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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Zwetschgen. Der Leckerbissen wurde lautstark begrüßt, dennoch war zu spüren, daß das Fest den Höhepunkt überschritten hatte. Immer häufiger wankten die Männer hinaus, um ihre Notdurft zu verrichten oder sich zu erbrechen. Blaß kehrten sie zurück, manche von oben bis unten beschmutzt. Die Gespräche erstarben, man aß und trank ohne Gier, viele hielten sich nur noch mühsam aufrecht. Ab und zu geschah es, daß jemand, der eingedöst war, mit der Stirn auf die Tischplatte schlug. Dann ertönte träges Gelächter.
    Während die Tafelnden lustlos die Bratenstücke verspeisten, trat eine ältere Magd zu Konrad und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte. Kurz darauf kamen die Frauen mit Schalen, auf denen sich Pasteten und Pfannkuchen befanden. Nachdem sie diese abgestellt hatten, füllten sie noch einmal die Weinkannen, wechselten die Fackeln aus und schlossen die Fensterläden. Hierauf entfernten sie sich knicksend.
    Ratibor spähte zu Liub und erkannte an dessen Miene, daß sie in diesem Moment beide dasselbe fühlten. Die Kehle wurde ihm eng. Um seine Erregung zu dämpfen, ergriff er seinen Becher und leerte ihn bis zur Neige. Danach biß er in eine Pastete. »Das ist Rebhuhn, Herr«, hörte er Konrad sagen.
    Abermals betrachtete er die drei Sachsen. Wie ihre Gäste vermochten auch sie kaum mehr gerade zu sitzen, auch ihre Gebärden waren von Erschöpfung gezeichnet, auch sie preßten zuweilen die Hände gegen die von Blähungen erschütterten Bäuche. In den Augen der zwei Grafen jedoch war keinerlei Überdruß, sondern die unbeirrbare Wachsamkeit von Leuten, die sich durch nichts von ihren Zielen abbringen ließen. Anders hingegen der junge Gefolgsmann. Einmal stierte er teilnahmslos vor sich hin, gähnte verstohlen und schien nur noch den Wunsch zu haben, endlich schlafen zu dürfen. Dann wieder fuhr er jäh zusammen, reckte sich und blickte unruhig blinzelnd in die Runde. Der Bursche hatte Ratibor von Anfang an gefallen. Eine natürliche Hilfsbereitschaft ging von ihm aus, die frei schien von Unterwürfigkeit oder Berechnung. Die Fähigkeit, sich zu verstellen, gehörte vermutlich nicht zu seinen Stärken. Wenn er wußte, daß ein Anschlag gegen sie geplant war, würde er sich während eines Gespräches sicherlich rasch verraten.
    »Du bist noch sehr jung«, wandte sich Ratibor an ihn. »Trotzdem bist du schon ein Anführer. Wie ist das möglich?«
    Der Blonde richtete sich auf. »Da solltest du dich wohl besser bei meinem Herrn erkundigen«, erwiderte er deutlich verlegen.
    »Er wird mir antworten, daß du sehr tapfer bist. Bestimmt hast du bereits viele Feinde getötet.«
    »Keineswegs, Herr. Ich könnte sie an den Fingern einer Hand aufzählen. Nein, ich bin kein großer Krieger.«
    »Dann bist du gewiß sehr klug.«
    »Ich weiß es nicht.« Der Bursche hob die Schultern. »Nein, Herr, ich glaube, es ist etwas anderes. Wenn ich einsehe, daß eine Arbeit notwendig ist, dann mache ich sie, einerlei, ob sie mir gefällt oder nicht. Ich mache sie so, als ob sie mir gefiele. Man kann sich auf mich verlassen.«
    »Aha. Und was ist notwendig?«
    »Was? Nun, vieles.« Konrad lachte. »Du stellst aber seltsame Fragen, Herr.«
    »Verzeih. Ich werde schweigen.«
    »Nein doch, Herr! Ich muß dich um Verzeihung bitten. Meine Bemerkung war ungebührlich. Nun, zum Beispiel war es notwendig, jenes Gebäude auf der Wiese zu bauen, in dem eure Leute untergebracht sind. Ich habe es getan. Das heißt, ich habe die Arbeit beaufsichtigt.«
    »Oh! Dann darf man dich also einen Baumeister nennen.«
    »Wenn du mir schmeicheln willst«, entgegnete Konrad vergnügt.
    »Du nimmst an, ich will dir schmeicheln?«
    »Wo denkst du hin, Herr!« wehrte der Blonde erschrocken ab. »Das war natürlich nur ein Scherz. Ich weiß, eigentlich gehört es sich nicht, so zu dir zu reden. Doch es ist ziemlich ungewöhnlich, daß sich jemand wie du mit einem wie mir auf diese Weise unterhält. Da vergißt unsereins leicht, was sich schickt.«
    »Warum entschuldigst du dich?« beschwichtigte ihn Ratibor. »Ein Scherz ist nichts Schlimmes. Bei uns sagt man: Spaß ist Dampfbad für die Seele … Ich werde dir erklären, weshalb ich diese Fragen stelle. Ich habe ebenfalls einen jungen Mann auf meiner Burg, ungefähr so alt wie du. Er ist mutig, stark und gewandt, seine Kameraden gehorchen ihm. Daher meine ich, daß ich ihn … wie heißt es bei euch? Erhöhen, ja?«
    »Ja.«
    »Also, ich möchte ihn erhöhen.«
    »Und ist er dir

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