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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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sofort entschließen, sie zu löschen. Endlich zertrat er sie. Man tat es ihm nach, und es wurde finster.
    Fast gleichzeitig gab es einen Knall. Einer der Läden splitterte, Stühle polterten zu Boden, und durch das Fenster fuhr etwas Längliches, das donnernd gegen die gegenüberliegende Wand prallte. Jäh wurde es nach links geschwenkt und schleuderte jemanden beiseite. Eine Katze schrie gellend. Geistesgegenwärtig nahmen vier der Verteidiger Anlauf, warfen sich gegen den erneut geschwenkten Balken und drückten ihn mit ihrem Gewicht nieder. Draußen erscholl Gebrüll; offenbar waren die Angreifer durch das hochschnellende Holz verletzt worden.
    Im selben Moment erbebte die vordere Tür unter einem Stoß. Ein zweiter, noch einer, danach das Geräusch berstender Bretter und stürzender Stühle. Durch die Tür, die, nur noch von den Bottichen gehalten, im Rahmen hing, war ein Stück des Nachthimmels zu sehen.
    Abermals ertönte am Fenster das wohlbekannte Knirschen. Es rührte von dem anderen Flügel her, der schon beim ersten Stoß zerbrach und nun herabfiel. Diesmal zogen die Angreifer den Balken sofort zurück, und durch die dadurch entstandene Öffnung zischten Pfeile, die sich dröhnend in die Wand bohrten.
    Geduckt hasteten alle zum Ausgang, wo sie zusehen mußten, wie die Fässer mittels niedrig gezielter Stöße allmählich in den Raum hineingeschoben wurden, und zwar so, daß sich eine Gasse bildete. Nur der alte Fürst war im hinteren Teil der Halle geblieben und beobachtete von hier aus, wie sich die zertrümmerte Tür immer mehr neigte. Als ihre Reste auf die Dielen krachten, bückte er sich und lief zum Fenster. Er hatte sich kaum aufgerichtet, da nahm ihm ein wuchtiger Schlag gegen die Kehle die Luft. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, daß in seinem Hals ein Pfeil steckte. Unter Aufbietung aller Kräfte tat er ein paar Schritte und beugte sich hinaus. Aus Mund und Nase rieselte es warm, ihm war, als müsse er ersticken. Plötzlich fühlte er, wie ihn jemand an den Haaren packte und ins Freie zu zerren versuchte. Er hieb mit der Faust nach dem unsichtbaren Gegner, traf jedoch ins Leere. Er vernahm ein Lachen, etwas Kühles wehte ihn an, und mit unerträglichem Getöse entflammte ein Blitz vor seinen Augen …
    Die Rammstöße hatten aufgehört, ebenso der Beschuß. Miloduch kroch ein Stück zurück, um auf den Hof zu spähen. Was er im Schein etlicher Fackeln erblickte, zeigte ihm, daß der Angriff unmittelbar bevorstand. Die Sachsen hatten sich mit mannshohen Schilden gewappnet, in denen Sehschlitze angebracht waren, und formierten sich gerade zu einem Sturmkeil. Sie trugen die Schilde so, daß er von allen Seiten geschützt war.
    Ein Pfiff ertönte. Die Schar setzte sich in Marsch und stapfte im Gleichschritt auf das Haus zu. »Achtung, sie kommen!« rief Miloduch. Er sprang auf, warf sich aber sofort wieder zu Boden, denn drinnen wurde es jäh hell. Während er sich zur Wand rollte, bemerkte er, daß an Speeren befestigte Fackeln zum Fenster hereingehalten wurden.
    In diesem Augenblick schob sich der gepanzerte Wurm scheppernd über die Schwelle. Schwertschläge prasselten auf ihn ein, glitten aber von ihm ab. Behend schlängelte er sich zwischen zerbrochenen Tischen und Stühlen hindurch auf das hintere Ende des Raumes zu, wobei sich zwischen seinen einzelnen Gliedern nicht die kleinste Lücke auftat.
    Abermals ein Pfiff. Die Eindringlinge machten eine halbe Drehung, legten ihre großen Schilde ab und stellten sich in einer Doppelreihe auf. Jeder von ihnen, sie mochten an die dreißig sein, war mit einer langstieligen Streitaxt, einem kleinen Rundschild sowie einem Helm ausgerüstet. Regungslos standen sich die beiden Gruppen gegenüber.
    Starker Schweißgeruch breitete sich aus und vermengte sich mit dem Duft der blakenden Fackeln und dem des nahenden Morgens. Es waren die Gerüche des Lebens, und die Menschen neben der Tür sogen sie gierig ein. Sie erinnerten an verflossene Tage, kündigten einen neuen an und verhießen so Hoffnung, eine Hoffnung, die für sie unbegreiflicherweise nicht mehr gelten sollte. Ihre fahlen Gesichter verzerrten sich, die in ihnen gestaute Spannung entlud sich in einem Knurren und dann, ohne daß es dazu eines Zeichens bedurft hätte, stürzten sich alle fast gleichzeitig auf den Feind.
    Obwohl sich ihnen die Sachsen mit vorgestreckten Schilden entgegenwarfen, gelang es den ungedeckt fechtenden Slawen, ihre Reihen ins Wanken zu bringen und schließlich zu

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