Brennaburg
schließlich.
»Nein, Herr«, sagte Konrad, sich vom Anblick der Flamme losreißend, rauh, »das ist nicht alles. Denn du hast noch etwas übersehen. Diese Männer sind nämlich nicht deine Gefangenen; sie sind auch keine verirrten Reisenden, die dich um Obdach baten. Sie sind von dir selbst geladene Gäste.«
Der Graf runzelte die Stirn. »Der Gast ist unantastbar«, sagte er, in einem Ton, als erwarte er, jeden Augenblick unterbrochen zu werden. »Sogar an demjenigen, der mir den Vater erschlug, darf ich mich nicht vergreifen, solange er in meinem Haus zu Gast weilt. Ist es das, was du ausdrücken wolltest?«
Konrad nickte.
»Aber gerade darauf beruht doch mein Plan! Oder meinst du, sie begäben sich in meine Gewalt, hegten sie den kleinsten Zweifel, daß dies Band zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens auch für mich unzerreißbar ist? Gewiß, einmal zerschnitten, läßt es sich niemals wieder knüpfen. Wohlan, ich bin mir dessen bewußt!«
»So besinne dich doch, Herr Graf!« rief Konrad aus. »Nichts von dem vielen Guten, das du bewirkt hast, wird danach mehr zählen, und wenn man deinen Namen nennt, so nur im Zusammenhang mit diesem Betrug. All jene aber, welche dir dein Amt neiden, werden frohlocken.«
»Das ist dummes Zeug!«
Gero sprang auf, setzte sich jedoch sofort wieder.
»Wir stehen im Krieg, und im Krieg gibt es keinen Betrug, ebensowenig wie Raub oder Mord. Es gibt allein Sieg oder Niederlage. Kaiser Karl ließ bekanntlich Tausende unserer gefangenen Landsleute hinschlachten. Hat dies seinem Ruhm Abbruch getan? Nicht im geringsten. Ja, hätte er gegen unsere Ahnen den kürzeren gezogen, würden wir ihn heute verfluchen. Doch er blieb Sieger, und dem Sieger wird alles verziehen, zuweilen sogar von seinen Opfern. Was dünkt dich übrigens an meinem Vorhaben so abscheulich, daß du bangst, es könnte meinen Ruf für alle Zeiten schänden? Man erobert eine Burg und nimmt Geiseln; ich nehme zuerst Geiseln und die Burg danach. Am Ende läuft es, wie du siehst, fast aufs selbe hinaus.«
»Und wenn Blut fließt, Herr Graf?«
Gero hob die Hände. »Hast du bedacht, wieviel Blut in dem Krieg fließen würde, den wir ansonsten führen müßten? Zahllose Menschen würde er verschlingen, Menschen, die uns im Kampf gegen die Ungarn fehlen werden. Ihr Leben mit dem eines Barbarenhäuptlings zu erkaufen, dies scheint mir, wenn denn ein solcher Handel nicht zu vermeiden ist, kein zu hoher Preis zu sein. Doch dazu«, schloß er, »muß es ja nicht kommen. Du, dem das Wohl unserer Gäste so wichtig ist, wirst es, dessen bin ich sicher, zu verhindern wissen.«
»Ich, Herr? Wieso ich?«
»Ja, du! Oder was glaubst du, weshalb ich die Einzelheiten meines Planes vor dir ausgebreitet habe? Lediglich, um zu erfahren, ob er vor deinem geschätzten Urteil zu bestehen vermag?«
Gero kräuselte spöttisch die Lippen.
»Graf Christian wird die Räuber abholen und ihnen ihre Aufgabe erläutern. Du aber, ganz allein du, wirst den Überfall befehligen und hierauf sie sowie die Gefangenen bis an das Ziel ihrer Reise begleiten. Wenn du nach zwei Tagen zurückkehrst, wirst du berichten, daß du die Bande weit ins Slawenland hinein verfolgt, jedoch schließlich ihre Spur verloren hättest.«
Ohne ein einziges Mal zu blinzeln, hatte Konrad dem Grafen zugehört. »Bitte«, würgte er hervor, »fordere das nicht von mir.«
»Ich begreife nicht.«
»Herr Graf, ich flehe dich an, beauftrage damit einen anderen.«
»Weshalb?«
»Ich kann es nicht, Herr!« Konrad preßte die geballten Fäuste gegen die Schläfen. »Befiehl mir, unbewaffnet die Brandenburg zu stürmen, und ich werde es tun. Doch dies …« Er schüttelte sich.
Gero öffnete den Mund, als wollte er reden, schloß ihn dann aber wieder. Langsam stand er auf, verschränkte die Arme und begann, im Zimmer hin und her zu laufen, wobei er zuweilen vorwurfsvoll auf seine Füße herabschaute; anscheinend reizte ihn das Knarren der Dielen. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich um.
»Erinnerst du dich an das, was ich zu dir sagte, als ich dich in eben diesem Raum zum Anführer meines Gefolges ernannte? Ich sagte, daß ich gezwungen sein könnte, gegen die Slawen auf eine Weise zu kämpfen, zu der ich mich gegenüber Christen selbst in der höchsten Not nicht herbeilassen würde, und ich fragte dich, ob ich unter allen Umständen auf dich zählen dürfe. Entsinnst du dich deiner Antwort?«
Konrad nickte.
»Wiederhole sie!«
»Ich antwortete, daß mein Leben
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