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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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und sagte: »Na, dann komm, du Gast.«
    Den Grafen am Arm fassend, lenkte er ihn zu einem Gebäude in der Mitte des Hofes. Drinnen brannte eine Fackel, deren von der Zugluft gebeugte Flamme ein grobes, schmutzstarrendes Gesicht beleuchtete; die struppigen Brauen über den rundlichen Augen waren mit den in die Stirn hängenden Haaren wie verflochten.
    Der Heisere nahm die Fackel aus der Halterung und ging voran. Sie traten durch eine Tür, liefen einen Gang entlang. Plötzlich, nach einer Biegung, blieb der Mann stehen und zeigte auf eine Nische. Gero neigte sich vor und erblickte im Boden eine Öffnung sowie die ersten Sprossen einer Leiter.
    Er prallte zurück. »In den Keller? Weshalb?«
    »Das hat schon seine Richtigkeit, Herr«, beschwichtigte ihn der andere. »Daß du ihm ja eine eigene Kammer gibst und nicht mit irgendwelchem Gesindel zusammenlegst, hat man mir eingeschärft, er ist nämlich ein großer Herr. Aber das Haus ist voll, wie immer, wenn der König die Pfalz besucht. Nirgendwo ist mehr ein freies Plätzchen, nicht einmal in der Scheune. Nur hier bist du ungestört. Steig getrost hinunter, du wirst zufrieden sein.«
    Er kletterte hinab, und Gero folgte ihm. Ein niedriges Gewölbe nahm sie auf, es roch nach Zwiebeln und Moder. Abermals ein Gang, der vor einer Tür endete; hinter ihr ein winziger Raum, eher ein Loch als eine Kammer, mit einer Pritsche, einem Schemel und einem hölzernen Kübel.
    »Hier soll ich schlafen?« entfuhr es Gero.
    »Warum nicht?« sagte der Heisere gelassen. »Wenn du müde bist, dann schlafe, wenn nicht, wache. Ganz wie es dir beliebt.«
    »Was erlaubst du dir?« stieß Gero wutzitternd hervor. »Du weißt wohl nicht, wen du vor dir hast? Mein Name ist Gero, Graf Gero.«
    Der andere maß ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. »Grafen gibt es hier unten nicht«, belehrte er ihn. »Und damit sich keiner von denen, die man oben so anredet, gekränkt fühlt, haben wir die Namen ebenfalls abgeschafft. Hier ist man einfach – du. Wozu ereiferst du dich also? Bei mir haben schon vornehmere Leute als du gewohnt, und die hatten es meist nicht so gemütlich.«
    Er wies auf zwei eiserne Ringe, die in das Gemäuer eingelassen waren.
    »Dein Schwert«, fügte er trocken hinzu.
    Gero wich zurück. »Bin ich ein Gefangener?«
    »Nenn dich, wie du willst. Und jetzt her damit!«
    »Den Teufel werde ich! Verrate mir zuerst, wer das angeordnet hat und wann ich den König sprechen kann.«
    Der andere kratzte sich am Kopf. »Du widersetzt dich?« erkundigte er sich, in einem Ton, als habe er Mühe, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Und Gero, obwohl soeben noch entschlossen, sich zu wehren, reichte ihm nach kurzem Zögern wortlos die Waffe.
    Der Wärter klemmte sich das Schwert unter die Achsel, befestigte die Fackel an der Wand und bugsierte Gero in das Verließ. Als er ging, verriegelte er hinter sich die Tür. Es dauerte nicht lange, da kehrte er zurück, mit einem Krug und einem Korb, in dem sich Brot und kalter Braten befanden. Beides stellte er auf den Schemel.
    »Iß! Aber laß kein Krümchen fallen, sonst hast du bald die Ratten auf dem Hals.«
    »Hab keinen Hunger.«
    »Du widersetzt dich?« fragte der Heisere erneut. »Schön, dann werde ich dich füttern.« Seine schmutzigen Finger griffen nach dem Brot, doch Gero war schneller. Er begann zu kauen.
    Zwei Tage vergingen, während der er außer dem Wärter keine Seele sah. Er erkannte rasch, daß es der Mann nicht böse mit ihm meinte. Zwar schwieg er beharrlich, wenn ihn Gero um Auskünfte bat, wurde jedoch niemals grob. Auch jener versteckten Drohungen, mit denen Leute seines Berufes die ihnen Ausgelieferten gern peinigten, enthielt er sich. Statt dessen schien er zuweilen bestrebt, ihm das Leben hier unten zu erleichtern; als er bemerkte, daß sein Gefangener fror, brachte er ihm unaufgefordert einige Decken.
    Das Essen war gut und reichlich, der Raum nicht übermäßig feucht. Oben hatte er eine Luke, durch die kaum Licht, dafür aber angenehm nach Kräutern riechende Luft drang – offenbar grenzte er an einen Speicher. All das trug dazu bei, daß der Graf seine anfängliche Verzweiflung überwand und wieder Mut schöpfte.
    Am Morgen des dritten Tages weckte ihn ein kratzendes Geräusch. Um ihn herum war es stockdunkel. Kurz darauf kam der Wärter, stellte einen Stuhl ab und legte ein Bündel auf den Boden, aus dem Fackelschäfte ragten.
    »Jemand hat die Luke geschlossen«, teilte ihm Gero aufgeregt mit. »Öffne sie

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