich behalte ihn lieber an.« Sie zog den
Mantel fester um sich. »Dies ist ein Notfall, Alfred. Ich muss mit Calder sprechen.
Wenn er schon schläft, muss ich Sie bitten, ihn zu wecken.«
    Alfred lächelte. »Mr Hart geht nie vor ein Uhr zu Bett, manchmal
auch erst um zwei. Er sitzt in der Bibliothek und arbeitet an seinen Papieren,
Miss Cahill.«
    Francesca erkannte überrascht, wie wenig sie über Hart wusste.
Zugleich war sie erleichtert, dass er auf solch harmlose Weise beschäftigt war.
»Er widmet sich seinen Geschäften wohl mit großer Leidenschaft?«
    »So scheint es mir. Jedenfalls ist ständig die eine oder andere
höchst wichtige Verhandlung im Gange«, berichtete Alfred, während er Francesca
durch die Halle geleitete. »Heute früh um sieben hat er eine Besprechung beim
Frühstück im Union Club«, fügte er hinzu.
    Francesca vermied es, im Vorbeigehen einen Blick auf das schöne
junge Mädchen mit der Taube zu werfen. »Ist sonst noch jemand im Hause wach?«,
erkundigte sie sich.
    »Nein, alle anderen haben sich bereits vor einiger Zeit zurückgezogen.«
Alfred schien noch etwas hinzufügen zu wollen, hielt sich dann jedoch zurück.
    Die beiden bogen in einen Korridor ein, an dessen Wänden
zahlreiche Kunstwerke hingen. Francesca sah einen Wandteppich, der sehr alt zu
sein schien, womöglich noch aus der Zeit der normannischen Eroberung, außerdem
ein Gemälde von Rembrandt, eines von Sargent und ein weiteres, abstraktes, das
nur aus kindischen Linien zu bestehen schien. Darüber hing ein Tizian. Hart
verfügte

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