Brenda Joyce
auch Papa keinen Vorwurf machen! Er will doch
nur, dass Evan mit dem Glücksspiel aufhört und eine Familie gründet.«
»Ich weiß recht gut, was dein Vater will«, versetzte Julia. »Dein
Vater will, dass Evan genauso wird wie er – ein treuer Ehemann und
Familienvater, erfolgreich im Beruf und ein überzeugter Reformist.«
Francesca starrte
sie an.
»Evan ist aber nun einmal nicht wie dein Vater, Francesca. Er ist
viel ...« – sie zögerte, ehe sie weitersprach – »viel temperamentvoller, als
dein Vater jemals war. Er ist jung, nicht einmal fünfundzwanzig. Ich bin
mitschuldig an der ganzen Angelegenheit! Ich hätte dieser Verlobung niemals
zustimmen dürfen.« Sie schloss verzweifelt die Augen.
»Mache dir keine Vorwürfe! Schließlich ist es
auch Evans Schuld – er hat immerhin diese entsetzlich hohen Schulden gemacht.
Aber lass uns das Gute an der Sache sehen«, drängte Francesca.
Julia schlug die Augen wieder auf. »An dieser Sache gibt es nichts
Gutes.«
»Doch. Ich meine, natürlich ist das, was geschehen ist, furchtbar,
aber es ist doch zweifellos zum Besten, dass er und Sarah nicht heiraten – auch
wenn es nicht auf diese Weise hätte verhindert werden sollen.«
»Ich ertrage es nicht, ihn zu verlieren«,
murmelte Julia. Francesca war klar, dass sie sich auf ihren Sohn bezog, nicht
auf Andrew.
»Mama, du wirst Evan nicht verlieren! Er liebt dich so sehr! Er
hat mir selbst gesagt, er werde niemals zulassen, dass dieser Zwist zwischen
euch steht.«
»Er darf nicht ausziehen, Francesca«, beharrte Julia, die Augen
angstvoll aufgerissen.
»Ich habe versucht, es ihm auszureden, aber er hält an seiner
Entscheidung fest. Ich habe ihn noch nie so entschlossen erlebt«, berichtete
Francesca, und im Stillen fügte sie hinzu: »Oder so zornig.«
»Aber was, wenn er niemals wiederkommt?«,
fragte Julia.
Francesca blickte ihrer Mutter fest in die
Augen. »Natürlich kommt er wieder. Doch für den Augenblick glaubt er, fest
bleiben zu müssen. In gewisser Weise bin ich sogar stolz auf ihn – du nicht
auch? Er hat sich Vater noch nie derart widersetzt.«
»Du bist stolz auf ihn? Wie kannst du stolz sein, dass er sich seinen
familiären Pflichten entzogen hat?«, wandte Julia atemlos ein. »Er hat uns den
Rücken gekehrt!«
Francesca ließ nicht locker. »Allerdings, ich bin stolz auf ihn.
Mama? Bitte streite nicht mehr mit Papa. Auch ihn hat diese Angelegenheit
schwer getroffen.«
Julia schien allmählich ihre eiserne Fassung
wiederzugewinnen. »Ich habe soeben ein furchtbares Beispiel abgegeben, Francesca.
Eine Frau streitet niemals so mit ihrem Mann, wie ich es gerade getan habe. Es
gibt andere Wege, seine Ziele durchzusetzen.«
Francesca blinzelte verwirrt.
»Mit Zuckerbrot ist weitaus mehr zu erreichen als mit der Peitsche«,
setzte Julia finster hinzu.
»Natürlich«, stimmte Francesca zu.
Julia blickte sie vielsagend an. »Allerdings ist es wohl menschlich,
nach vierundzwanzig Jahren auch einmal einen Fehler zu begehen.«
Francesca nickte. »Und was ist mit Papa?«
»Er muss Evan aufsuchen und ihm mitteilen, dass wir der Auflösung
seiner Verlobung zustimmen – allerdings unter der Bedingung, dass sich Evan
eine andere Braut sucht. Eine, die zu ihm passt.«
Francesca machte große Augen. »Er wird niemals nachgeben. Papa ist
ein gutmütiger Mann, aber hinter seiner freundlichen Miene steckt ein Wille aus
Stahl.«
»Wenn er
wünscht, dass in diesem Haus Frieden einkehrt, wird er genau das tun«,
versetzte Julia energisch und stand auf.
»Er wird
seine Meinung nicht ändern«, beharrte Francesca entmutigt.
Plötzlich trat Andrew aus dem Salon. Ohne die beiden Frauen
anzusehen, schritt er an ihnen vorbei. »Francis, meinen Mantel, Hut und
Spazierstock«, befahl er.
Julia hielt ihn mit ruhiger Stimme zurück:
»Wohin gehst du, Andrew? Unsere Unterredung ist noch nicht beendet.« Zum ersten
Mal, seit Francesca denken konnte, würdigte ihr Vater ihre Mutter keiner
Antwort. Er stand an der Haustür, kehrte den beiden Frauen den Rücken und
wartete geduldig darauf, dass der Diener mit dem Gewünschten zurückkehrte –
ganz so, als hätte er Julias Einwand nicht gehört.
»Papa«,
hauchte Francesca.
»Andrew! Wohin gehst du?«, wiederholte Julia mit schneidender
Stimme.
Seine Schultern versteiften sich. »Ich gehe aus«, erwiderte er
knapp.
Francis reichte ihm Hut und Mantel und,
nachdem er in den Mantel geschlüpft war, den Spazierstock mit dem silbernen
Knauf.
»Das beantwortet
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