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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der tausendmal ärger war als Straker.
    Dritte Möglichkeit: Er versuchte den Trick, den er während des letzten Sommers in einem Buch über Houdini gelesen hatte.
    Houdini war einstmals ein berühmter Zauberkünstler, der imstande gewesen war, aus Gefängniszellen, vernagelten Kisten und Banksafes zu entkommen. Er konnte auch alle Fesseln sprengen. Wenn ein Freiwilliger aus dem Publikum ihn zu fesseln versuchte, spannte er alle Muskeln an und atmete tief ein.
    Dann entspannte er sich vollkommen und bekam damit ein wenig Spielraum. Ganz langsam, ohne in Panik zu geraten, lockerte er die Stricke - der Körper sonderte Schweiß ab, und auch das half - bis Houdini schließlich frei war. Im Buch klang das alles ganz einfach.
    »Dreh dich um«, befahl Straker, »jetzt werde ich dich fesseln, und du wirst dich nicht bewegen. Wenn du dich bewegst, drück' ich dir das rechte Auge aus. Verstanden?«
    Mark nickte. Er holte tief Atem und spannte alle Muskeln an.
    Straker warf den Strick über einen der Deckenbalken.
    »Niederlegen«, befahl Straker.
    Mark gehorchte.
    Straker band Marks Hände an dessen Rücken fest, machte eine Schlinge, zog sie über Marks Hals und knotete sie zu einem Henkersknoten. »Du wirst an denselben Balken gefesselt, an dem sich der Freund und Gönner meines Herrn erhängt hat.
    Fühlst du dich geschmeichelt?«
    Mark grunzte, und Straker lachte laut. Er führte den Strick zwischen Marks Beinen hindurch und riß an. Mark stöhnte.
    Straker kicherte mit monströser Fröhlichkeit. »Ach, deine Juwelen schmerzen? Das wird nicht lange dauern. Du wirst ein asketisches Leben führen, mein Junge. Ein langes, langes Leben.«
    Er band das Seil um Marks stramme Schenkel und machte den Knoten fest, wickelte es noch einmal um Marks Knie und dann noch einmal um dessen Fußknöchel. Mark fühlte den Zwang, zu atmen, aber er hielt den Atem beharrlich an.
    »Sie zittern ja, junger Herr«, sagte Straker spöttisch. »Ihr Körper ist verschnürt, ihr Fleisch ist weiß - aber es wird noch weißer werden! Sie brauchen sich doch nicht zu fürchten. Mein Meister ist ein Muster an Güte. Man bringt ihm sehr viel Liebe entgegen, gerade hier, in Ihrer Heimatstadt. Es ist alles nur wie ein kleiner Stich, wie eine Spritze beim Arzt, dann folgt Entzücken. Und später werden Sie wieder freigelassen. Sie werden Vater und Mutter wiedersehen, ja? Sie werden sie sehen, wenn sie schlafen.«
    Straker stand auf und blickte milde auf Mark herab. »Jetzt werde ich mich für eine Weile von dir verabschieden, junger Herr. Ich muß mich um deine reizende Begleiterin kümmern.«
    Straker schlug die Tür hinter sich zu, und ein Schlüssel knarrte im Schloß. Als er die Treppe hinunterging, atmete Mark aus und lockerte mit einem tiefen Seufzer seine Muskeln.
    Die Stricke, die ihn banden, lockerten sich - aber nur ein wenig.
    Er lag regungslos und konzentrierte sich. Sein Geist arbeitete noch immer mit derselben rauschhaften Geschwindigkeit. Aus seiner Lage konnte er quer über den buckligen, unebenen Fußboden hinüber zum Eisenbett sehen. Er konnte die Wand dahinter sogar sehr gut sehen. Die Tapete hatte sich an dieser Stelle gelöst und lag unter dem Stahlrahmen wie ein Stück abgeworfene Schlangenhaut. Mark verdrängte alle unnützen Gedanken aus seinem Bewußtsein. Houdinis Buch sprach davon, daß Konzentration das Um und Auf sei. Keine Gefühle, wie Angst, Beklemmung oder Panik, waren dem Bewußtsein gestattet. Der Körper mußte vollkommen entspannt sein. Und die Befreiung mußte im Bewußtsein vollzogen sein, bevor sich noch ein einziger Finger krümmte.
    Mark starrte auf die Zimmerwand, und Minuten verstrichen.
    Als sich sein Körper völlig entspannt hatte, sah er sich auf die Wand projiziert - einen kleinen Jungen in einem blauen T-Shirt und Jeans. Der Junge lag auf der Seite, die Hände am Rücken gebunden. Um den Hals des Jungen lag eine Schlinge, und jeder unüberlegte Befreiungsversuch würde diese Schlinge engerziehen, bis dem Jungen die Luft ausging.
    Er starrte auf die Wand.
    Die Figur dort begann sich unendlich langsam zu bewegen, obwohl er selbst ja stillelag. Er hatte einen Grad der Konzentration erreicht, wie ihn Fakire und Jogis erreichen, die imstande sind, tagelang ihre Zehen oder ihre Nasenspitze zu betrachten; das Stadium von Medien, die in Trance Tische schweben machen. Er dachte nicht an Straker und nicht an die untergehende Sonne. Er sah weder den Fußboden noch das Eisenbett, sah nicht einmal die Wand. Er sah nur

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