Brennen Muss Salem
begraben. Für dieses Baby und für einen Mann, der den ganzen Tag über in der Mühle arbeitete und abends mit seinen Kumpanen trinken oder Karten spielen ging.
Der Kleine brüllte jetzt aus Leibeskräften.
»Halt die Fresse«, schrie Sandy zurück und warf dem Säugling plötzlich die Flasche an den Kopf. Unter dem Haaransatz des Babys erschien ein roter Kreis. Wie einen alten Fetzen hob Sandy das' Kind aus der Wiege.
»Halt den Mund, halt den Mund!« Sie schlug zweimal zu, bevor sie sich wieder in der Hand hatte und Randys Schmerzensschreie in ein Wimmern übergingen.
»Es tut mir leid«, murmelte sie. »Jesus, Maria, es tut mir leid.
Geht's dir wieder gut, Randy? Wart einen Moment, Mutti wird dich sauber machen.«
Als sie mit einem nassen Fetzen zurückkam, waren Randys Augen so verschwollen, daß er sie nicht mehr öffnen konnte.
Aber er nahm die Flasche und trank. Als sie mit dem feuchten Tuch über sein Gesicht fuhr, lächelte er sie aus seinem zahnlosen Mund an.
Roy werde ich sagen, daß er vom Wickeltisch gefallen ist.
Roy wird mir glauben. Lieber Gott, laß es ihn glauben.
6 Uhr 45.
Die meisten Männer von Salem's Lot waren auf dem Weg zur Arbeit. Mike Ryerson gehörte zu den wenigen, die in der Stadt arbeiteten. Im städtischen Register wurde er als Gärtner geführt, aber eigentlich hatte er die drei Friedhöfe der Stadt zu betreuen. Im Sommer war er damit vollauf beschäftigt, aber auch im Winter konnte er nicht nur auf der faulen Haut liegen, wie manche Leute dachten.
Heute wollte er das Gras in Harmony Hill mähen und etwas an der Mauer ausbessern. Harmony Hill war sein Lieblingsfriedhof; er war hübsch und schattig, und eines Tages wollte Mike selbst dort begraben sein - so ungefähr in hundert Jahren.
Mike war siebenundzwanzig und hatte drei Jahre College hinter sich. Vielleicht wurde er eines Tages das Studium auf dem College zu Ende bringen. Mike war ein sympathischer, gutaussehender Kerl, der keine Schwierigkeiten hatte, Samstag abends bei Dell oder in Portland ein Mädchen zu finden. Manche von ihnen waren allerdings schockiert, wenn sie von seinem Beruf hörten, was Mike ganz und gar nicht verstehen konnte.
Es war eine angenehme Arbeit, kein Chef sah einem über die Schulter, und man war den ganzen Tag über an der Luft, unter freiem Himmel. Was war schon dabei, wenn er einige Gräber aushob oder Carl Foremans Leichenwagen lenkte? Jemand mußte es ja schließlich tun. Nach Mikes Ansicht gab es nur eins, das noch natürlicher war als der Tod, und das war Sex.
Der Friedhof lag oben auf der Anhöhe. Fröhlich vor sich hinpfeifend fuhr Mike die Straße hinauf, hielt aber plötzlich an.
Auf dem schmiedeeisernen Gitter hing der Körper eines toten Hundes, und der Boden darunter war feucht von Blut.
Mike stieg aus dem Lieferwagen, lief zum Gitter, zog seine Arbeitshandschuhe an und hob den Kopf des Hundes hoch. Er starrte in die verglasten Augen von Doc, Win Purintons kleinem Hund. Jemand hatte das Tier wie ein Stück rohes Fleisch auf einen der Gitterstäbe gespießt. Fliegen krochen träge über den Kadaver.
Mike versuchte, den kleinen Körper von der Eisenspitze zu lösen, und Übelkeit überkam ihn bei den ekelhaften Geräuschen, die sein Bemühen begleiteten. Mit Friedhofsvandalismus war er vertraut, aber so etwas hatte er noch nie erlebt.
Er überlegte, ob er den toten Hund in die Stadt zu Parkins Gillespie bringen solle, und entschied, daß dies wenig Sinn hätte. Mike konnte den armen Doc in die Stadt mitnehmen, wenn er zum Mittagessen dorthin zurückfuhr - nicht, daß er im Augenblick freilich großen Hunger verspürt hätte.
Er schloß das Tor auf und sah auf seine Handschuhe, die blutbeschmiert waren. Er würde die Eisenstäbe des Gitters säubern müssen. Er fuhr durch das Tor und parkte seinen Wagen, ohne vor sich hinzupfeifen. Das war kein guter Tag.
9 Uhr.
Weasel Craig rollte im wahrsten Sinn des Wortes aus seinem Bett. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster im zweiten Stock fielen, blendeten ihn, und sein Kopf schmerzte. Einen Stock über sich hörte er Ben auf der Schreibmaschine klopfen.
Du meine Güte, ein Mann, der tagaus, tagein vor sich hin tippte, mußte wirklich total verrückt sein.
Weasel stand auf und ging zum Kalender, um festzustellen, ob heute die Arbeitslosenunterstützung fällig war. Nein. Heute war Mittwoch.
Weasels Kater war weniger schlimm als für gewöhnlich. Bis zur Sperrstunde war Weasel bei Dell's herumgesessen, aber die zwei
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