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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Tode Verurteilten den Schwertstreich empfangen?« fuhr er nach einer Pause fort. »Aber nein, wie solltest du; diejenigen, mit denen wir es zu tun hatten, wurden ja gehenkt. Doch ich versichere dir, es ist so. Viele schmiegen sich förmlich an den Richtblock, während sie sich selbst bei geringfügigen Leibesstrafen in der Regel bis zuletzt sträuben. Offenbar trennt sich der Mensch leichter von seinem Kopf als auch nur von einem Arm. Überhaupt«, sprach er weiter, »ist der menschliche Kopf ein seltsames Ding. Er kann nicht morden, nicht stehlen, nicht brandschatzen, und dennoch hat jedes Übel, das einem Menschen zufügen, in ihm seinen Ursprung. Will man sich vor ihnen schützen, hält man sich darum am zweckmäßigsten an ihre Köpfe: Ein Hieb, und die Gefahr ist gebannt … Du fragst dich gewiß, worauf ich hinauswill«, fügte er mit einem kleinen Lachen hinzu.
    »In der Tat, Herr Graf«, gab Konrad zu.
    »Nun, so laß mich zunächst feststellen, daß wir bis zur Stunde gegen diese einfache Wahrheit freveln. Wir gleichen einem Mann, der seinem Feind einen Finger abhackt, ein Ohr abschneidet, einen Zahn ausbricht und was solcher Wohltaten mehr sind. Dabei weiß unser Mann, daß ihm der andere nach dem Leben trachtet – jetzt, da er ihn verstümmelt hat, noch zielstrebiger als vorher. Zudem muß er damit rechnen, daß sein Gegner nicht warten wird, bis er ihn sämtlicher Gliedmaßen beraubt hat. Und trotzdem macht er auf diese Weise weiter.«
    Konrad kniff die Augen zusammen. »Der Kopf«, erwiderte er langsam, »wer ist der Kopf?«
    »Ich sehe, du fängst an zu begreifen.«
    Gero lächelte flüchtig.
    »Ja, der Kopf, wer mag das sein? Der Herr der Brandenburg natürlich. Er ist der mächtigste Fürst unseres Gebietes, genaugenommen der einzige, der diese Bezeichnung verdient. Er und seine Sippe regieren zehn Stämme, und solange er nicht unterworfen ist, können wir keiner unserer Eroberungen wirklich sicher sein. Oder anders herum: Gelingt es uns, die Brandenburg in unsere Gewalt zu bringen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die übrigen Völker ebenfalls vor uns beugen.«
    »Du willst die Brandenburg besetzen?«
    »Selbstverständlich will ich das. Ich wollte es immer.«
    »Und wann? Noch in diesem Herbst?«
    Gero kräuselte den Mund. »Man merkt, daß du dieses Bauwerk noch nie gesehen hast; andernfalls wäre dir das, was du mich soeben gefragt hast, wohl kaum so leicht von den Lippen gegangen. Die Heveller werden sich zudem kein zweites Mal überraschen lassen. Ich bin unterrichtet, daß sie die Besatzung verstärkt und so viele Lebensmittel angehäuft haben, daß sie uns mühelos einen Winter lang trotzen können. Ich will die Burg, belagern werde ich sie indes nicht.« Er strich sich über den Bart. »Geschenkt kriegen werde ich sie freilich auch nicht. Was also bleibt?«
    Konrad bewegte hilflos die Schultern. Was ging hier eigentlich vor? Soeben hatte Gero noch mit Grabesstimme verkündet, daß er auf sein Amt verzichten wolle, da stellte sich auf einmal heraus, daß er die Brandenburg in seinen Besitz zu bringen gedachte und, so ließ sein zuversichtlicher Tonfall vermuten, dafür sogar schon einen Plan entwickelt hatte. Oder hatte er ihn mißverstanden?
    Unvermittelt sprang der Graf auf, lief zum Fenster, öffnete die Läden und schaute hinunter.
    »Wie du sicherlich bemerkt hast, bin ich in den letzten Wochen nicht untätig gewesen«, sprach er, nachdem er sie wieder geschlossen hatte, weiter.
    »Ich habe Gesandtschaften losgeschickt – zu den Hevellern, aber auch zu den Citici, Nudzici, Neletici und Siuslern, mit der Aufforderung, den Treueeid, den sie einst Graf Siegfried geleistet haben, auf mich zu übertragen und sich zu diesem Zweck zu mir zu begeben. Im Grunde sollen sie nur bekräftigen, wozu sie Botschaften des Königs bereits im verflossenen Jahr verpflichtet hatten, nämlich, mich als seinen Legaten anzuerkennen. Ich begründete meinen Wunsch damit, daß die häufigen Überfälle eine Erneuerung des Gelöbnisses notwendig machten, und fügte hinzu, daß ich eine Weigerung als aufrührerische Handlung betrachten würde. Um mich kurz zu fassen: Alle, die ich eingeladen hatte, richteten mir aus, daß sie kommen würden. Was den Brandenburger betrifft, so erhielt ich gestern die Meldung, daß er mit sämtlichen Gaufürsten anreisen wird. Es scheint, als ob sich die Art, in der ich mit den Colodici verfahren bin, ausgezahlt hat.«
    »Wann werden sie bei uns eintreffen?«
    »Am Tag

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