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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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blieben im angewehten Schnee stecken. Sie mußten von den Troßleuten freigeschaufelt und den Hang hochgeschoben werden. Froh über die unverhoffte Ablenkung, sahen dabei viele Krieger zu. Andere zeigten auf einen Fuchs, der rechts von ihnen an einem Maulwurfshügel herumgescharrt hatte und jetzt in wilder Flucht über die Ebene jagte. Sein aufreizendes Rot versetzte die Männer in Erregung, sie pfiffen und johlten.
    »Laß ein Heer halten, und es zerfällt dir unter den Augen«, sagte Heinrich zu Otto. »Kämen jetzt die Ungarn, wäre es aus mit uns. Und warum? Wegen eines Fuchses! Jahre später schreibt so ein Mönchlein, daß der König an diesem oder jenem Ort eine Niederlage erlitten habe, und die das lesen werden, denken sich natürlich, daß er etwas falsch gemacht hat. Er kann sich ja nicht mehr wehren … Hol sie der Teufel, diese Chronisten, allesamt.«
    Otto zuckte die Schultern. »Du bist ungerecht, denn gelegentlich verdankt man solchen dummen Zufällen auch einen Sieg. Dann stört es den betreffenden König nicht, wenn sie der fromme Bruder unterschlägt.«
    In diesem Moment brach Lärm los, sie blickten sich um, erstarrten. Linker Hand, hinter einer mit Buschwerk bewachsenen Erhöhung, stürmten etwa zwei Dutzend Reiter hervor und galoppierten direkt auf das Heer zu. Gleichmäßig wie ein Schwarm Tauben vollzogen sie kurz vor ihm einen Schwenk und rasten, Pfeile abschießend, an ihm vorbei, dorthin, wo eben der Fuchs entschwunden war.
    Das geschah so rasch, daß es von den meisten gar nicht bemerkt wurde. Dennoch entstand beträchtliche Verwirrung. Pferde, denen man offenbar bei angezogenem Zügel versehentlich die Sporen gegeben hatte, bäumten sich wiehernd auf. Mehrere Krieger wälzten sich stöhnend am Boden. Die Troßleute, die nur die ›Ungarn‹-Rufe gehört haben mochten, waren erschrocken beiseite gesprungen; zwölf Wagen rutschten daraufhin nach unten, einer stürzte um. Lediglich die Männer der Vorausabteilung hatten aufgepaßt und versucht, dem Gegner den Weg abzuschneiden, kehrten aber unverrichteterdinge zurück.
    »Günther und Heribald zu mir!« preßte Heinrich nach einer Weile hervor. Beide führten den linken Flügel an, Günther die Sachsen, Heribald die Schwaben.
    »Die Grafen Günther und Heribald zum König!« brüllte der Befehlshaber der Leibwache.
    Geraume Zeit verging, ehe sie zur Stelle waren. »Es hat sich ein Unglück ereignet, Herr König«, sagte der Schwabe tonlos. »Meine Aufklärer sind in einen Hinterhalt geraten. Ich wunderte mich schon, weshalb sie so lange ausblieben, daher ritt ich selbst hin …«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie wurden niedergesäbelt.«
    »Alle?«
    »Ja.«
    »Wie viele waren es?«
    »Fünf.«
    »Aber wie ist das möglich?« fragte Otto finster. »Fünf erwachsene Männer, beritten noch dazu, die sich am hellichten Tag auf freiem Feld einfach abschlachten lassen! Wahre Tröpfe müssen das gewesen sein.«
    Der andere senkte den Kopf.
    »Das werden wir wohl niemals erfahren. Sie waren vollständig zerhauen, vorn, hinten, am ganzen Körper. Auch hat man ihnen die Waffen weggenommen. Die Leichen lagen dicht beieinander. Drei der Pferde konnten wir einfangen, zwei fehlen.«
    Heinrich bedeutete dem Grafen mit einer Handbewegung, sich zu entfernen. Der König war kalkweiß, seine Augen flackerten. »Mein Traum …«, flüsterte er, wobei ein schuldbewußtes Lächeln über seine Züge huschte.
    Otto musterte ihn unschlüssig. »Vielleicht sind ihnen die Gepanzerten entgangen«, sagte er. »Bedenke die Geschwindigkeit, mit der sie an uns vorbeijagten. Außerdem dürften sie Angst gehabt haben.«
    »Vielleicht …«
    Abermals stemmten sich die Troßleute gegen die Speichen der Wagenräder, und sowie die Verwundeten versorgt waren, ging es wieder vorwärts. Thankmars Männer hatten sich erneut an die Spitze gesetzt, ihren Abstand zum Heer allerdings verkürzt. Das Gelände war unübersichtlicher geworden. Die Wiesen verliefen sich im Gehölz sumpfiger Mulden oder kletterten Hügel empor, an deren Hängen sich häufig Obstgärten befanden. Hier und da waren zwischen den kahlen Ästen der Bäume die Strohdächer verlassener Gehöfte zu sehen. Der Wind blies unvermindert heftig. Manchmal schnellten Sonnenstrahlen durch die löchrig gewordene Wolkendecke und tasteten über die Landschaft, als prüften sie, ob es sich lohne, auf ihr zu verweilen.
    Nachdem sie einige Meilen geritten waren, streckte Otto auf einmal den rechten Arm vor. Heinrich stutzte, dann

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