Brennaburg
diese, wie sich alsbald erweisen sollte, zu noch schlimmerem Aufruhr verleitete.
In sonderbarem Gegensatz zu jener Langmut stand die Entschlossenheit, fast möchte ich sagen: Hast, mit welcher der König die Verhältnisse in Bayern nach seinen Vorstellungen zu ordnen trachtete. Sogleich nach Arnulfs Heimgang forderte er von dessen Sohn und Erben, daß dieser auf die Herrschaft über die Bayrische Kirche verzichten solle, ein Recht, das der selige König Heinrich einst, der Not gehorchend, dem Arnulf zugesichert hatte. Der neue Herzog und seine Brüder lehnten indes solches Verlangen nicht nur ab, sondern verweigerten dem König zudem die Huldigung. Um sie seiner Botmäßigkeit zu unterwerfen, fiel dieser hierauf zu Beginn des Jahres mit einem Heer in Bayern ein, mußte jedoch, da er die Empörer nicht bezwingen konnte, nach einigen Wochen unverrichteterdinge wieder abziehen.
Dieser Mißerfolg ermutigte die Unzufriedenen daheim, und namentlich Thankmar, der in seiner Verbitterung gewiß schon seit einiger Zeit auf Abfall sann, sah seine Stunde nun gekommen. Mit einer aus Franken und Sachsen gemischten Schar stürmte er die Burg Belecke, plünderte sie, führte seinen hier weilenden Halbbruder, den jüngeren Heinrich, fort und lieferte diesen gefesselt an Eberhard von Franken aus, mit dem er, wie man leicht errät, vermutlich längst im geheimen Bündnis war. Durch die rasche Beute keck geworden, besetzte Thankmar danach die Festung Eresburg und unternahm von dort aus bis in den Sommer hinein zahlreiche Raubzüge.
Als der König von diesen Freveln hörte, bot er eine gewaltige Streitmacht auf, zog mit ihr zur Eresburg und umgab diese mit einem Belagerungsring, worauf die Mitverschworenen des Thankmar, hoffend, dadurch des Königs Grimm zu besänftigen, eiligst die Tore der Burg öffneten. Thankmar aber, von seinen Gefährten verlassen und augenscheinlich besorgt, daß ihn der Übereifer der siegestrunkenen Kriegsleute, wie es dann auch geschah, das Leben kosten könne, floh in die dem heiligen Apostel Petrus geweihte Kirche. Dort stellte er sich neben den Altar, legte die Waffen und seinen Goldschmuck auf demselben nieder und harrte so des Bruders, darauf vertrauend, daß ihn dieser beschützen werde. Und sicherlich hätte er sich in dieser Erwartung nicht getäuscht.
Allein, es sollte anders kommen, denn die durch den schnellen Erfolg erhitzten Krieger, vor allem die Leute des jüngeren Heinrich, ließen nicht ab, ihn zu verfolgen. Begierig, die Schmach ihres noch immer gefangenen Herrn zu rächen, schreckten sie nicht davor zurück, die Tür einzuschlagen, gerüstet in die heilige Stätte einzudringen und den Flüchtling anzugreifen, wodurch sie ihn zwangen, sich zur Wehr zu setzen und dabei, so erzählt man, wahre Wunder an Tapferkeit zu vollbringen.
Aber nicht an mir ist es, sie zu rühmen: war es doch ein Tempel Gottes, in dem nun Kampfeslärm erscholl, Schimpfworte fielen und, als wäre es des Gräßlichen noch nicht genug, sogar Blut floß. Dies währte so lange, bis ein gewisser Maincia den unglücklichen Thankmar mit einem Speer durch ein an den Altar stoßendes Fenster meuchlings durchbohrte und so am geweihten Ort tötete.
Erst nachdem das geschehen war, erschien der König, und als er sah, was sich ereignet hatte, zürnte er den Männern wegen der rohen und übereilten Tat. Weil er sie, solange der Krieg tobte, jedoch nicht verstimmen durfte, verschloß er seinen Groll in sich, beklagte lediglich des Bruders Schicksal und gewährte ihm jene Vergebung, auf die der Lebende soeben noch gehofft hatte. Die fränkischen Anführer des Aufruhrs aber ließ er nach dem Gesetz ihres Stammes aburteilen und am Galgen sterben.
Hierauf lenkte er sein Heer gegen eine von Eberhards Vasallen besetzte Burg und bestürmte sie etliche Tage lang, ohne indes den Widerstand der Verteidiger brechen zu können. Da diese aber erkannten, daß sie allein gegen den König auf Dauer nichts auszurichten vermochten, baten sie endlich um Waffenruhe. Sie wurde ihnen zugestanden und von ihnen dazu genutzt, zu ihrem Herzog um Ersatz zu schicken. Es ließ ihnen dieser jedoch antworten, daß er ihnen vorläufig nicht helfen könne, worauf sie ohne ihre Waffen vor die Burg zogen und sich dem König ergaben.
Als nun Eberhard, durch Thankmars Tod seines Verbündeten beraubt, diese Kunde vernahm, schwand ihm aller Mut; er warf sich seinem Gefangenen, dem jungen Heinrich, zu Füßen, erflehte von ihm gnädige Fürsprache beim König, und
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