Brenda Joyce
doch
er schlug jeden Rat in den Wind. Ich denke, es ist offensichtlich, warum er es
so eilig hatte, das Band zu knüpfen.«
Francesca schlang die Arme um sich. »Sie sind
grausam.«
»Ist Ihnen nicht gut? Warnen Sie mich bitte rechtzeitig, wenn Ihnen
übel wird.«
Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Bragg war verliebt
gewesen, und seine Begierde hatte ihn dazu verleitet, eine Frau, die er kaum
kannte, bereits Monate nach ihrer ersten Begegnung zu heiraten. So sehr hatte
er sie begehrt.
Francesca konnte sich eines Vergleichs nicht erwehren – ihr gegenüber
war er der Inbegriff der Selbstbeherrschung.
Hart seufzte verzweifelt.
»Gehen Sie«, hörte sie sich sagen. Ihre Stimme klang tränenerstickt.
Er trat hinter sie, und seine Hände schlossen
sich um ihre Schultern. Sie spannte sich an, entzog sich seinem Griff jedoch
nicht. Als er sie nach hinten zog, spürte sie für einen Moment seine Brust an
ihrem Rücken. Dann drehte er sie sanft zu sich herum, und sie fand sich in
einer lockeren Umarmung wieder. »Hören Sie auf damit, Francesca. Welche Rolle
spielt es schon, ob Rick vor vier Jahren eine andere Frau geliebt hat?« Seine
Stimme klang jetzt überraschend sanft und freundlich. Er strich ihr ein paar Haarsträhnen
aus dem Gesicht. »Warum sind Sie denn den Tränen nahe? Das war vor vier Jahren.
Er war damals so jung, heißblütig und naiv, wie Sie es jetzt sind«, fuhr Hart
in demselben besänftigenden Ton fort. »Auch wenn er schon vierundzwanzig war –
im Grunde war er doch noch ein Junge, und jetzt ist er ein Mann.« Francesca
zitterte. Er hatte sie noch immer nicht losgelassen. Sie spürte deutlich seine
Hände, seine Brust, sein Gesicht so dicht an ihrem. Doch am stärksten empfand
sie seinen eindringlichen Blick. Sie versuchte, einen klaren Gedanken zu
fassen, die Frage zu beantworten, aber es fiel ihr schwer angesichts dieser
Nähe zwischen ihnen.
»Ich weiß nicht. Ich habe nie zuvor jemanden
geliebt. Er hingegen schon. Und ... er tut es noch immer.« Da, nun war es
heraus.
Hart starrte sie verblüfft an. »Er verabscheut seine Frau, Francesca.
Und Sie – um die Wahrheit zu sagen, er liebt Sie wirklich.« Er zögerte, ehe er
mit düsterer Miene fortfuhr: »Ich glaube, in dieser Hinsicht bin ich
eifersüchtig auf meinen Bruder.« Er ließ Francesca los, hob eines der Gläser
von dem Schieferboden auf und trank daraus.
Was sollte das heißen? Sie packte ihn am Arm. »Wie
meinen Sie das?«, flüsterte sie wie vom Donner gerührt.
»Weiß der Himmel. Auf Sie!« Damit leerte er sein
Glas mit der Miene eines Mannes, mit dem das Schicksal ungerecht umsprang.
Sie starrte ihn eine Weile lang sprachlos an. Nein, das war unmöglich,
entschied sie schließlich. Er konnte nicht meinen, dass er wünschte, sie möge
ihn so lieben, wie sie Bragg liebte. Dieser Gedanke war schlicht absurd.
»Sollen wir hineingehen? Ich glaube, allmählich wird mir doch
kalt.« Sein Blick war zweifellos kühler geworden, und sie vermochte nicht zu
erraten, was er nun dachte.
»Nein.«
Er stutzte. »Verzeihung?«
Francesca schlang die Arme um sich. Sie waren nun schon so weit
gekommen ... »Ich stecke in Schwierigkeiten, Hart.«
»In welcher Art von Schwierigkeiten?«, erkundigte er sich, wobei
er zwar ein wenig erschrocken wirkte, sein Ton jedoch ruhig und beherrscht
blieb.
»Ich weiß es nicht genau. Aber vielleicht können Sie es mir sagen.«
Sie zögerte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Wenn sie ihn einmal in ihr
Geheimnis eingeweiht hatte, gab es kein Zurück. »Kann ich Ihnen vertrauen? Kann
ich sicher sein, dass Sie niemandem etwas verraten und sich nicht einmischen?
Dass Sie mir nur einen Rat geben?«
»Ich habe Ihnen kürzlich bereits versichert,
dass Sie mir vertrauen können, Francesca. Aber was wollen Sie von mir? Und
warum wenden Sie sich nicht stattdessen an meinen Bruder?«
»Ich möchte Ihren Rat und Ihre Meinung
hören«, erklärte sie atemlos. Niemand würde diese Situation besser verstehen
und einschätzen können als Hart, der alle Beteiligten persönlich kannte. Sie
wusste, dass er ein schonungsloses Urteil über ihr Dilemma aussprechen würde,
doch es war an der Zeit, der schlimmsten denkbaren Realität ins Auge zu
blicken.
»Nur zu, erzählen Sie«, forderte er sie auf, doch er klang angespannt
und lächelte nicht.
Sie nickte. Ohne den Blick von ihm zu wenden,
schob sie eine Hand in den tiefen Ausschnitt ihres Kleides. Während sie in
ihrem Mieder herumtastete, spürte sie, wie ihr
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