Brennaburg
sprengen. Das Schwert mit beiden Händen umfassend, hieben sie blindlings um sich. Die Klingen pfiffen, Fleischfetzen, Holz- und Lederstücke flogen umher, und in das widerliche Geräusch aufeinanderprallenden Eisens mischte sich das grausige Heulen der Verletzten.
Als die Sachsen den Ansturm abgewehrt hatten, waren noch an die zwei Dutzend von ihnen unversehrt oder nur leicht verwundet. Ihnen standen sechs vereinzelt kämpfende Männer gegenüber. Drei wurden eingekreist und niedergemacht, den übrigen glückte es, mit dem Rücken an die Wand zu kommen.
Einer hatte sich in seinen Widersacher verkrallt und versuchte, ihm die Gurgel durchzubeißen. Von einem Axthieb getroffen, stürzte er mit zerschmetterter Hüfte zu Boden. Ein langmähniger Sachse sprang ihm auf den Leib, stampfte wie besessen auf ihn ein. Der Mund des Verwundeten klappte auf. Kein Laut kam heraus, die Zunge wirbelte.
Dem jungen Siusler wurde der Bauch aufgerissen. Während er die herausquellenden Därme mit der Linken festhielt, focht er mit der Rechten unablässig brüllend weiter, so lange, bis ihm jemand den Schädel spaltete.
Miloduch, über und über mit Hirn bespritzt, verteidigte sich mit weitausholenden Schwertstreichen, schlitzte einem Angreifer den Hals auf und hieb einem anderen oberhalb des Knies das Bein durch. Von einem Blutstrahl geblendet, rieb er sich die Augen, da zermalmte ihm ein Schlag die Kinnlade.
Zersplitterte Zähne hustend, rutschte der betäubte Mann an der Wand herunter. Das Schwert entglitt seiner Hand. Sein Gegner hob es auf, trat neben ihn, setzte ihm die Spitze der Waffe auf die Brust und trieb sie, indem er mit der Rückseite der Axt auf den Knauf schlug, durch den sich aufbäumenden Körper in die Dielen. Eine Weile schaute er zu, wie die Füße des Sterbenden scharrten, dann zertrümmerte er ihm den Kopf.
Der Kampf war vorbei. Der Raum schwamm im Blut. In den Pfützen lagen die Toten. Wo sich noch Leben regte, bereiteten ihm die Sieger rasch ein Ende. Selbst die eigenen Schwerverwundeten verschonten sie nicht; wer nicht allein aufstehen konnte, wurde von ihnen zusammengehauen.
»Was nun, Richolf?« flüsterte jemand.
»Jetzt schaffen wir Ordnung«, kam gedämpft die Antwort. »Du, Hemuzo, sammelst mit deinen Leuten die Strickleitern ein. Daß ihr keine liegenlaßt! Ihr, Bukko, macht unseren Toten die Gesichter unkenntlich. Nehmt dazu die Axt, nicht das Messer. Du, du und du, ihr bleibt hier und paßt auf, daß sich im Gesindehaus niemand muckst. Sollte eine ihre Nase herausstrecken, wißt ihr, was ihr zu tun habt. Alle anderen kommen mit mir. Wir werden die Kadaver dieser Hunde zusammentragen und sie zählen. Beeilen wir uns, es wird bald hell.«
3
N ACHDEM SIE DIE Festhalle verlassen hatten, war Konrad mit Otfried auf den Damm an der Innenseite der Palisade gestiegen. »Es muß bei Hatto sein«, sagte Otfried, auf einen Feuerschein im Westen zeigend. »Oder was meinst du?«
»Vielleicht«, entgegnete Konrad. »Vielleicht brennt es aber auch nur im Wald. Das kann man von hier aus kaum feststellen. Ich werde hinreiten und mich davon überzeugen.«
»Allein?«
»Ja.«
»Und was soll ich dem Grafen sagen?«
»Die Wahrheit. Sei sicher, er wird es billigen. Ich gehe jetzt ein Paar Sporen holen, sattle du inzwischen mein Pferd. Und umwickle die Hufe mit Tüchern.«
Er erwartete die Frage, weshalb er das verlange, und hatte sich bereits die Antwort zurechtgelegt: Da er ohne Begleitung reite, wolle er, um kein Gesindel anzulocken, möglichst wenig Lärm verursachen (In Wirklichkeit ging es ihm darum, zu verhindern, daß die slawischen Dienstleute auf ihn aufmerksam wurden.) … Das, dachte er, wird dann heute meine letzte Lüge gewesen sein. Doch zu seinem Erstaunen wünschte Otfried keinerlei Erklärung.
Als Konrad aus der Rüstkammer wieder auf den Hof trat, fand er die Stute gesattelt vor. Otfried reichte ihm den Zügel. »Welchen Weg nimmst du?« erkundigte er sich, während sie zum Tor liefen.
»Wieso fragst du? Führen neuerdings mehrere Wege zu Hatto?«
»Nein«, antwortete Otfried unbestimmt. »Paß auf, daß du dir nicht das Genick brichst«, fügte er hinzu.
»Will's versuchen.«
Am Ende der Brücke saß Konrad auf und sprengte, den ungewohnt leisen Aufschlag der gepolsterten Hufe genießend, auf den Wald zu. Irgendwo dort in der Finsternis beobachtete ihn jetzt jener Mann, der wenig später ans Tor klopfen und sich gegenüber Otfried als ein Knecht Hattos ausgeben würde … In Höhe der
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