Brenda Joyce
Türsteher die Tür öffnete.
Newman trat hinaus, aber Farr schaute noch einmal über die
Schulter zurück und sah Francesca mit seinen kalten grauen Augen an.
Bei diesem
Blick drehte sich ihr der Magen um.
Er nickte
höflich und schritt hinaus.
Francesca vermochte sich nicht zu rühren.
Das Herz hämmerte ihr in der Brust. Sie spürte seine Erektion an ihrem Gesäß,
den Backstein an ihrer Wange, hörte die gekeuchten Obszönitäten an ihrem Ohr. Hast
du schon mal einen Schwanz im Mund gehabt? ... Ich habe mir sagen lassen, dass
es der ultimative Höhepunkt sein soll, in Ekstase zu sterben.
Francesca stieß einen Schrei aus und stützte sich an der Wand ab.
»Francesca!« Hart eilte mit großen Schritten auf sie zu. Er fasste
sie an den Armen und drehte sie zu sich herum. »Was ist denn los?«
Jeder
wieß doch, dass Calder Hart es gern mit Huren treibt.
»O Gott.« Sie zitterte am
ganzen Körper und Übelkeit stieg in ihr auf. »Es ist Farr.«
Hart
starrte sie an.
Francesca entwand sich seinem
Griff und rannte zum nächstgelegen Klosett.
Kapitel 21
SAMSTAG, 22. FEBRUAR 1902 – 23:00 UHR
Francesca
trat in einem Negligé, das sie von Lucy geborgt hatte, aus dem Badezimmer. Der
Rotschopf, der ein paar Jahre älter war als sie, hatte es sich am Fußende des
Himmelbetts in Harts Gästezimmer bequem gemacht. Grace war schon wieder
verschwunden, um von der Köchin eine kleine Stärkung für Francesca zubereiten
zu lassen. Hart war unterwegs zu Julia und Andrew, um sie über Francescas Verbleib
in Kenntnis zu setzen. Francesca schritt barfuß über den Aubusson-Teppich der
großen Suite, der sich unter ihren nackten Sohlen wunderbar anfühlte. In dem
weißen Marmorkamin, dessen Sims von Gold durchzogen war, knisterte ein Feuer.
Die Wände waren in einem hellen Pastellgrün gehalten und die Decke über ihr
war mit einem rosé- und goldfarbenen Bogenrand versehen. Wunderschöne Gemälde
schmückten die Wände – eine Mutter, die ihr Kind badete, ein Schwermut
verströmendes Seestück, Fischerfrauen mit Körben auf dem Kopf an einem Strand.
Das Zimmer entbehrte wie der Rest des Hauses nicht einer gewissen Theatralik,
aber es war zugleich von schlichter Eleganz.
Francesca ließ sich auf dem Bett nieder. Als
ihre Schultern und ihr Rücken die sechs Daunenkissen berührten, die an dessen
Kopfteil drapiert worden waren, bemerkte sie erst, wie erschöpft sie war, und
schloss für einen Moment die Augen.
Sie wollte jetzt nicht über Brendan Farr
nachdenken, doch sie sah ihn immer wieder vor sich. Ob sie sich auch tatsächlich
nicht getäuscht hatte? Francesca war sich bewusst, dass sie keinen Beweis dafür
in der Hand hatte, dass Farr tatsächlich der Würger war, der New York in Atem
hielt. Als sich ihre Blicke in Harts Eingangshalle getroffen hatten, war sie
sich einen Moment lang sicher gewesen, den Mörder vor sich zu haben. Jetzt
kamen ihr Zweifel, und sie wusste nicht mehr recht, was sie glauben sollte. Er
mochte eine zweifelhafte Vergangenheit als Polizist haben und sie zudem hassen,
aber das machte ihn noch lange nicht zu einem Mörder. Und jetzt, da sie ihm
körperlich nicht mehr nahe und einige Zeit vergangen war, hatte sie das Gefühl,
ihn vorschnell beschuldigt zu haben. Hart hatte behauptet, sie sei nicht in der
Verfassung, einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte ihr geraten, sich
auszuruhen. Sie fühlte, wie sie ein Schauer überlief, und kam zu dem Schluss,
dass sie wohl unrecht hatte. Dann spürte sie, wie Lucy ihre Hand nahm.
»Sie sind so tapfer«, sagte die junge Frau leise. »Bevor Ihre
Eltern kommen, sollten Sie aber besser den Kragen zuknöpfen, Fran.«
Francesca lächelte und befolgte den Rat. Ihre
Mutter würde der Schlag treffen, wenn sie die Würgemale an ihrem Hals
entdeckte. »Heute Abend war ich gar nicht tapfer. Ich hatte schreckliche Angst,
Lucy. Ich habe noch niemals in meinem Leben so große Angst gehabt.« Sie dachte
wieder an Brendan Farr. Warum sollte er Sarahs Atelier verwüsten und dann
Grace Conway töten? Es ergab einfach keinen Sinn!
Lucy beugte sich vor, um sie zu
umarmen. »Dieses Mal muss ich Hart zustimmen. Dieser Fall ist zu gefährlich!«
Francesca wollte sich nicht
eingestehen, dass Hart tatsächlich recht haben könnte.
Lucy machte es sich wieder am Fußende des Bettes gemütlich und
blickte sie forschend an. Dann fragte sie: »Wo steckt eigentlich Rick?«
Francesca errötete.
»Sie beide arbeiten doch zusammen, klären
gemeinsam Verbrechen auf. Ich verstehe
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