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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Gesicht sehen kann. Dann schildere, was der Erhebung vorausging.«
    Gero nahm neben der Fackel Platz und fing an zu erzählen, stockend zunächst, bald jedoch immer geschwinder. Und je länger er sprach, desto wohler wurde ihm zumute, trotz der Kälte, die in ihm hochstieg und bewirkte, daß seine Stimme zu zittern begann. Er mußte nicht überlegen, die Worte flogen ihm zu, als habe er sie auswendig gelernt. Noch einmal erlebte er die Monate des Bangens und der Zweifel, die Qualen des Wartens und schließlich das Gefühl des Triumphes am Morgen nach der Tat. Stolz auf seinen klug ersonnenen Plan erfüllte ihn und auch ein bißchen Bedauern darüber, daß es nicht der König war, dem er als erstem berichten durfte, sondern nur dieser Bote, den man aus unbegreiflichen Gründen mit der Untersuchung beauftragt hatte …
    »Damit mag es zunächst genug sein«, schloß er. »Sollte ich etwas vergessen haben, werde ich es, sowie es mir wieder einfällt, unverzüglich nachtragen.«
    Reglos, als könne ihm die Kälte nichts anhaben, hatte Werner zugehört. Sein Kopf befand sich im Schatten, so daß nicht zu erkennen war, welchen Eindruck Geros Schilderung auf ihn machte. Nur einmal trat er aus dem Dunkel heraus, um die heruntergebrannte Fackel auszuwechseln.
    »Nenne mir all diejenigen, die in dein Vorhaben eingeweiht waren oder davon Kenntnis erhalten haben können«, sagte er, nachdem Gero geendet hatte.
    »Christian und Thietmar sowie einer meiner Leute.«
    »Nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Was ist mit demjenigen deiner Männer, der tot aufgefunden wurde?«
    »Du weißt davon?« entschlüpfte es dem Grafen.
    Werner antwortete nicht.
    »Nun, es darf als erwiesen gelten, daß er selbst Hand an sich legte.«
    »Wie das?«
    »Vor ungefähr einem halben Jahr beobachtete ich, wie er mit einem der Räuber, welcher tags darauf floh, ein längeres Gespräch führte. Hinterher gestand er mir, daß sie einst Nachbarn gewesen waren. Seither mißtraute ich ihm. Unter einem Vorwand schickte ich ihn in der Nacht weg und ließ ihn nach einem vorgetäuschten Überfall bis zum Morgen im Wald festhalten, so daß er seinen Auftrag nicht erfüllen konnte. Vermutlich bewog ihn die Furcht vor der Schande zu seiner Tat.« Er räusperte sich und fügte hinzu: »Ich tat ihm wohl Unrecht. Möge Gott sich seiner Seele erbarmen.«
    Werner kniff die Augen zusammen. »Ein Mann, der sich lieber tötet, statt sich seiner Strafe durch Flucht zu entziehen: Wer darf sich heutzutage noch solcher Gefolgsleute rühmen? Du bist zu beneiden, Graf Gero, freilich nicht gerade um deine Menschenkenntnis. War er übrigens von deinem Plan unterrichtet?«
    »Nein. Natürlich nicht! Wie ich bereits sagte, traute ich ihm nicht mehr.«
    »Wie hätte er etwas verraten können, von dem er nichts wußte?«
    »Konnte ich sicher sein, daß sich nichts Unvorhergesehenes ereignen würde? Aus diesem Grund wollte ich keinen Mann an meiner Seite haben, an dessen Treue ich zweifelte. Sollte er mich, wie ich argwöhnte, eines Tages verlassen, bestand ja die Möglichkeit, daß er sein Wissen gegen mich verwendete.«
    »In der Tat«, sagte Werner. Er lehnte sich zurück. »Wer stellte eigentlich die vielen Strickleitern für dich her?« fragte er weiter.
    »Du willst mich aufs Glatteis locken, wie?« Gero schmunzelte. »Es tut mir leid, aber daraus wird nichts; ich habe nämlich jede Einzelheit bedacht. Bevor ich meine Räuber über die Grenze schickte, ließ ich sie neben anderem auch einen nächtlichen Ausbruch üben. Zu diesem Zweck befahl ich, eine große Zahl Strickleitern anzufertigen. Alle, die auf den Burgen nicht benötigt wurden, verblieben bei mir.«
    »Wer hängte sie an die Haken?«
    »Derjenige meiner Leute, den ich eingeweiht hatte.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Wurden die Wachen nicht stutzig?«
    »Es geschah, als sie das Abendbrot zu sich nahmen, und betraf überdies nur jenen Teil der Palisade, an dem sich die Gärten befinden. Außerdem war es bereits finster.«
    »Hm«, machte Werner. »Sind übrigens alle deine Gäste dem Anschlag zum Opfer gefallen?« erkundigte er sich nach einer Pause.
    »Nein. Einer entkam.«
    »Was ist das für ein Mann?«
    »Einer der hevellischen Gaufürsten.«
    »Und wie entkam er? Ich meine – auf welche Weise?«
    Gero zuckte die Schultern. »Nun, es war Nacht …« Er verstummte.
    »Ja, es war Nacht. Sollte da nicht noch anderen die Flucht geglückt sein? Wenn nicht einem der Fürsten, so zumindest einem ihrer Krieger?«
    »Keinem einzigen,

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