Brenda Joyce
eine neue Arbeitsstelle und eine Wohnung zu
suchen. Mama bricht es das Herz.«
Hart lächelte. »Gut für ihn.« Er hob mit einer spöttischen Geste
sein Glas, wie um einen Toast auf Francescas Bruder auszubringen.
»Sie finden das gut?«
»Allerdings. Ich würde sagen, es ist höchste Zeit, dass er anfängt,
eigenständig zu denken und zu handeln. Außerdem passen er und Sarah nicht
zusammen.«
Francesca war im Grunde voll und ganz derselben Meinung, zugleich
jedoch aufs Äußerste überrascht. »Glauben Sie nicht, dass er eine Frau wie
Sarah braucht, damit er lernt, seinen Lebenswandel zu mäßigen?«
»Ich denke, er ist ein erwachsener Mann, der aus eigener Erfahrung
lernen muss. Und ich denke, es ist sein gutes Recht, sich seine Frau selbst
auszusuchen. In meinen Augen ist Ihr Bruder noch nicht reif für die Ehe,
Francesca. Im Übrigen halte ich ihn für einen Romantiker, ebenso wie Sie.«
Francesca fiel aus allen Wolken. »Er ist in der Tat romantisch
veranlagt. Ständig verliebt er sich – in sämtliche Grace Conways und Bartolla
Beneventes dieser Welt.«
Hart schüttelte lachend den Kopf. »Geben Sie ihm einen Rat: Er
sollte sich lieber von Bartolla fern halten – sie wird ihn am Ende nur
verletzen.«
Francesca nickte düster. Dann bemerkte sie:
»Wenn er sich mit der Gräfin einlässt, wird es gewiss nur eine flüchtige Affäre
sein.«
»Warum? Sie ist Witwe, und Ihr
Bruder ist eine gute Partie.«
»Glauben Sie etwa, sie würde
meinen Bruder heiraten wollen? Aber warum? Sie ist reich und unabhängig – nein,
Calder, da irren Sie sich.«
Er schüttelte erneut lachend den Kopf.
»Beklagen Sie sich nachher nicht bei mir, sonst werde ich Sie daran erinnern,
dass ich in diesem Fall Recht hatte. Aber sagen Sie, womit hatte Ihr Vater Evan
eigentlich unter Druck gesetzt? Ich gehe davon aus, dass diese Verlobung unter
Zwang geschlossen wurde.«
Francesca zögerte. Harts Scharfsinn verblüffte
sie wieder einmal. Außerdem beschlich sie ein eigentümliches Gefühl – sie
ahnte, wenn sie Hart bäte, ihrem Bruder finanziell aus der Bedrängnis zu
helfen, würde er es tun. »Evan hat einige Schulden gemacht.«
Eine Augenbraue wanderte in die Höhe.
»Einige?«
Francesca zögerte erneut.
Er tätschelte ihre Schulter. »Ich verstehe. Nun, und was ist der
eigentliche Grund dafür, dass Sie heute Abend so bekümmert sind?« Er blickte
ihr fest in die Augen.
Sie wich seinem Blick hastig aus. »Mama und Papa haben Streit«,
erwiderte sie. »Es ist so furchtbar, dass ich es gar nicht schildern kann.«
»Alle Ehepaare streiten sich, Francesca«, versetzte Hart bemüht
geduldig. »Niemand lebt glücklich und in Frieden bis an sein seliges Ende.«
»Aber meine Eltern streiten sich sonst nie, Calder. Niemals! Sie
lieben einander wirklich sehr.«
Es entstand ein langes, unbehagliches
Schweigen, während dessen Hart sie eingehend musterte. Als er schließlich
wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme angespannt. »Ich weiß, dass Sie
über Rick grübeln. Wer sonst könnte Ihnen solchen Kummer bereiten?«
»Er bereitet mir keinen Kummer«, behauptete sie und begegnete
widerstrebend seinem Blick.
»Ach nein? Seltsam, das sehe ich aber anders. Ich habe den Eindruck,
seit Sie sich angeblich in ihn verliebt haben, wirken Sie ständig nur bedrückt
und niedergeschlagen.«
Francesca beäugte Hart argwöhnisch, konnte jedoch keinerlei
Anzeichen für ein heraufziehendes Donnerwetter ausmachen. »Warum muss das Thema
auf ihn kommen, wann immer wir versuchen, ein Gespräch zu führen?«, klagte sie.
»Weil er Ihnen Schmerz verursacht, und das gefällt mir nicht«,
erwiderte er schlicht.
Sie wandte sich ab. In gewisser Weise hatte
Hart Recht. Doch im Grunde war es nicht Bragg, der ihr Schmerzen verursachte –
es waren die Umstände, unter denen sie sich kennen gelernt hatten.
Als Hart sie an der Schulter berührte, zuckte sie zusammen und
fuhr herum.
»Nervös?«
Sie wich vor ihm zurück. »Ich bin nicht nervös. Es ist nur ... dieser
Abend ist wirklich eine harte Probe.«
»Eine Probe, in der Tat«, wiederholte er
zustimmend.
Mit einer solchen Erwiderung hatte sie nicht
gerechnet. »Was soll das heißen?«, fragte sie, wobei ihr Herz eine Spur zu
heftig schlug.
»Ich denke, das wissen Sie selbst – wir sprachen erst kürzlich darüber.«
Sie starrte ihn nur an.
Er legte ihr einen Finger an die Wange. »Ich täte nichts lieber,
als Sie in die Arme zu schließen, Francesca, und ich weiß, dass Sie
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