Brenda Joyce
pfeifende Atemzüge,
war aber immer noch außerstande zu sprechen. Nun betrat Hickey die
Eingangshalle, ein großer, schlanker Mann mit rotem, ergrauendem Haar. Er kam
ruhigen Schrittes au die drei zu. »Miss Holmes ist ermordet worden«, verkündete
er.
»Wie bitte?«, rief Francesca
schockiert.
Bragg führte Newman zu einer Bank. »Wann ist das passiert?«
»Ihre
Mutter hat sie heute Morgen gefunden, Sir«, keuchte Newman. »Auf dem Boden
ihres Schlafzimmers. Er würgt.«
»Gehen wir«, sagte Bragg.
Francesca verharrte in dem schmalen Türrahmen des
Zimmers, das bis irgendwann in der letzten Nacht einmal Catherine Holmes
gehört hatte. Ihr Blick fiel sofort auf Catherines leblosen Körper. Sie lag
nicht weit von ihrem schmalen Bett entfernt in einem schlichten
Baumwollnachthemd neben einer schmucklosen Wand. Dass Mrs. Holmes hysterisch
schluchzend auf dem Sofa im Salon saß, trug noch zum Schrecken der Szene bei.
Francesca
hätte am liebsten ebenfalls geweint.
Sie war Miss Conway nur ein einziges Mal begegnet, Miss Neville
kannte sie überhaupt nicht. Doch nun war sie vor Kummer wie gelähmt.
Sie spürte, dass Bragg neben sie trat. Mit ernster Stimme, ohne
ihn anzusehen, sagte sie: »Sie hat uns angelogen. Ich bin mir sicher, dass sie
ständig dort am Fenster gesessen und sich nach einem anderen Leben gesehnt hat,
einem Leben außerhalb dieser trostlosen Wohnung. Sie hat den Mörder gesehen,
Bragg. Und darum ist er zurückgekommen, um auch sie zu töten.«
Bragg berührte sie am Arm. »Das mag zwar zutreffen, aber vorerst
ist es nur eine Theorie.« Er ging auf Catherines Leiche zu und kniete daneben
nieder. »Ihr Hals verfärbt sich blau und schwarz«, sagte er.
Francesca schaute weg. Sie warf einen letzten Blick auf das dürftig
eingerichtete Zimmer. Das Deckbett war blau und abgenutzt und ein einzelnes
weißes Spitzenkissen hatte die Schlafstätte geziert. Der Beistelltisch war aus
Kiefernholz und schlecht gezimmert. Darauf stand die einzige Lampe des Zimmers
und ein Becher mit Wasser. Auch eine Bibel lag darauf.
Einige Kleidungsstücke hingen an Wandhaken. Francesca wandte sich
dem kaputten Kleiderschrank zu und öffnete ihn. Sie fand weitere Anziehsachen,
ein Paar Schuhe, Unterwäsche und einen hübschen Muschel-Haarkamm. Ihre
Betrübnis wuchs.
Miss Nevilles Einrichtung war ebenfalls recht schlicht gewesen,
dabei aber beileibe nicht so deprimierend. Und Miss Neville hatte ihre Malerei
gehabt.
Francesca
hoffte, dass sie noch lebte.
Sie verließ das Zimmer. Bragg gesellte sich im Salon zu ihr. »Die
Tür wurde jede Nacht von innen verriegelt und Mrs.
Holmes sagt, sie habe sie auch heute Morgen verschlossen gefunden,
als sie auf die Straße gelaufen ist, um Hilfe zu holen.«
Mrs. Holmes kauerte noch immer auf dem Sofa, schluchzend und nach
Luft ringend.
»Ich will diesen Verrückten fassen, bevor er wieder zuschlägt,
Bragg«, sagte Francesca grimmig.
»Ich auch«, gab er zurück. Er deutete auf das Fenster, wo
Catherine Holmes' Schaukelstuhl leer und verlassen dastand. Francesca sah, dass
das Fenster eingeschlagen und weit geöffnet war. »Hier ist er in die Wohnung
herein- und auch wieder hinausgelangt.«
»Warum hat er beim Verlassen nicht die Tür benutzt?«, wollte sie
wissen.
»Vielleicht wollte er kein zweites Mal im Hur gesehen werden«,
vermutete Bragg.
»Gibt es irgendeine Verbindung zwischen Catherine Holmes und der
Welt der Kunst?«, fragte Francesca weiter und hätte am liebsten hinzugefügt: Oder
meinem Bruder? Doch sie hielt sich zurück.
»Nein.«
Gleich darauf kam der Polizeichef mit langen Schritten zur Tür
herein. Er war ein Mann wie ein Löwe, überaus charismatisch, und sobald er
eintrat, dominierte er den Raum.
»Commissioner, Sir. Miss Cahill. Wie ich sehe, hat unser Würger
wieder zugeschlagen.«
Da Francesca Brendan Farr nicht mochte – er hatte nur allzu
deutlich gemacht, dass ihm ihre Beteiligung an den Ermittlungen missfiel –,
lächelte sie knapp und wandte sich dann ab, um sich im Zimmer nach weiteren
Spuren umzusehen.
»Entweder unser Mörder ist ein Wahnsinniger,
dem es dieses Gebäude angetan hat, oder Miss Holmes hat etwas gesehen, das sie
nicht sehen sollte«, erklärte Bragg. Er deutete zu ihrer Zimmertür hinüber.
Farr ging hinein, gefolgt von einem jungen Officer. Auch er kniete
nun neben der Leiche nieder und musterte sie, ohne sie anzufassen. Newman und
Hickey hatten ihre Durchsuchung des Salons beendet und konzentrierten ihre
Bemühungen nun
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