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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Männer gewesen, die verbissen kämpften und Schonung weder gewährten noch erwarteten. Erst in diesen Tagen war ihm so recht bewußt geworden, daß zu dem Feind, mit dem er es fortan zu tun haben würde, auch Kinder gehörten und daß er darauf nicht vorbereitet war.
    Als die Straße einen Bach überquerte, ordnete er eine Rast an. Die Sachsen füllten ihre Helme, tranken und säuberten sich. Da sich die Pferde am Morgen vollgesoffen hatten, waren danach die Gefangenen an der Reihe. Durch Gebärden gaben sie zu verstehen, daß sie vorher ihr Gepäck abzulegen wünschten. Schweren Herzens schlug Konrad es ihnen ab. Statt dessen befahl er den Kriegern, ihnen Wasser zu bringen, was jene bereitwillig taten. Schon unterwegs war ihm aufgefallen, daß sie die Sorben mit einem gewissen Wohlwollen behandelten. Vermutlich sahen sie in ihnen nicht nur Gefangene, sondern auch Leidensgefährten, die, ebenso wie sie, von denen betrogen worden waren, die sich inzwischen auf den Burgen mit den Frauen vergnügten.
    Ächzend waren die Gefangenen auf die Erde gesunken, wo sie sich, kaum noch einer Regung fähig, tränken und bespritzen ließen. Angesichts ihrer erschöpften und verbitterten Mienen überkam Konrad ein Gefühl von Trostlosigkeit. Jäh und ohne die wirklichen Gründe dafür zu kennen, waren diese Männer von den Ihren getrennt und verschleppt worden. Wie mochte einem da zumute sein? Die Hilfsbereitschaft der Krieger, die unermüdlich hin und her liefen und sie lachend mit Wasser begossen, mußte ihnen das, was geschehen war, noch unbegreiflicher erscheinen lassen …
    Er hörte Tritte und wandte sich um. Der Graf kam auf ihn zu. Die Anstrengungen der verflossenen Tage hatten ihm offenbar nichts ausgemacht. Seine dunklen Augen glänzten wie die eines jungen Mädchens, er hielt sich aufrecht, seine Bewegungen wirkten ruhig und bestimmt.
    »Was ist mit dir, mein Freund?« erkundigte er sich lächelnd. »Wie ein Sieger schaust du nicht gerade drein.«
    »Was ist das schon für ein Sieg, Herr Graf«, entfuhr es Konrad. »Wir sind so wenig Sieger, wie jemand ein Jäger ist, der einen toten Hirsch findet und nach Hause trägt.«
    Geros Lächeln erlosch. »Dir wäre es also lieber gewesen, sie hätten sich gewehrt?«
    Konrad zögerte. Ihm war, als sei dies nicht das, was er gemeint hatte, doch da er nicht wußte, wie er das, was er gemeint hatte, ausdrücken sollte, nickte er schließlich.
    »Das ist töricht«, sagte der Graf heftig, »ganz und gar töricht, zumal bei einem wie dir, der den Krieg nicht nur aus den Liedern der fahrenden Sänger kennt. Gott macht dir einen schwachen Feind zum Geschenk, und du, statt dafür dankbar zu sein, hast die Stirn, dich zu beklagen? Ich habe dich wahrhaftig für klüger gehalten, junger Mann.«
    Konrad verneigte sich schweigend. Um zu verbergen, wie sehr ihn die unverhoffte Zurechtweisung getroffen hatte, fragte er nach einer Pause in einem unbeteiligten Ton: »Wie viele Burgen gibt es eigentlich bei ihnen?«
    »Bei den Sorben? Die genaue Zahl vermag ich noch nicht zu nennen, weil sich die Angaben meiner Gewährsleute bislang widersprechen. Bereits jetzt ist aber sicher, daß es wenigstens fünfzig sein dürften. Nimmt man jene Stämme hinzu, die mir außerdem unterstehen, wird man wohl mit doppelt soviel rechnen müssen.«
    »Allmächtiger! Dann kann es ja Jahre dauern, ehe –«
    »Jahre? Ein ganzes Leben, sofern wir verfahren wie bisher. Die Burgen wollen ja nicht bloß erobert, sondern auch besetzt, oftmals sogar wiedererobert werden. Es wird, stelle ich mir vor, wie beim Schneeräumen sein: Anfangs spürt man keinerlei Widerstand, doch je mehr man vor sich herschiebt, desto mühsamer kommt man voran, solange, bis es nicht weitergeht. Dann heißt es überlegen.«
    Der Graf hielt inne.
    »Weißt du, was mir soeben auffällt?« fuhr er lebhaft fort. »Daß wir immer nur über die Burgen unserer Gegner reden. Ich finde es an der Zeit, auch einmal an uns zu denken. Ist es nicht eine Schande, wie ich hause? Bei Lichte besehen, kaum besser als ein Bauer! Und vor einem solchen Mann sollen sich Fürsten beugen? Man könnte es ihnen schwerlich verübeln wenn sie dieses Ansinnen als kränkend empfänden. Darum scheint es mir geboten, bevor ich weitere Burgen besetze, zunächst selbst eine zu bauen.«
    Er lachte kurz.
    »Sei unbesorgt, ich scherze natürlich. Wozu auch eine bauen, da es doch genügt, das, was mein Vater mir hinterließ, zu erneuern und zu vergrößern. Wir werden die alte

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