Brenda Joyce
furchtbar schlechte Lügnerin«, stellte er
fest, aber das schien seiner guten Laune keinen Abbruch zu tun. Doch dann fuhr
er mit ernsterer Stimme fort: »Ich habe heute die Angelegenheit mit LeFarge
erledigt, Francesca. Er hat die fünfzigtausend Dollar und weiß jetzt, dass er
es mit mir zu tun bekommt, wenn er Ihren Bruder noch einmal anrühren sollte.«
Harts Augen blickten düster. »Ich habe ihm sehr deutlich gemacht, dass ich
nicht abgeneigt bin, nötigenfalls auch jenseits der Grenzen des Gesetzes
zurückzuschlagen.«
Francesca lief es kalt über den Rücken. »Ich danke Ihnen, Calder«,
sagte sie.
Rourke hatte Sarah offenbar schon früher abgeholt, denn als Francesca
und Calder die Galerie betraten, waren die beiden bereits dort. Insgesamt waren
rund fünfzig Gäste anwesend – die eine Hälfte trug Abendkleider und Smokings,
während die andere offensichtlich aus am Hungertuch nagenden Künstlern in
schlichten Jacketts aus Sackleinen und schlecht sitzenden Hosen
beziehungsweise dunklen Konfektionskostümen bestand.
Francesca erblickte Sarah sofort. Sie und Rourke standen mit dem
Rücken zur Tür und betrachteten ein großes Landschaftsbild. Sarah fiel in ihrem
fuchsienfarbenen Satinkleid auf. Während Francesca zu den beiden hinübersah,
blickte Rourke auf Sarah hinab und lauschte sichtlich gebannt jedem einzelnen
ihrer Worte.
»Dort drüben sind sie ja«, bemerkte Hart. »Machen wir erst einmal
unseren Gastgeber ausfindig und gesellen wir uns dann zu ihnen.«
Francesca rührte sich nicht. Selbst aus der Entfernung erinnerte
Rourke sie stark an seinen Bruder Rick. Sie bekam ein schlechtes Gewissen, als
sei etwas Falsches daran, Calder Harts Gesellschaft zu genießen. Aber dann
seufzte sie. Bragg und sie hatten nun einmal in ihrem Leben jetzt ganz
verschiedene Wege eingeschlagen. Und dennoch gab es Momente wie diesen, in dem
sie der Schmerz all ihrer gescheiterten Hoffnungen und Träume und ein Gefühl
des Verlustes überkamen.
Francesca fragte sich, was Rourke wohl derart fesseln mochte.
Waren es Sarahs Worte? Oder Sarah selbst? Francesca erinnerte sich daran, wie
beflissen und besorgt Rourke gewesen war, als Sarah am letzten Samstagabend im
Plaza ohnmächtig wurde. Andererseits war er nun einmal Medizinstudent, und es
hatte sich zu diesem Zeitpunkt kein anderer Doktor im Haus aufgehalten.
Außerdem war Sarah mit ihrem Bruder Evan verlobt. Auch wenn es
eine denkbar unpassende Verbindung war – was jeder außer ihrem Vater zu wissen
schien. Evan hatte an dem Tag, an dem er von LeFarges Handlanger zusammengeschlagen
worden war, all seine Sachen gepackt und wollte eigentlich von zu Hause
ausziehen. Außerdem hatte er seine Verlobung lösen wollen.
Francesca vermochte nicht zu entscheiden, ob Rourkes Interesse
rein medizinischer oder darüber hinaus noch anderer Natur war. Er war ein
ausgesprochen attraktiver Mann und sie wusste, dass er ein Herzensbrecher war.
Aber Sarah war wohl kaum die Richtige für einen Schürzenjäger.
»Ich lese Ihre Gedanken«, murmelte Hart, zog
ihre Hand fest durch seinen Arm und drückte sie an seine Seite.
Francesca zuckte zusammen. Sein Körper war fest und unglaublich
männlich. Er hatte nichts Weiches oder Nachgiebiges an sich. Ihre Blicke
trafen sich.
Es dauerte einen Augenblick, ehe er sprach. »Francesca, ich bin
mir durchaus bewusst, dass Sie eine sehr leidenschaftliche Frau sind, aber Sie
müssen Ihre Gedanken zügeln – zumindest für den Rest des Abends.«
Zu ihrem Entsetzen antwortete sie: »Ich vermag es aber nicht.«
Er zögerte, legte ihr dann einen Arm um die
Taille und umfing mit der anderen Hand ihre Wange. Francesca spürte, wie ein
erschreckend dringliches Zittern durch ihren Körper lief. Sie hatte ja gewusst,
dass der Abend ein unmögliches Unterfangen sein würde. »Ich fürchte, dann muss
ich Sie ablenken«, murmelte er mit einer solch tiefen und erregten Stimme, dass
sie in Gedanken sein Bett vor sich sah, in dem er auf ihr lag.
Sie trat einen Schritt näher auf ihn zu, glitt in seine Arme und
überraschte damit nicht nur ihn, sondern auch sich selbst. »Bringen Sie mich
nach draußen«, forderte Sie ihn auf und stellte schockiert fest, wie heiser und
begehrlich ihre Stimme dabei klang.
Er rührte sich einen Moment lang nicht. Dann sagte er: »Nein.« Er
trat einen Schritt zur Seite. »Hoeltz ist hier. Ich habe ihn gerade gesehen.
Vielleicht gelingt es uns heute Abend, eine neue Spur zu entdecken.« Sein
Gesicht war ernst.
Francesca
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