Brennen Muss Salem
Winter, die bald folgen würden, auszulachen schien.
Nachdem es geschehen war, lagen sie in der Dunkelheit des Schlafzimmers nebeneinander, und sie weinte und erklärte ihm, daß sie etwas Schlechtes getan hätten. Er erklärte ihr, es sei nichts Schlechtes, und überdies sei es ihm gleichgültig, ob es falsch oder richtig gewesen war. Draußen blies ein kalter Nordwind um das Haus, ihr Zimmer aber war warm und beschützend, und dann schliefen sie ein und lagen beisammen wie die Löffel in einer Bestecklade.
Ach Gott, die Zeit war wie ein Strom, und er fragte sich, ob der Schreiberling das wußte.
Wieder begann Weasel mit weit ausholenden Bewegungen das Geländer zu polieren.
10 Uhr.
In der Stanley-Street-Schule war gerade Pause.
Richie Boddin, Muskelprotz der Schule, betrat den Hof, und seine Augen suchten den neuen Jungen, der in der Mathematikstunde alle Antworten gewußt hatte. In seine Schule kam kein Neuling, ohne zu erfahren, wer hier der Boß war. Ganz besonders nicht ein so lästiger Liebling der Lehrer, wie dieser Neue es war.
Richie war elf Jahre alt und wog siebzig Kilo. Er war groß und wußte es. Manchmal bildete er sich ein, der Boden zittere unter seinen Füßen, wenn er seine Schritte setzte. In Kürze würde er Camel rauchen, wie sein Vater.
Seine Mitschüler hatten Todesangst vor ihm, und die Kleinen blickten zu ihm auf wie zu einem Abgott. Das alles gefiel ihm außerordentlich.
Und dort stand jetzt Petrie, der neue Schüler.
»Hallo!« schrie Richie.
Jeder außer Petrie drehte sich um. Jedes Augenpaar drückte Erleichterung aus, als es wahrnahm, daß Richie nicht in seine Richtung blickte.
»He, du.«
Mark Petrie wandte sich um und sah Richie an. Marks Brille blitzte in der Morgensonne. Er war ebenso groß wie Richie, aber er war schlank, und sein Gesicht sah wehrlos und grüblerisch aus.
»Sprichst du mit mir?«
»Sprichst du mit mir?« äffte ihn Richie im höchsten Falsett nach. »Du klingst wie ein Schwuler, weißt du das?«
»Nein, das wußte ich nicht«, sagte Mark Petrie.
Richie machte einen Schritt vorwärts. »Ich bin sicher, du lutschst. Ich bin sicher, du lutschst deinen haarigen Schwanz.«
»Wirklich?« Marks Höflichkeit wurde aufreizend.
»Ja, ich hab' gehört, daß du lutschst. Nicht nur einmal in der Woche. Bei dir muß es täglich sein.«
Die Kinder kamen näher, um zu sehen, wie Richie den neuen Jungen fertigmachte.
»Was willst du eigentlich?« fragte Mark Petrie. Er sah Richie an, als hätte er soeben einen interessanten neuen Käfer entdeckt.
»Was willst du eigentlich?« äffte Richie nach, wieder im Falsett. »Ich will gar nichts. Ich hörte nur, du seist ein fetter, ekelhafter Schwuler.«
»Wirklich?« fragte Mark, immer noch gelassen. »Und ich habe gehört, daß du ein großer Haufen Dreck bist. Das hab' ich gehört.«
Totenstille. Die ändern Jungen hielten den Atem an (keiner von ihnen hatte noch erlebt, wie jemand sein eigenes Todesurteil unterzeichnete). Richie war so verblüfft, daß er Mark ebenso angaffte wie die ändern.
Mark nahm die Brille ab und gab sie einem neben ihm stehenden Jungen. »Bitte halt sie.« Der Junge nahm die Brille und starrte Mark wortlos an.
Richie griff an. Es war ein langsamer, schwerer Angriff ohne jede Grazie. Ein Angriff voll von Selbstvertrauen, von Lust, niederzuschlagen, zu vernichten. Richie holte zu einem gewaltigen Schlag aus, der diesen schwulen Jungen direkt in die Fresse treffen und seine Zähne fliegen lassen würde wie Klaviertasten.
Mark Petrie duckte sich und sprang gleichzeitig zur Seite. Der Schlag ging über seinen Kopf hinweg ins Leere. Die Kraft seines eigenen Schlages ließ Richie aus dem Gleichgewicht geraten, und Mark brauchte nur einen Fuß auszustrecken, um ihn zu Fall zu bringen.
»Aaaaah«, riefen die zuschauenden Kinder.
Mark wußte ganz genau, daß er arg zusammengeschlagen werden würde, wenn der große schwere Junge wieder auf die Beine käme. Mark war beweglich, aber Beweglichkeit allein nützte wenig in einem Kampf auf dem Schulhof. Auf der Straße wäre es jetzt an der Zeit, zu laufen, den langsameren Verfolger hinter sich zu lassen, sich umzudrehen und die Zunge herauszustrecken. Aber hier war keine Straße, und Mark war sich darüber im klaren, daß er gewinnen mußte, um nicht weiterhin von diesem ekelhaften Kerl drangsaliert zu werden.
Diese Überlegungen schössen in einem Bruchteil von Sekunden durch Marks Kopf.
Er sprang auf Richies Rücken.
Richie stöhnte. Wieder
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