Brenda Joyce
sich
ebenfalls danach sehnen.«
»Das ist nicht wahr!«, stieß sie prompt
hervor. Dann verstummte sie und erkannte entsetzt, dass ihre Worte eine Lüge
waren.
Ein Teil von ihr wäre bereitwillig gestorben für einen einzigen,
alles verzehrenden Kuss.
Ein grimmiges, wissendes Lächeln umspielte seine Lippen. Sie
starrten einander an. »Und jetzt fühlen Sie sich meinem Bruder gegenüber ganz
und gar unloyal«, stellte er sachlich fest.
»Unloyal?«, brachte sie heraus. Alles abstreiten, schoss es
ihr in ihrer Panik durch den Kopf. »Wenn ich irgendetwas bin, dann loyal«,
schnappte sie. »Und vertrauenswürdig.«
Er seufzte und blickte verärgert drein. »Als ob ich das nicht
wüsste! Dabei sind Sie ihm gegenüber doch zu nichts verpflichtet, Francesca.
Und ganz gewiss schulden Sie ihm keine Loyalität – oder Treue – in irgendeiner
Form. Wenn Sie meine Gesellschaft genießen und Ihnen etwa sexuelle Gedanken in
Bezug auf mich gekommen sind, brauchen Sie sich deswegen keineswegs unloyal
oder schuldig zu fühlen.«
Wäre das Glas in ihrer Hand nicht gewesen, so
hätte sie die Arme verschränkt. Stattdessen stürzte sie einen großen Schluck von
dem Scotch hinunter und musste husten.
»Ach Gott«, kommentierte Hart belustigt, ehe er sein Glas auf dem
Schieferboden der Terrasse abstellte und Francesca sanft den Rücken klopfte.
Selbst durch das Jackett, das er ihr
umgehängt hatte, spürte sie seine Hand ganz deutlich. Sie hustete wieder und
schnappte nach Luft. »Hart ... ich denke nicht ... so an Sie!« Hatte
sie jemals eine größere Lüge hervorgebracht? Wie oft hatte sie sich ausgemalt,
wie er mit Daisy und Rose im Bett lag? Gar nicht zu reden davon, wie er
Bartolla liebte? Einmal hatte sie sogar begonnen, sich ihn und Connie zusammen
vorzustellen!
»Wissen Sie, Francesca – wenn Sie es schaffen, sich selbst etwas
vorzulügen, sind Sie bewundernswert, aber wenn Sie sich einbilden, Sie könnten
mir etwas vorlügen, haben Sie sich übernommen«, bemerkte er mit sanftem
Lächeln. Dann schlug er ihr noch einmal auf den Rücken, diesmal ein wenig zu
kräftig. »Besser?«, erkundigte er sich freundlich.
»Ich fühle mich nicht unloyal, und ich fühle mich auch nicht
schuldig in Ihrer Gesellschaft«, erklärte sie heiser. Sie wollte ihn zornig
anfunkeln, doch es gelang ihr nicht.
»Hatte ich etwas von Schuld gesagt?« Er schüttelte den Kopf. »Sie
können die Geduld eines Mannes wirklich auf die Probe stellen, Francesca. Ich
bin ganz und gar aufrichtig zu Ihnen, aber Sie fürchten sich entsetzlich davor,
ehrlich zu sich selbst zu sein, und sind es folglich auch zu mir nicht.«
Sie drückte ihm ihr Glas in die Hand und
verschränkte die Arme fest vor der Brust. »Wollen Sie, dass ich ehrlich zu
Ihnen bin?«
Er starrte sie an, und es entstand ein
spannungsgeladenes Schweigen. »Es wäre eine erfrischende Abwechslung«, bemerkte er
schließlich trocken.
Sie hatte ein Dutzend Fragen – nur zwei davon würde sie stellen.
»Lucy sagte, Leigh Anne habe Bragg das Herz gebrochen.«
Hart verdrehte ärgerlich die Augen. »Und ich hatte mir eingebildet,
Sie würden das Thema vielleicht einmal bei uns belassen.«
»Er sagte mir, es sei nichts als Begierde gewesen. Hat sie ihm das
Herz gebrochen, Calder? Hat er sie geliebt?«, rief Francesca drängend und
packte Hart am Ärmel.
»Gott, ist das langweilig.« Er stellte ihr
Glas neben seinem auf dem Boden ab. Dann blickte er Francesca derart kühl an,
dass ihr klar war, nun würde es keine Gnade mehr geben. »Meine Liebe, Bragg war
Hals über Kopf verliebt in seine kleine Frau. Er war auf den ersten Blick
völlig hingerissen von ihr – wobei man allerdings einräumen muss, dass sie in
der Tat ausgesprochen reizend ist. Und sie hat ihn bereits seit ihrer ersten
Begegnung an der Nase herumgeführt. Es war schon geradezu lächerlich, wie
sehr er ihr verfallen war. Er hat ausgesprochen lange gebraucht, um zu
begreifen, dass die Frau, die er so innig liebte, treulos, selbstsüchtig und
nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht war – gar nicht zu reden davon, dass man
sie durchaus als eine kleine Hure bezeichnen kann.«
Francesca wurde übel. »Sagen Sie das, um mir wehzutun?«, hauchte
sie.
»Nein, ich sage Ihnen nur, was die halbe Welt
ohnehin weiß. Binnen Wochen gab er bekannt, er wolle sie heiraten, und keiner
– weder ich noch Rathe noch Rourke – konnte ihm das ausreden und ihn zur
Vernunft bringen. Alle beknieten ihn, er möge die Sache nicht überstürzen,
Weitere Kostenlose Bücher