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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deadly 02 - Haus de Schande
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Vorhalle des Präsidiums, wo es – wie es für einen
späten Montagabend üblich war – relativ ruhig zuging: Ein Gentleman mit einem Zylinder brachte eine
Beschwerde vor, ein zerlumpter Zeitgenosse mit Löchern in der Hose wurde soeben
eingebuchtet, und ein oder zwei Telegrafen klickten. Die Gespräche wurden mit
gedämpften Stimmen geführt. In der Zelle hinter dem Tresen schlief ein
Betrunkener seinen Rausch aus. Georgette war in der Zelle daneben eingesperrt,
und als sie Bragg erblickte, stand sie auf und umklammerte die Gitterstäbe. Er
hatte eigentlich vorgehabt, sie zu ignorieren, doch stattdessen schwenkte er
aus einem Impuls heraus in ihre Richtung. »Wie lange kennen Sie Anthony schon?«
    »Ungefähr fünfzehn Jahre«, erwiderte sie und
fügte hinzu: »Mein einziges Verbrechen besteht darin, dass ich mich gut um Paul
gekümmert habe, Commissioner. Und Sean mag einiges auf dem Kerbholz haben,
aber er ist kein Mörder.«
    Bragg verriet ihr nicht, dass er zu der gleichen Ansicht gelangt
war. »Gibt es vielleicht noch irgendetwas aus jener Nacht, was sie mir nicht
erzählt haben? Jedes Detail könnte wichtig sein«, sagte er.
    »Nein, ich habe Ihnen bereits alles gesagt.
Ich habe Miss Cahill gebeten, die Leiche zu verstecken, weil ich solche Angst
hatte. Und als sie sich weigerte, da habe ich mich entschieden, davonzulaufen.
Ich weiß jetzt, dass das dumm war ...« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann
blinzelte sie plötzlich und riss die Augen weit auf. Offenbar war ihr etwas
eingefallen.
    »Was ist los?«, fragte er mit scharfer
Stimme.
    »Mir ist doch noch etwas eingefallen, aber
ich kann mir nicht denken, dass es von Wichtigkeit ist. Als ich mich aus dem
Haus geschlichen habe, habe ich Pauls Sohn gesehen. Ich kenne ihn nur vom
Ansehen und habe keine Ahnung, was er bei mir wollte, aber er ging den Flur
entlang in Richtung des Salons, wo Pauls Leiche lag. In dem Moment bin ich dann auch schon
aus dem Haus gerannt.«
    Ihre Worte versetzten Bragg umgehend in Hochstimmung. »Ich danke
Ihnen, Miss de Labouche«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
    »Wann werden wir freigelassen?«
    »Schon bald«, erwiderte er.
    Dann wandte er sich ab und eilte davon.
    »Sean Mackenzie ist ein polizeibekannter Schwindler und Betrüger«,
ertönte plötzlich eine Stimme neben ihm. »Wird man ihn wegen des Mordes an
Randall anklagen? Und wenn ja, warum? Welches Motiv hatte er?«
    Himmel noch mal, es war nach zehn, schliefen diese Geier denn
eigentlich nie? Bragg blickte zur Seite und erkannte den ausgesprochen lästigen
Reporter von der Sun – jenen Mann, der so oft vor seinem Haus am Madison
Square hockte, um dort in Braggs privaten und beruflichen Angelegenheiten herumzuschnüffeln.
    »Hier ist längst Feierabend«, erwiderte Bragg knapp. »Ich schlage
vor, Sie verlassen das Gebäude, bevor ich Sie hinauswerfen lasse.«
    Kurland grinste ihn an. »Die Stadt schläft
nie«, begann er.
    Bragg packte den Mann an der Kehle und
schleuderte ihn gegen die Wand. Kurland schrie auf, worauf ein Dutzend Polizeibeamte
herbeigeeilt kamen, die sich aber nicht einmischten. »Ich sagte, Sie sollen
gehen«, sagte Bragg und ließ den Mann los. Er war über sich selbst entsetzt.
Wie hatte er nur so die Beherrschung verlieren können? Es war ihm einfach nicht
gelungen, die plötzlich aufsteigende Wut in den Griff zu bekommen.
    Kurland war kreidebleich geworden. Er lockerte seinen Kragen und schnappte nach Luft. Schließlich sagte er:
»Vielen Dank, Commissioner. Genau das habe ich gebraucht. Wie ich sehe, bewähren
sich die Reformen in den Reihen unserer Polizei bereits auf ganz hervorragende
Weise.« Er grinste, doch dann schien ihm bewusst zu werden, dass er sein Glück
herausforderte, denn er erbleichte aufs Neue und machte sich rasch davon.
    Bragg stand stocksteif da und sah ihm nach.
Dieser Vorfall würde zweifellos am nächsten Tag in den Zeitungen aufgebauscht
werden. Verdammt! Der Bürgermeister würde eine Erklärung verlangen – und Bragg
hatte keine vernünftige auf Lager. Ein Polizei-Commissioner durfte
grundsätzlich niemanden tätlich angreifen – nicht einmal Kriminelle.
    »Da hat aber jemand ausgesprochen gute Laune«, ertönte plötzlich
die Stimme seines Halbbruders hinter ihm.
    Der hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt!
Bragg drehte sich um. Seine Männer hatten sich ohne ein Wort zu verlieren rasch
wieder verzogen – sie mieden ihn offenbar, als leide er an der Pest.
    »Was willst du, Calder?« Selbst in seinen eigenen

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