Brenda Joyce
andere Zeit gereist, in ein
vergangenes Jahrhundert.
Connie stieß ihr den Ellenbogen in die Seite.
Ihre Wangen waren gerötet.
Francesca
folgte dem Blick ihrer Schwestern und schluckte.
An einer der Wände hing ein Bild, auf dem sich eine lockige
Brünette inmitten zerknitterter weißer Seidenlaken sinnlich räkelte. Sie war nackt und hatte gerötete Wangen,
und ihre Körperhaltung überließ nur wenig der Phantasie. Der Künstler hatte
jeden Zentimeter ihres Leibes mit größter Genauigkeit und Sorgfalt
wiedergegeben, wenngleich ihre Lenden glücklicherweise bedeckt waren. Dennoch
war das Bild drastisch und schockierend.
Francesca
hatte etwas Derartiges noch nie gesehen.
Connie wandte sich ab, nahm in einem goldfarben bedruckten
Damastsessel Platz und faltete ihre Hände im Schoß.
Auch Francesca riss ihren Blick von dem Bild los
und sah zu Calder Hart hinüber, der Connie mit einem grüblerischen Blick
beobachtete. Francesca fragte sich, ob er wohl Vergnügen daran fand, seine
Gäste zu schockieren. Oder war er womöglich ein wahrer Kunstfreund, dem es
völlig egal war, was man von ihm dachte? Und warum baute sich ein Junggeselle
wie er ein solches Haus? Wie einsam er sich in diesem riesigen, exotischen
Palast fühlen musste, in dem ihm nur die Dienstboten Gesellschaft leisteten!
Calder Hart bemerkte, dass Francesca ihn
beobachtete, und deutete auf die Sitzgelegenheiten. »Nehmen Sie doch bitte
Platz.«
Francesca nickte und setzte sich neben ihre Schwester auf ein
kleines rotes Sofa mit burgunderfarbenen Zierkordeln, während Hart ihnen gegenüber in einem Lehnsessel Platz
nahm.
Francesca versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Seit sie Harts Villa
betreten hatte, war sie so abgelenkt gewesen, dass sie den Grund ihres Besuches beinahe vergessen hatte. Sie rief sich in
Erinnerung, dass sie zunächst einmal herausfinden musste, in welcher Beziehung
Mr Hart zu dem verstorbenen Paul Randall gestanden hatte.
»Also, Miss Cahill, wie kann ich Ihnen ...
und Ihrer Schwester ... helfen?«, fragte Hart. »Nachdem ich einen Blick auf Ihre sehr ungewöhnliche Visitenkarte werfen
durfte, nehme ich an, dass es sich nicht um einen Höflichkeitsbesuch handelt.«
Francesca und Connie wechselten einen Blick. »Nein, leider handelt
es sich nicht um einen Höflichkeitsbesuch.«
»Das stürzt mich in tiefe Verzweiflung«,
erwiderte Hart lächelnd.
»Nun,
vielleicht ein anderes Mal«, sagte Francesca.
»Ja,
möglicherweise habe ich ja einmal die Ehre, Sie und Ihre Schwester
zum Mittagessen ausführen zu dürfen. Vielleicht schon diese Woche?« Er stellte
die Frage, ohne dabei zu Connie hinüberzusehen.
Doch Connie war es, die antwortete, bevor Francesca überhaupt ein
Wort über die Lippen bringen konnte. »Das ist überaus freundlich von Ihnen, Mr
Hart, aber mein Terminkalender ist bereits voll.«
»Dann vielleicht nächste Woche?« Er schenkte ihr ein äußerst
charmantes Lächeln. Francesca war sich sicher, noch niemals zuvor einem Mann mit einer solchen Ausstrahlung begegnet zu sein,
zumindest noch keinem, der auf solch rücksichtslose Weise Gebrauch davon
machte.
»Ich werde einmal nachsehen, ob ich mich frei machen kann«, erwiderte
Connie betont freundlich, aber Francesca wusste, dass sie lediglich höflich
sein wollte und nicht die Absicht hatte, jemals mit ihrem Gastgeber zu speisen.
»Bitte tun Sie das«, sagte Hart, der offenbar nicht vorhatte, sich
von seinem Plan abbringen zu lassen. Dann wandte er sich Francesca zu. »Wie
kann ich Ihnen helfen?«
Francesca straffte die Schultern. »Ich habe kürzlich den Auftrag
einer Klientin angenommen, Mr Hart. Ihr Name lautet Miss Georgette de Labouche.
Sind Sie möglicherweise mit ihr bekannt?«
Falls er Miss de Labouche kannte oder ihr Name ihm in irgendeiner
Weise vertraut war, so ließ Calder Hart es sich nicht anmerken. »Nein, das bin
ich nicht. Worum geht es denn überhaupt?«
Francesca zögerte. Wie ginge sie wohl am geschicktesten vor? »Miss
de Labouche ist eine gute Freundin von Paul Randall. Wenn mich nicht alles
täuscht, sind Sie ein Bekannter des Gentlemans?« Francesca lächelte Hart an.
Er erwiderte ihr Lächeln nicht, und sein Tonfall wurde merklich
kühler. »Ja, ich kenne Randall«, sagte er.
»Und welcher Art ist Ihre Beziehung, wenn ich fragen darf?«, fuhr
Francesca eifrig fort. »Haben Sie geschäftlich mit ihm zu tun? Sind Sie
befreundet?«
Hart erhob sich. »Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Sie das
etwas angeht, Miss Cahill.«
Harts
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