Brennaburg
ist. Acht sind es, oder irre ich mich?«
»Sieben, Herr Graf«, entgegnete Konrad mit belegter Stimme. »Einer von ihnen floh bereits im Januar.«
»Richtig … Ihre Aufgabe wird es sein, sich während des Rittes um die Gefangenen zu scharen und sich dabei so zu betragen, daß diese zu dem Schluß kommen müssen, ihre Bewacher seien auch Slawen. Den übrigen sollte man ins Gedächtnis rufen, daß uns jene Völker die ›Stummen‹ nennen, und ihnen bei Strafe des Verlustes ihrer Zungen Redeverbot auferlegen. Endlich wird man, bevor sich der Trupp nach Süden wendet, einem der Sorben die Flucht ermöglichen, so daß die Kunde von dem Anschlag rasch Verbreitung findet.
Auch im Kerker wird man die Häuptlinge im Glauben belassen, von Slawen verschleppt worden zu sein. Die Gefangenschaft hat einzig zum Ziel, den Heveller zu bewegen, einer Besetzung seiner Hauptburg zuzustimmen. Zeigt er sich einsichtig, wird man ihm gestatten, unter seinen Gaufürsten einen auszuwählen, von dem er meint, daß man in der Brandenburg auf ihn hören und seine Anweisungen unverzüglich befolgen wird. Wir werden diesen Mann weitab vom Ort seiner Gefangenschaft freilassen und, sobald er mit der Nachricht zurückkehrt, daß der Handel stattfinden kann, alles Notwendige veranlassen. Sollte der Fürst indes hart bleiben oder seinen Landsleuten die Burg wichtiger sein als sein Wohlergehen, ist für uns noch keineswegs alles verloren; schließlich können sich die Heveller ja nicht so verhalten, als ob sich gar nichts ereignet habe. Sie werden ihre Nachbarn verdächtigen und sich dadurch unvermeidlich mit einigen von ihnen entzweien; vielleicht kommt es sogar zu einem Krieg. Wie auch immer: Wir werden warten, bis sie sich eine Blöße geben, und dann unter dem Vorwand, den Frieden in meinem Amtsbereich wiederherzustellen, die Festung besetzen.«
Er hielt inne.
»Wie du bemerkst, bin ich bestrebt, alles in Betracht zu ziehen, das mein Vorhaben durchkreuzen könnte. Glaubst du jedoch, ich hätte etwas außer acht gelassen, so sage es mir.«
Konrad hatte dem Grafen mit gesenktem Kopf gelauscht, und auch jetzt, da dieser schwieg, schaute er nicht auf.
»Dein Plan ist klug ersonnen«, sagte er nach einer Weile. »Trotzdem bezweifle ich, daß er gelingen kann.«
»Warum?«
»Die Gefolgsleute der Fürsten werden in dem Gebäude auf der Wiese schlafen. Da ich es errichtet habe, weiß ich, daß dort, zumal in der Nacht, beinahe jeder Laut auf dem Hof zu hören ist. Sollte es nur einem einzigen unserer Gäste glücken, um Hilfe zu rufen, hätten wir es mit an die dreihundert Bewaffneten zu tun.«
»Sei unbesorgt: Es würden nicht einmal hundert sein«, entgegnete der Graf. »Ich habe die Häuptlinge gebeten, mich nicht durch ein zu zahlreiches Gefolge in Verlegenheit zu setzen. Hierauf erhielt ich von ihnen die Zusage, daß nach Überschreiten der Grenze jeder von ihnen nur noch zwei Knechte mit sich führen wird. Den Schutz ihrer Sicherheit werden dann wir übernehmen. Während der Nacht wird Graf Christian mit seinen Leuten die Scheune umstellen. Sollte eintreten, was du befürchtest, werden sie beim ersten Anzeichen das Tor mit Pfeilen beschießen. Am folgenden Morgen werden wir die Slawen einladen, sich an der Suche nach den Entführern zu beteiligen.« Er musterte Konrad, und als dieser nichts entgegnete, fügte er hinzu:
»Habe ich deine Bedenken damit zerstreut?«
Konrad blickte starr an ihm vorbei. Ohne auf Geros Frage zu antworten, sagte er barsch: »Übrigens dünkt es mich sträflicher Leichtsinn, die Bewachung der Gefangenen ehemaligen Räubern anzuvertrauen. Schließlich ist dem Gesindel bekannt, was diese Männer wert sind; es könnte deshalb versucht sein, sie gegen eine hohe Belohnung an ihre Landsleute zurückzugeben.«
Diesmal blieb der Graf lange stumm. In seinem Gesicht zuckte es, die glänzenden dunklen Augen waren schmal geworden. »Glaubst du, sie wären dazu fähig?« sagte er nach einer Weile schwer atmend.
»Was könnte sie daran hindern?«
»Die Angst vor uns. Leute wie sie ähneln Tieren: Sie halten es mit dem, der sie füttert, vorausgesetzt, er läßt sie ständig spüren, daß er der Stärkere ist. Und sie wissen, ich bin der Stärkere.«
»Das bist du, Herr Graf. Doch dort, wo sie gegenwärtig sind, könnten sie es leicht vergessen.«
Es entstand eine Pause, während derer beide wie auf Verabredung zu der brennenden Fackel schauten.
»Ist das alles, was du vorzubringen hast?« bemerkte Gero
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