Brenda Joyce
Stimme. »Du hast das angerichtet. Du hast ihn
aus dem Haus gejagt – aus unserem Haus – meinem Haus! Das dulde ich nicht!«
Die letzten Worte schrie sie wieder hinaus.
»Er kann nicht so mir nichts, dir nichts
seine Verlobung auflösen und aus der Firma austreten. Eine derartige
Respektlosigkeit darf ich ihm nicht durchgehen lassen!«, entgegnete Andrew
unwirsch, wenn auch in gedämpfter Lautstärke. »Wir waren uns einig, was diese
Verlobung betraf, Julia. Du warst sogar glücklich darüber, dass unser
unbotmäßiger Sohn endlich ein Mann wird!« Nun wurde er laut.
»Ich hätte nicht zustimmen sollen. Ich habe dir gesagt, dass sie
nicht die Richtige für ihn ist. Aber nein, du hast ja darauf bestanden, und
ich war so dumm, mich deinem Willen zu fügen! Ich werde nicht zulassen, dass
Evan auszieht! Er ist mein Sohn – unser Sohn. Wie konntest du das nur tun? Wie?«
Francesca starrte fassungslos ihre Mutter an,
die den Tränen nahe war. Julia Cahill weinte nie. Francesca war mit der Vorstellung
groß geworden, ihre Mutter besäße keine Tränendrüsen. »Evan hat mir keine
andere Wahl gelassen!«, rief Andrew aus. »Er ist in mein Arbeitszimmer spaziert
und hat angefangen, mir zu drohen. Er hat mir tatsächlich gedroht, Julia! Ich
weiß, dass du dir selbst vorgaukelst, er täte niemals etwas Falsches, aber in
Wahrheit ist Evan völlig aus dem Ruder gelaufen. Er ist zügellos! Ich habe nie
zuvor einen derart verantwortungslosen jungen Mann gesehen! Verantwortungslos
und lasterhaft!«
»Wage es nicht, ihn lasterhaft zu nennen! Und
wenn er dir gedroht hat« – sie zögerte –, »dann hat er es gewiss nicht so gemeint!«
Wieder erhob sie die Stimme. »Du hast ihn noch nie gemocht!«, schrie sie
völlig außer sich. »Du vergötterst Francesca – sie kann sogar einen Mörder mit
einer Bratpfanne zur Strecke bringen, und du siehst es ihr nach! Die Zeitungen
schreiben über sie, und du bist auch noch stolz! Und Connie ist ebenfalls dein
Liebling – aber sie stellt ja auch Gott sei Dank nie etwas an. Evan hingegen
... als er ein Kind war, genügten dir seine Schulnoten nicht, seine Freunde
waren nicht gut genug, er konnte beim Football nicht weit genug werfen, und nun
arbeitet er nicht fleißig genug oder nicht lange genug ... mein Sohn ist immer
der Versager!«
»Weil er nun einmal ständig Fehler macht. Weil er keinen Ehrgeiz
besitzt. Guter Gott, wie kannst du ihn jetzt noch verteidigen? Evan hat zwei
Interessen, Punkt. Zwei Laster! Billige Frauen und das Glücksspiel. Sein
Betragen ist schlicht inakzeptabel«, brüllte Andrew zurück. »Und nach meinen
Maßstäben war es das schon immer.«
Francesca hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu. »Hört auf!
Bitte, hört auf, alle beide!«
Ihre Eltern schienen sie gar nicht zu bemerken. Julia zeigte mit
dem Finger auf ihren Mann. »Ich warne dich, Andrew, wenn er dieses Haus
verlässt, dann ziehe ich ebenfalls aus.«
»Mama!«, stieß Francesca
entsetzt hervor und lief auf sie zu.
Andrew erbleichte vor Schreck.
Dann kehrte er seiner Frau ohne ein weiteres Wort den Rücken und wandte sich
dem Fenster zu, dessen Vorhänge jedoch zugezogen waren.
Francesca fasste Julias Hand. Dabei bemerkte sie, dass ihrer
Mutter tatsächlich die Tränen in den Augen standen. »Mama, komm mit, lass uns
draußen miteinander sprechen«, bat sie. Gleichzeitig wäre sie am liebsten zu
ihrem Vater gelaufen, hätte ihn umarmt und ihm versichert, alles werde gut
werden.
Julia nickte, warf noch einen zornigen Blick
auf Andrews steifen Rücken und trat mit ihrer Tochter in die Halle hinaus. Dort
ließ sie sich erschöpft auf ein Plüschsofa sinken. »Wie konnte er das tun? Wie
konnte Andrew zulassen, dass Evan uns verlässt?« Sie schlug die Hände vors
Gesicht, und ihre schmalen Schultern bebten.
Für einen Moment war Francesca wie erstarrt –
sie konnte es nicht fassen, ihre Mutter derart aufgelöst zu erleben. Dann legte
sie den Arm um Julia und zog sie an sich. Die beiden Frauen waren genau gleich
groß, und Mrs Cahill wog nur ein paar Pfund mehr als ihre Tochter. »Mama«,
sagte Francesca eindringlich und fasste ihre Hände. Julia blickte auf. »Evan
hat Vater tatsächlich gedroht, und natürlich war das unrecht von ihm. Aber es
geschah aus Verzweiflung. Er will unbedingt diese Verlobung lösen – kann man
ihm das denn verdenken? Als Vater nicht nachgab, hat Evan seine Drohungen wahr
gemacht.«
»Ich werfe Evan nichts von alledem vor«, sagte Julia matt.
»Aber du solltest
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