Brenda Joyce
nicht
erlauben konnte, eine andere zu lieben. Ich war eifersüchtig. Ich bin
eifersüchtig. Ich hatte fälschlicherweise geglaubt, dass dein Herz immer nur
mir gehören würde. Nun, das ist offensichtlich nicht der Fall. Aber wir sind
immer noch verheiratet, und als deine Ehefrau werde ich um meine Rechte
kämpfen.«
»Eine hübsche Rede«, sagte er kühl. »Ich bin beinahe geneigt, dir
Beifall zu spenden.«
»Rick! Ich spreche zu dir aus tiefstem
Herzen!«
»Dann werde ich es dir gleichtun. Ich liebe Francesca Cahill und
ich will die Scheidung.«
Sie starrte ihn mit zitternden Lippen an, schöner denn jeh, und
sie wirkte dabei so zart, verwundbar, verletzt.
»Also stecken wir wohl in einer Sackgasse«,
stellte er fest.
Sie atmete einmal tief durch. »Nicht notwendigerweise«, entgegnete
sie.
Er stählte sich, rechnete mit einem hinterhältigen Schlag.
»Ach,
nein? Du willst eine Ehe, ich will die Scheidung. Nun sag mir nur nicht, dass
du einen Ausweg aus diesem Dilemma weißt!«
»Doch, allerdings.« Sie fuhr sich mit ihrer kleinen, rosafarbenen
Zungenspitze nervös über die Lippen.
Er schaute sie verblüfft an.
»Erlaube mir für ein Jahr wieder meinen Platz in deinem Leben als
deine Frau einzunehmen und falls du, wenn diese Zeit verstrichen ist – eine
Zeit, in der wir alles miteinander teilen, was ein Mann und eine Frau in einer
Ehe zu teilen pflegen –, immer noch den Wunsch hegst, dich scheiden zu lassen,
werde ich einwilligen.«
Er war fassungslos. »Nein! Auf gar keinen Fall!« War sie verrückt
geworden? Glaubte sie, er würde sie ein ganzes Jahr lang in seinem Leben,
seinem Haus, seinem Bett tolerieren? Was für ein gerissener Trick war das? Er
marschierte zur Tür und riss sie auf. »Leb wohl, Leigh Anne.«
Sie rührte sich
nicht. »Na schön. Dann eben für die Dauer von sechs Monaten.«
Er starrte sie an.
Sie befeuchtete erneut voller Nervosität ihre Lippen. »Rick, ich
gebe es dir schriftlich, wenn du willst. Sechs Monate Eheleben, und wenn du
dann immer noch so empfindest wie jetzt, dann bekommst du die Scheidung. Bei
deinen Verbindungen wärst du in gut sieben Monaten ein freier Mann – frei, um
Miss Cahill zu heiraten, falls es das ist, was du wirklich willst.«
Sein Herz begann wie rasend zu hämmern. Für
einen Augenblick sah er Francesca vor sich, doch er durfte jetzt nicht an sie
denken. Er hatte das Gefühl, sein ganzes Leben stünde auf dem Spiel. In sieben
Monaten konnte er frei sein von dieser Hexe. Er musste nur ihr verblüffendes
Angebot annehmen. Natürlich würde er seinen Anwalt einen Vertrag aufsetzen
lassen. Er traute seiner schönen kleinen Frau nicht über den Weg.
Sie dagegen schien zu glauben, er werde seine Meinung nach dieser
Zeitspanne geändert haben. Aber er würde es sich auf gar keinen Fall anders
überlegen.
»Rick? Das ist doch gerecht, nicht wahr? Es gibt uns die
Möglichkeit, herauszufinden, ob wir wirklich getrennte Wege gehen oder aber das
Gelübde ehren sollten, das wir uns einmal gegeben haben, und zusammenbleiben.«
Ihre Worte waren ein weiterer Schlag für ihn. Als sie ihr
Ehegelübde gesprochen hatten, war es ihm durchaus ernst damit gewesen, es
halten zu wollen. Er war der Typ Mann, der nur einmal im Leben heiratete, und
dann sollte es für immer sein. Er sagte sehr vorsichtig: »Sechs Monate als Mann
und Frau. Sechs Monate und keinen Tag langer.«
»Ja.« Ihr Gesicht war ganz angespannt, doch die Aufregung machte
sie nur noch schöner.
Es fiel ihm schwer, einen Gedanken zu fassen – er hegte nach wie
vor den Verdacht, in eine Falle getappt zu sein. Andererseits bot sich ihm die
Aussicht, in sieben oder acht Monaten endlich frei zu sein. Er musste nichts
weiter tun, als einen klaren Kopf zu behalten und sich immer wieder in
Erinnerung zu rufen, was für eine Lügnerin und Ehebrecherin Leigh Anne in
Wirklichkeit war.
Wie schwer konnte das schon sein? Immerhin war er sich dieser
Tatsache bereits während vier langer, schmerzlicher Jahre bewusst gewesen.
Er
lächelte.
Sie hielt den Atem an, und ihre
Augen weiteten sich.
»Ich bin dazu bereit«, sagte
er.
Kapitel 8
DONNERSTAG, 20. FEBRUAR 1902 – 12:00 UHR
Maggie Kennedy
blieb nervös vor der geöffneten Tür zu Evans Zimmer stehen. Sie trug ihr bestes
Ensemble, eine graue Nadelstreifenjacke und einen dazu passenden Rock. Die
weiße Hemdbluse darunter hatte einen mit Spitze verzierten Kragen, an den sie
sich eine hübsche Kameebrosche gesteckt hatte, die einmal ihrer Mutter
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