Brennaburg
hat, vorsichtiger und maßvoller zu Werke gehen sollte als einer, dessen Name bereits Schrecken verbreitet. König Heinrich hatte diesem Grundsatz stets gehuldigt und war deshalb zumeist darauf bedacht gewesen, nur soviel zu fordern, wie er mit Waffengewalt erzwingen konnte. Was aber äußere Ehren betraf, so befleißigte er sich allenthalben jener klugen Bescheidenheit, wie er sie schon, Du erinnerst Dich, am Anfang seiner Regierungszeit mit dem Verzicht auf die Salbung an den Tag legte.
Man betrachte nun den Sohn, der, noch bevor er die erste Schlacht geschlagen, bereits gelegentlich seiner Krönung aller Welt zu verstehen gab, wie er sein Königtum begreift: unter Mitwirkung der Herzöge zwar, doch wohl kaum, ohne deren Mißtrauen zu erregen. Mußte nicht das prunkvolle Zeremoniell bei ihnen den Vorsatz erzeugen, solch hohen Anspruch zu dämpfen, solange er lediglich Anspruch ist?
Mich dünkt, daß Otto seine Ziele allzufrüh offenbart hat, und nicht etwa durch Taten, sondern, das harte Wort will heraus, mittels einer eitlen Demonstration. Aber damit nicht genug, beging er auch Handlungen, die der selige König nach meinem Dafürhalten selbst auf dem Gipfel seiner Macht vermieden hätte. Niemals, davon bin ich überzeugt, hätte dieser den Frankenherzog auf solche Weise gedemütigt, sondern ihn zu stillem Ausgleich bewogen; es sei denn, er hätte vorgehabt, den Eberhard zum Aufstand zu reizen, um ihn hierauf desto leichter verderben zu können, was jedoch Ottos Absicht augenscheinlich nicht gewesen ist.
Ob König Heinrich Thankmar die erledigte Legatschaft zugewiesen hätte, vermag ich nicht zu sagen, möchte es freilich bezweifeln. Indes gilt wohl auch in diesem Fall, daß das, was der Vater dem Sohn verweigern durfte, der Bruder dem Bruder hätte vielleicht gewähren müssen. Doch sei es wie es sei: Mit Sicherheit hätte König Heinrich die überkommene Rangordnung respektiert und sich gehütet, einen Mann wie Graf Gero – mit welchem Talenten der immer gesegnet sein mag – so vielen Würdigeren vorzuziehen. Dieser unverständliche Mißgriff, der nicht allein dem armen Thankmar als eine Beleidigung erschienen sein mußte, hat der Einheit der sächsischen Großen, dem Unterpfand unserer Stärke, schweren Schaden zugefügt.
Es liegt etwas Unbedingtes im Charakter des jetzigen Königs, das mich für ihn und das Wohl der Sachsen bangen läßt. Alles, was ihn notwendig und erstrebenswert dünkt, möchte er sofort und ganz, wobei er zu meinen scheint, daß, wenn er bloß beharrlich genug ist, sich die Verhältnisse und Menschen nach seinen Wünschen richten werden. Nicht unbesonnen mag ich ihn deswegen nennen (das ist er keineswegs), doch von allzu großem, mangelnder Erfahrung geschuldetem Vertrauen in die Verführungskraft seiner Pläne.
Diese freilich sind so gewaltig, daß es mir, als er mich zum erstenmal von ihnen unterrichtete, schier den Atem verschlug. Denn nicht bloß, daß er die Befugnisse der Herzöge beschränken will, hat er sich auch noch vorgenommen, die Barbarenstämme jenseits unserer Ostgrenze dem Reich einzuverleiben. Ja, Teuerster, Du liest richtig. Ihre Fürsten will er entmachten, in ihre Burgen Besatzungen legen und, wenn das geschehen ist, diese Völker zum christlichen Glauben bekehren, so, wie es vormals Kaiser Karl mit unseren Vorfahren tat. Deshalb erkor er sich besagten Gero aus, von dem er sich offenbar verspricht, daß dieser die Slawen seiner Legatschaft rasch bezwingen werde. Doch wie Du weißt, lieben diese wilden und aufsässigen Menschen ihre Freiheit über alles. Darum sollten wir es zufrieden sein, wenn sie Ruhe bewahren und pünktlich den uns schuldigen Zins entrichten. Allein, nun ist es anders beschlossen.
Noch aus einem weiteren Grund fällt es mir schwer, diesem Vorhaben Beifall zu spenden. Wie Dir bekannt ist, übertrug mir der frühere König vor Jahren die Aufsicht über einen vornehmen Gefangenen, den Sohn und Erben des hevellischen Fürsten; mit der Bitte, jenen unablässig zu beobachten und so zu lenken, daß er dereinst, sobald sein Vater gestorben, als dessen Nachfolger und unser Bundesgenosse in die Brandenburg einziehen könne. Durchaus selbständig sollte er herrschen, frei in seinen Entschlüssen und durch keine anderen Bande als die des Glaubens und des Wissens um unsere Unbesiegbarkeit an uns gefesselt, und mit seinem Fürstentum gleichsam einen Wall zwischen den Stämmen des Südens und Nordens bilden.
So war es mit König Heinrich verabredet, und
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