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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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wir bald ein hübsches Gestöber erleben werden.«
    Die Leibwächter, die sich um ihn und seine Söhne geschart hatten, brachen in Lachen aus. Einer von ihnen ging zu den Geharnischten, worauf sich unter denen das Gelächter rasch fortpflanzte.
    »Es ist soweit«, sagte Heinrich zu Thankmar, der die Abteilung führen sollte, welche dem Heer voranzog. Thankmar dehnte seine blaugefrorenen Lippen zu einer argwöhnischen Grimasse und wandte sich um. Er selbst hatte um diesen Auftrag gebeten und ihn, da er als Hitzkopf galt, erst nach heftigem Drängen sowie mit Ottos Unterstützung bekommen. Die Genugtuung, die er darüber empfunden hatte, war indes längst verflogen. Für ihn, den Bastard, die heikle und gefährliche Rolle des Lockvogels, wohingegen Otto, wie so oft, geschont wurde – darauf lief es, bei Lichte betrachtet, doch hinaus. Einen ganzen Tag hatten die beiden beratschlagt, wen sie mit dieser Aufgabe betrauen könnten, und ihm damit den Mund wäßrig gemacht. Niemand war ihnen gut genug gewesen, an jedem hatten sie etwas zu bemängeln gehabt, daher war er ihnen schließlich auf den Leim gegangen. Der Teufel mußte ihn geritten haben, denn der kleinste Fehler von ihm würde ihnen zum Anlaß dienen, ihn noch mehr herabzusetzen … Mißvergnügt lauschte er dem Vater, der ihm zum wiederholten Male einschärfte, wie er sich zu verhalten hatte: »Vergiß nie, daß es diese Schurken faustdick hinter den Ohren haben. Deshalb prescht nicht zu weit vor; es muß so aussehen, als ob euch das Heer in eurem Rücken übermütig gemacht hat … Wendet ihr zu zeitig, nehmt ihr ihnen die Lust, euch zu verfolgen, kommt ihr ihnen zu nahe, schießen sie euch ab. Reißt nicht etwa alle auf einmal aus, sonst riechen sie den Braten; ihr seid erschrocken – verabredet habt ihr eure Flucht nicht. Wenn ihr flieht, dürft ihr euch nicht zu früh teilen, weil ihr ihnen damit den Blick auf die Gepanzerten öffnet. Zu spät freilich auch nicht, denn dann reiten wir euch über den Haufen … Es ist ein kleines Kunststück, das ich von dir fordere, doch wenn du kaltes Blut bewahrst, kann es gelingen.« Er hielt inne und fügte mit verschleierter Stimme hinzu: »Und gelingen, mein Sohn, muß es.«
    »Ich werde mein Bestes geben, Vater«, versprach Thankmar, von der ungewohnten Anrede freudig überrascht.
    »Dein Bestes, ja. Wünschen wir dir und uns, daß es ausreicht.«
    Während Thankmar zu seinen Männern lief, wurden Heinrich und Otto die Pferde sowie Helm und Schild gebracht. Sie zogen ihre Pelze aus, und nachdem sie aufgesessen waren, ließ der König seine Augen über die angetretenen Krieger schweifen. Die Hand am Zügel, standen sie neben ihren Rössern und drehten ihm die Gesichter zu. Allein Graf Puchard, gleichfalls bereits im Sattel, schaute geradeaus … Die Wagen waren beladen und angespannt, die Planen festgeschnürt. Dort, wo sich die Zelte und Feuerstellen befunden hatten, waren dunkle Flecken zurückgeblieben, die in wenigen Wochen wieder mit saftigem Gras bedeckt sein würden. In wenigen Wochen, welch unfaßbar lange Zeit! Zumindest für ihn, dem selbst die Aussicht auf den nächsten Tag versperrt war. Erneut befiel ihn ein Frösteln.
    Boten kamen und meldeten, daß auch die leichte Reiterei fertig zum Abmarsch sei, worauf sich der König und sein Sohn, von den Leibwächtern begleitet, an die Ostseite des Lagers begaben. Hier angelangt, bekreuzigten sich beide. Danach hob Heinrich den Arm, und ohne sich noch einmal umzusehen, setzte er sein Pferd in Bewegung.
    Als ungefähr eine Viertelmeile zurückgelegt war, blickte er zum erstenmal hinter sich. Befriedigt nahm er wahr, daß das Heer seinen Marschrhythmus anscheinend gefunden hatte. Leichte und schwere Reiterei bildeten eine Linie, die sich nur schwach kräuselte. Die Stangen der Feldzeichen schwankten im Wind, und wenn der König die Ohren abschirmte, konnte er das Knarren der Wagen hören. An den Flanken schwärmten Kundschafter aus, für alle Fälle …
    Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn. Die Vorhut, die anfangs getrabt war, ritt nun im Schritt. Das Gelände war sanft gewellt, die schüttere Schneedecke mit verdorrten Halmen gesprenkelt. Zuweilen ragten verfallene Zäune oder Vogelscheuchen aus ihr hervor, was darauf hindeutete, daß hier einst Äcker gewesen waren. Vereinzelt Sträucher und große Bäume. In der Ferne ein bläulicher Streifen – Wald.
    Eine Senke tat sich vor ihnen auf. Die Berittenen passierten sie mühelos, doch die Wagen

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