Brennaburg
ergeben?«
»Siehst du, das ist, was ich nicht weiß. Ich glaube, er ist anders als du. Gefällt es ihm, was er machen soll, macht er es gut. Gefällt es ihm nicht, muß ich schreien oder ihn schlagen.«
Konrad wiegte den Kopf. »Ich verstehe, Herr. Falls ich dir einen Rat geben darf: Erhöhe ihn nicht, du würdest es sonst bald bereuen. Daß er tüchtig ist, genügt nicht, er muß dich lieben. Nur dann kannst du sicher sein, daß er die Macht, die du ihm überträgst, stets zu deinem Vorteil gebraucht.«
Ratibor tat, als überlege er. »Ja, ich meine auch«, sagte er schließlich. »Ich danke dir, du hast mir sehr geholfen … Und du liebst deinen Herrn?«
»Ja«, bestätigte Konrad nach einem winzigen Zögern.
»Warum liebst du ihn?«
»Er ist gerecht. Er tut nichts Unrechtes.«
Ratibor lächelte. »Wie du von ihm sprichst! Ich beneide ihn. Wenn du ihn so liebst«, fuhr er fort, »hat es dich gewiß sehr gekränkt, was Fürst Pribislaw vorhin sagte. Ich meine, daß wir schlecht von euch gedacht haben.«
Der Blonde verfärbte sich. »Aber nein«, erwiderte er, nach unten schauend, »warum sollte mich das kränken? Du hast ja gehört, was der Graf sagte; er hätte an eurer Stelle gleichfalls Zweifel gehabt. Wer vermag schon jemandem ins Herz zu sehen.«
»Das ist wahr«, murmelte Ratibor. Er lehnte sich zurück und begegnete den glänzenden Augen Geros, der ihn, das Kinn in die Hand gestützt, offenbar bereits seit längerem musterte. Es war ein versonnener Blick, kühl, aber nicht unfreundlich; sogar eine Spur Bedauern lag darin. Wozu strengst du dich an, schien er auszudrücken, du kriegst es sowieso nicht heraus. Und selbst wenn du es schafftest, würde es dir nichts nützen. Mache es also wie die anderen und warte, bis deine Stunde heran ist.
Von draußen drangen die Stimmen der Mägde herein, die sich aus der Küche in das Gesindehaus begaben. Ein Hahn krähte, ein zweiter antwortete ihm aus der Ferne. Ratibor goß seinen Becher voll, und ihn in kleinen Schlucken leerend, spürte er bald, wie er ruhiger wurde. Jawohl, befahl er sich, nimm dir an ihnen ein Beispiel. Sollte es uns beschieden sein, wieder heimzukehren, werden sie von einem gelungenen Fest berichten können, kommt es, wie du befürchtest, sterben sie im Rausch. Du hingegen quälst dich bis zum Schluß. Hast sie immer ein bißchen verachtet, doch im Grunde bist du dümmer als sie. Und eitel obendrein. Warum hast du dich dazu hinreißen lassen, vor diesem Liub deine geheimsten Gedanken auszusprechen? Weil du es nicht verwinden konntest, was dir Miloduch an den Kopf geworfen hatte. Sogar vor dem Tod mußt du dir beweisen, daß du klüger bist als sie. Ja, ich habe dich durchschaut, Freundchen. Doch nun wirst du vernünftig sein. Trink, solange man dir dazu noch Zeit läßt, das ist nämlich das einzige, was dir geblieben ist.
Wie viele Becher er in sich hineingeschüttet hatte, wußte er nicht mehr. Ein Schleier legte sich vor seine Augen, ihm wurde leicht und fröhlich zumute. Irgendwann vernahm er ein Klopfen, die Tür zum Hof ging auf, und ein untersetzter Mann kam herein. Der dichte schwarze Bart reichte ihm fast bis zu den Lidrändern, so daß es den Anschein hatte, als sei er maskiert.
»Entschuldige die Störung, Herr Graf«, sagte er mürrisch. »Aber dort hinten brennt es.«
»Wo?«
»Ungefähr dort.« Der Bärtige zeigte mit dem Daumen zur Tür. »Es muß bei Hatto sein.«
»Und weshalb behelligst du mich damit? Wenn es Hatto ist, bei dem es brennt, würde ihm jetzt, da das Feuer bis zu uns zu sehen ist, unsere Hilfe nichts mehr nützen. Das weißt du ebensogut wie ich.«
»Es könnte auch ein Überfall sein.«
»Ach was, male nicht gleich den Teufel an die Wand. Sieh du es dir an«, wandte sich Gero an Konrad, »und sag mir dann, wie du darüber denkst.«
Der Blonde regte sich nicht, nur seine Lippen zitterten kaum merklich. »Jawohl, Herr Graf«, entgegnete er schließlich, erhob sich schwerfällig und verließ mit dem Bärtigen den Raum.
»Seid unbesorgt, ihr Herren«, sagte Gero, abwechselnd zu Ratibor und Pribislaw blickend, »wäre es tatsächlich ein Überfall, hätte uns Graf Christian längst alarmiert.«
Ratibor antwortete ihm nicht. Seine Augen wanderten über die Gesichter der anderen. Befriedigt stellte er fest, daß der Schleier, der sie und ihn trennte, nicht gerissen war. Zugleich fühlte er, wie sich tief in ihm etwas Kaltes ballte. Er füllte Wein nach und trank. Doch der kalte Klumpen wuchs weiter.
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