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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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wichtigste: Behandelt diesen Prebor und seine Sippschaft wie eine Mutter ihren Säugling, denn solange sie in eurer Hand sind, wird es keiner seiner Freunde wagen, diese Burg zu belagern.«
    »Sei unbesorgt«, rief einer dazwischen. »Wir haben den Spitzbart schon richtig liebgewonnen.«
    Der Graf wartete, bis sich das Gelächter gelegt hatte. »Entzweit euch nicht und gehorcht Richolf«, sprach er weiter. »Uneinigkeit wäre euer sicherer Untergang. Belastet die Bauern nicht über Gebühr, denn bloß ein Narr schlachtet die Kuh, die er melken kann. Wenn ihr das beherzigt, seid ihr unbesiegbar. Im Herbst werde ich wieder nach euch sehen, und sobald es möglich ist, sende ich euch einen Geistlichen. Bis dahin gehabt euch wohl.«
    »Damit laß dir nur Zeit, Herr Graf! Oder schicke uns besser ein paar Nonnen.«
    Hinter Prebor, der sich ebenfalls von seinen Männern verabschieden wollte, begaben sich Gero und Konrad wieder nach draußen. Während der kurzen Ansprache des Sorben entstand unter den Gefangenen Bewegung. Einige sprangen sogar auf, wurden aber von den sie umringenden Kriegern mit der blanken Waffe wieder zum Sitzen genötigt.
    Sowie Prebor verschwunden war, erschienen auf dem Wehrgang die Frauen und warfen nacheinander Gepäckstücke auf die Brücke. Nannten sie den Namen des betreffenden Gefangenen, durfte sich dieser von seinem Sattel erheben, um das für ihn bestimmte Bündel aufzunehmen.
    Dies alles geschah fast lautlos. Niemand weinte oder schluchzte, niemand schimpfte oder klagte. Wortlos ließen die Frauen die Taschen oder Säcke fallen, wortlos trugen die Männer sie davon, und sogar die Kinder, die über die Brüstung schauten und winkten, taten dies schweigend. Selbst die sächsischen Krieger, die anfangs spöttische Bemerkungen gemacht hatten, verstummten allmählich.
    Zwei Tage später waren die beiden anderen Burgen gleichfalls besetzt. Zwar empfingen ihre Herren den Grafen nicht am Tor, ließen es jedoch angesichts der erdrückenden Übermacht ebensowenig wie Prebor auf eine Belagerung ankommen. Mit versteinerten Mienen lauschten sie Geros Bezichtigungen, bestritten, daß diese der Wahrheit entsprachen, und leisteten dann ohne weiteres Aufbegehren seinen Befehlen Folge. Auch ihre Krieger und deren Angehörige schickten sich nach kurzem Sträuben in die Trennung. Zuweilen hatte Konrad den Eindruck, als seien die Menschen auf das, was eingetreten war, gefaßt gewesen und insgeheim zufrieden, daß man sie, wie es ihnen scheinen mochte, noch glimpflich behandelte. Oder verhielt es sich so, daß sie Geros Zusicherungen trauten, weil sie an ein Mißverständnis glaubten?
    »Es ist weder das eine noch das andere«, meinte der Graf. »Der Slawe versteht es einfach besser als wir, sich mit dem Unvermeidlichen abzufinden; man muß ihm nur deutlich machen, daß das, was man von ihm fordert, wirklich unvermeidlich ist.«
    Beim ersten Morgenlicht ging es wieder heimwärts. Der Wind hatte sich gelegt und einen nahezu wolkenlosen Himmel zurückgelassen. In den zarten Duft sich öffnender Knospen mischte sich der Geruch erwärmten Holzes. Drosseln, verdorrte Halme in den Schnäbeln, huschten durch die Sträucher. Manchmal erklang das ›päng‹ einer abstreichenden Trappe, deren massiger Leib bald darauf über den Wiesen zu sehen war. Es knackte, raschelte, zwitscherte, gluckste – Frühling.
    Die halbgeöffneten Augen auf die Mähne seines Pferdes geheftet, döste Konrad vor sich hin. Hinter sich hörte er die Krieger murren. Seitdem sie aufgebrochen waren, schimpften sie in einem fort, doch ihnen über den Mund zu fahren, dazu fehlte ihm die Kraft. Der Anblick der Mägde in den Burgen hatte ihrem Neid auf die ehemaligen Räuber neue Nahrung gegeben, und da man befürchten mußte, daß sie, sowie er und der Graf sich niederlegten, die benachbarten Dörfer heimsuchen könnten, hatte er in den letzten Nächten kaum geschlafen. Die Stute, die seinen Zustand spürte, bewegte unruhig die Ohren.
    Hob er den Kopf, sah er die Gefangenen, die, ihre Gäule am Zügel führend, schwankend und keuchend vor ihm hertrotteten. Damit sie keine Fluchtversuche unternahmen, hatte man sie gezwungen, mit dem auf den Rücken geschnallten Gepäck einige Meilen zu rennen. Sooft Konrad zu ihnen hinschaute, erinnerte er sich an die stumm winkenden Kinder, und bei der Vorstellung, daß die Räuber noch am selben Abend über deren Mütter hergefallen waren, versetzte es ihm jedesmal einen Stich. Feinde waren für ihn bisher immer

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