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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Seine Stimme klang kräftig, in den wäßrigblauen, fast kindlich klaren Augen war keine Spur von Trunkenheit oder Erschöpfung.
    »Die Sachsen haben behauptet, daß ein Gehöft in der Umgebung gebrandschatzt worden wäre und daß sie den Bewohnern zu Hilfe eilen müßten«, stieß Ratibor hervor. »Wie –«
    »Das tut mir leid für sie«, fiel ihm Pribislaw ins Wort.
    »Du solltest dir lieber selbst leid tun«, erwiderte Ratibor, vor Wut erbleichend. »Begreifst du wirklich nicht? Wenn wir sie fortlassen, sind wir verloren.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Daß man uns während ihrer Abwesenheit überfallen wird.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Ich erkläre es dir später. Jetzt ist dazu keine Zeit. Wir müssen den Grafen unverzüglich als Geisel nehmen, unsere Leute holen und verschwinden.«
    Liub sprang auf. »Glaubt ihm, ihr Herren, er hat recht!« Er faßte seinem linken Nachbarn unter die Achsel, riß ihn hoch, zerrte ihn zu einem der hinter ihnen stehenden Bottiche und tauchte den Kopf des überrumpelten Mannes unter Wasser.
    Ein Scharren ertönte, dann ein dumpfer Aufschlag. Pribislaw hatte sich erhoben und dabei den Stuhl umgeworfen. Sein Mund klappte auf, der von geronnenem Fett steife Bart zitterte. »Was redet ihr da, ihr Schufte?« brüllte er. »Unseren Gastgeber gefangennehmen, in seinem eigenen Haus? Ja, seid ihr denn von Sinnen?«
    Er schnellte herum.
    »Du wagst es, mir solch einen Rat zu geben?« fuhr er Ratibor an. »Sei sicher, das werde ich dir nicht vergessen. Als ob du mich noch nicht genug gequält hast, du mit deinem ewigen Argwohn. Ganz krank bin ich durch dich geworden. Bist es nicht wert, dich einen Fürsten zu nennen.«
    Für einen Augenblick war es totenstill, dann setzte ein ohrenbetäubendes Getöse ein. Die Männer schwangen ihre Fäuste, hieben auf den Tisch, stampften auf die Dielen, und selbst diejenigen, die schon so bezecht waren, daß sie nicht mehr verstanden, worum es ging, taten mit.
    »Ja, laß uns in Frieden!« hörte Ratibor sie schreien. »Eine Schande ist es, was du uns da empfiehlst! …« Er fühlte, daß sich jemand in seinen Gürtel krallte. »Gib endlich Ruhe, du Verrückter!« zischte ihm der Mann zu. »Ansonsten wirst du es bereuen.«
    Ratibor riß sich los. Er lief zu seinem Stuhl, ließ sich darauf nieder und barg das Gesicht in den Händen. Zwischen den gespreizten Fingern hindurch beobachtete er, wie Liub den Körper seines anscheinend hoffnungslos betrunkenen Opfers zurück zu dessen Platz schleifte.
    Auf einmal wurde das Stimmengewirr leiser. Ein Räuspern ertönte, und durch den Raum wehte Zugluft. Am Eingang lehnte, einen Helm auf dem Kopf, der Bärtige. »Wir reiten jetzt los, Herr«, sagte er. »Versäumt nicht, nach unserem Aufbruch das Tor zu verriegeln. Die Gabeln, die euch der Graf versprach, stehen am Brunnen. Frische Fackeln findet ihr in einem Korb dort hinter der Tür. Laßt euch die Zeit nicht lang werden.«
    Die Hufschläge entfernten sich. Sowie sie verklungen waren, stand Ratibor auf.
    »Wohin willst du?« erkundigte sich Pribislaw finster.
    Ratibor beachtete ihn nicht. Er ging zur Tür, öffnete sie und verharrte. Liub und die beiden anderen Neletici, die ihm gefolgt waren, drängten ebenfalls ins Dunkel.
    »Und was tun wir nun?« fragte Liub.
    »Einer von uns muß sofort die Leute herholen. Alle. Es wird nicht leicht sein, anscheinend schlafen sie bereits. Wer weiß, in welcher Verfassung sich die meisten befinden.«
    Liub hustete.
    »Ich werde gehen«, sprach Ratibor weiter. »Bringe du inzwischen die Unseren dazu, Wachen aufzustellen. Nimm deine ganze Beredsamkeit zusammen.«
    »Nein, es ist wohl besser, ich gehe«, entgegnete Liub. »Von denen da drin gehorcht mir ja doch niemand.«
    »Demnach wäre es einerlei, wer von uns beiden hierbliebe.« Ratibor lächelte flüchtig. »Also gut, versuche es. Höre zu: Unser Mann heißt Krik. Berufe dich auf mich; er ist willig und wird sich nicht widersetzen. Was die anderen betrifft, so behaupte, daß eine große Bande in der Nähe sei. Laß sie aber nicht zu groß sein. Über unseren Verdacht vorläufig kein Wort.«
    Er begleitete Liub zum Tor, schloß es, und nachdem dessen Schritte verhallt waren, kehrte er zum Haus zurück. Vor der Tür standen acht Männer, fünf Sorben und drei Heveller. Erstaunt gewahrte er, daß sie bewaffnet waren.
    »Wo schleichst du denn herum?« rief ihm Miloduch zu. »Hast du etwa vor, den Hof allein zu verteidigen?«
    »Sprich nicht so laut!«
    »Wo ist

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