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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Scheune, in welcher die Slawen untergebracht waren, hielt er an. Vom angrenzenden Pferch her war das Schnauben ihrer Pferde zu hören, aus dem Gebäude hingegen drang kein Laut. Offenbar schliefen die Männer schon.
    Er atmete auf. Vielleicht würde es gar nicht erforderlich sein, sie mit Gewalt am Verlassen ihrer Unterkunft zu hindern.
    Im Schritt ritt er weiter. Der Wald nahm ihn auf, die Finsternis war beinahe vollkommen. Über ihm rauschte es sacht. Noch eine knappe Meile, dann würde er die Stelle erreicht haben, an der ihn die Räuber erwarteten.
    Erst jetzt fühlte er, wie sehr ihn die vergangenen Stunden erschöpft hatten. Der Zwang, auf jede Regung der Gäste zu achten, sich dies aber nicht anmerken zu lassen und statt dessen so zu tun, als werde er allein vom Essen und Trinken in Anspruch genommen, die Notwendigkeit, sich im Gespräch unbefangen zu geben, sich dabei jedoch vor Übertreibung zu hüten, und schließlich der Gedanke daran, daß das Schwierigste noch bevorstand, dies alles zusammen hatte an seinen Kräften gezehrt.
    Die Art, in der Graf Gero die Häuptlinge umworben hatte, hatte sein Unbehagen noch vermehrt. Um ihr Mißtrauen einzuschläfern, hätte es von allem lediglich der Hälfte bedurft; der Hälfte an Wein und Speisen ebenso wie der Artigkeiten, mit denen er sie überhäuft hatte. Der Gegensatz zwischen seinen Schmeicheleien sowie der überladenen Tafel und seinen Absichten kam Konrad zuweilen so unfaßbar groß vor, daß er nicht wußte, ob er dieses Übermaß an Verstellung bewundern oder verabscheuen sollte …
    Er hörte ein Rascheln, das Pferd stockte und schnappte nach seinem Knie. Er beugte sich vor, langte über den Kopf des Tieres ins Dunkel, griff in Gestrüpp. Er saß ab, tastete sich voran und gewahrte etwas Unförmiges. Dort lag ein Baum. Es handelte sich um eine der Birken, die man beiderseits des Weges angepflanzt hatte, damit man ihn in der Dämmerung nicht so leicht verfehlte.
    Als er die Zweige auseinanderbog, entdeckte er hinter diesem Stamm einen zweiten, der sich in die entgegengesetzte Richtung verjüngte. Somit war der gesamte Weg durch emporragende Äste versperrt.
    Während er überlegte, ob er links oder rechts ausweichen sollte, fiel ihm ein, daß hier gestern ein Fuhrwerk entlanggefahren war, mit dem Auftrag, bei einem benachbarten Grundbesitzer frischen Fisch zu besorgen. Von entwurzelten Bäumen hatten die Leute nichts verlauten lassen. Einen Sturm aber, der diese Bezeichnung wirklich verdiente, hatte es zuletzt im Mai gegeben.
    Hastig trat er neben die Stute, steckte einen Fuß in den Steigbügel und holte Schwung. Im selben Moment fühlte er sich an der Hüfte umschlungen und wuchtig herumgeschleudert. Jemand schlug ihm die Beine weg, und noch bevor er auf die Erde prallte, traf ihn ein fürchterlicher Hieb in den Bauch. Er wollte schreien, doch da hatte er bereits einen Knebel im Mund.
    Nach Luft ringend, nahm er wahr, daß es mindestens vier Männer sein mußten, die ihn überwältigt hatten. Einer stülpte ihm einen Sack über den Kopf, zwei knieten auf seinem Rücken und fesselten ihm die Hände, ein vierter schnürte ihm die Füße zusammen.
    Sowie sie fertig waren, schleppten sie ihn an den Rand. Es knackte, dann war es eine Weile still, dann knackte es erneut. Durch das Gewebe drang ein Lichtschein. Irgendwer räusperte sich, worauf es wieder finster wurde. Schritte entfernten sich.
    Er lauschte ihnen hinterher. Als sie verklungen waren, spürte er auf einmal, daß noch jemand neben ihm stand. Er zuckte zusammen, und sofort legte sich eine Hand auf seine Schulter. »Keine Angst, alles gut«, raunte eine Stimme, die er zu kennen meinte. Doch woher?
    Nachdem einige Zeit verstrichen war, löste der andere seine Fußfesseln, half ihm auf und befreite ihn von dem Sack und dem Knebel. Er faßte ihn am Arm, geleitete ihn zu der Stute und führte ihn und das Tier um die gefällten Bäume herum auf den Weg.
    Anfangs kostete Konrad jeder Schritt Überwindung, doch schon bald fiel ihm das Gehen zunehmend leichter. Bauchdecke und Kniekehlen schmerzten zwar höllisch, überdies hatte er sich beim Sturz das Kinn aufgeschürft, ernstlich verletzt schien er indes nicht zu sein.
    Er schöpfte wieder Hoffnung. Der Mann war ja von einer erstaunlichen Unbekümmertheit. Statt ihn mit einer Schlinge um den Hals hinter sich herzuzerren, behandelte er ihn so zart, als sei er eine Frau oder ein Kind. Wähnte er sich ihm so überlegen? Wie auch immer, es bestanden dadurch

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