Brenda Joyce
Julia und
küsste Hart auf die Wange.
»Wir werden uns Mühe geben«, gab Hart zurück. »Andrew.« Er
streckte ihm die Hand entgegen.
Andrew ergriff sie zögernd, ohne sein Lächeln zu erwidern. »Und
wann werden Sie meine Tochter wieder nach Hause bringen?«
»Vor Mitternacht«, erwiderte Hart gelassen.
Aber schließlich war er dafür bekannt, dass er sich nicht im Mindesten darum
scherte, was andere Leute von ihm hielten. Offenbar war es ihm völlig egal, ob
Andrew Cahill etwas gegen ihn hatte oder dagegen, dass er um seine Tochter
warb. Andrew nickte und umarmte dann Francesca. Seine Augen nahmen einen
weicheren Ausdruck an, als er sagte: »Ich hoffe, du wirst einen schönen Abend
haben, mein Schatz.«
Francesca nickte, drückte ihn und flüsterte ihm ins Ohr: »Er ist
gar nicht so schlimm, wie du denkst, Papa.«
Andrew grummelte nur ungläubig.
Francesca ließ sich auf der mit Samt bezogenen Bank nieder, wobei sie darauf achtete,
einen sicheren Abstand zu Hart zu wahren. Er schien genau zu wissen, was sie da
tat, denn er beäugte sie amüsiert, äußerte sich jedoch nicht dazu, sondern wies
Raoul an, sie zum Cooper Square in der Innenstadt zu fahren. Francesca
versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch es war ihr einfach nicht möglich.
Immer wieder sah sie im Geiste Hart und Daisy vor sich. Und das verursachte ihr
ein ständiges Unbehagen, ließ ihr die Kutsche klein und eng und stickig
erscheinen. Sie fragte sich, ob ein Geständnis sie wohl von ihrem Kummer und
ihrem schlechten Gewissen befreien würde.
»Francesca, warum rutschen Sie so unruhig auf Ihrem Sitz herum?«,
erkundigte sich Hart.
Sie blickte erschrocken auf und musste
feststellen, dass es ihr überaus schwerfiel, dem Blick seiner dunklen Augen
standzuhalten. Sie durfte sich auf keinen Fall verplappern. Ihr war bewusst,
dass sie ihr Herz mitunter auf der Zunge trug, aber das durfte ihr dieses Mal
einfach nicht passieren.
»Aber das tue ich ja gar nicht«, gab sie zurück. Sie fragte sich,
ob in Zukunft immer dieses Unbehagen zwischen ihnen herrschen würde, nun,
nachdem sie wusste, wie er unter seiner eleganten Kleidung aussah. Nein, es
war ja in Wahrheit noch viel schlimmer als das! Sie wusste jetzt, wie er
aussah, wenn er erregt war, und sie wusste, welche Vorlieben er hatte, wenn er
mit einer Frau schlief.
»Ich habe wirklich keine Ahnung, warum Sie
mich mit einem solchen Gesichtsausdruck anstarren«, murmelte er belustigt. »Ich
bin sicher, dass Sie sich wieder einmal in irgendwelche Schwierigkeiten
gebracht haben. Gibt es etwas, das Sie mir sagen möchten?«
Francesca wäre beinahe von ihrem Sitz aufgesprungen. »Aber nein!«,
rief sie.
Er blickte sie erstaunt an. »Nun, damit ist natürlich jeder
Verdacht ausgeräumt«, kommentierte er scherzhaft, doch sein Blick wurde nachdenklich.
»Erzählen Sie mir doch, wie Ihr Tag verlaufen ist.«
»Mein Tag?«, hauchte sie, als habe sie ihn nicht recht verstanden.
Er lehnte sich verdutzt und amüsiert zugleich auf dem Kutschensitz
zurück. »Ich sehe doch, wenn jemand ein schlechtes Gewissen hat«, sagte er.
»Und Ihnen steht es im Gesicht geschrieben.«
»Das bilden Sie sich nur ein. Es war ein anstrengender Tag«,
entgegnete sie rasch und erzählte ihm, wie Thomas Neville im Polizeipräsidium
aufgetaucht war, und auch von dem Mord an der armen Miss Holmes.
Jegliche Belustigung war aus Harts Augen verschwunden. »Zuerst
Grace Conway und nun ihre Nachbarin. Sie untersuchen wieder einmal eine ganze
Serie von Morden. Das gefällt mir gar nicht«, kommentierte er aufgebracht.
»Mir auch nicht«, versetzte Francesca, die erleichtert war, sich
wieder auf vertrautem Terrain zu befinden. »Und es wird noch schlimmer.«
»Wie kann es noch schlimmer werden, als es ohnehin schon ist?« Er
zog fragend eine Braue hoch.
»Miss Holmes hat ein Tagebuch hinterlassen. Sie war bis über beide
Ohren in Evan verliebt«, eröffnete Francesca ihm grimmig.
Hart starrte sie einen Moment lang an. »Tja, das sieht nicht gut
für Evan aus, wie? Kennt er die verschwundene Miss Neville?«
»Gott sei Dank nicht«, erwiderte Francesca
mit ernster Miene.
»Wer steht denn unter Verdacht? Sie scheinen Thomas Neville nicht
besonders zugetan zu sein.«
»Er benimmt sich allerdings eigenartig, aber
ich habe außerdem herausgefunden, dass Miss Neville eine Affäre mit dem
Besitzer einer Kunstgalerie hat«, berichtete Francesca eifrig, froh, ihm von
ihren Ermittlungen erzählen zu können. »Thomas behauptet,
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