Brennen Muss Salem
Feuer - und die Ratten.
Sonntag und Mittwoch morgens ebenso wie Montag und Freitag abends zündete Dud einen Teil des Mülls an. Die abendlichen Feuer waren die schönsten. Er liebte das qualmige braunrosige Glühen, das aus den Plastiksäcken, aus den Zeitungspaketen und aus den Schachteln erblühte. Die morgendlichen Feuer aber waren besser wegen der Ratten.
Dud saß in seinem Lehnstuhl, sah zu, wie das Feuer um sich griff und grauer Rauch in die Luft stieg, hielt seine Pistole in der Hand und wartete auf die Ratten.
Wenn sie hervorkamen, kamen sie in Scharen. Sie waren groß und schmutziggrau und hatten rosa Augen. Kleine Fliegen und Mücken hüpften auf ihren Flanken. Die Ratten schleiften ihre Schwänze hinter sich her wie rosa Drähte. Dud liebte es, Ratten abzuknallen.
Da. Diese große fette war George Middler, Besitzer der Eisenwarenhandlung. Hielt etwas im Maul, das wie Hühnerleber aussah.
»So, da hast du es, George, erledigt«, sagte Dud und drückte ab.
Die nächste Ratte war diese kleine Nutte Ruthie, die keinen Büstenhalter trug und immer kicherte, wenn sie Dud ansah.
Bum. Leb wohl, Ruthie.
Die Ratten rasten auf die andere Seite des Müllplatzes, aber bevor sie in Sicherheit waren, hatte Dud noch sechs von ihnen erledigt. Nicht schlecht für einen Morgen.
Er ging näher und sah, wie Zecken die Kadaver verließen wie .. . wie . . . wie Ratten ein sinkendes Schiff.
Diese Vorstellung fand er besonders komisch, und er warf seinen seltsam schiefen Kopf zurück, lehnte sich tief in den Lehnstuhl und lachte laut, als das Feuer mit seinen gierigen, orangefarbenen Fingern durch den Müll kroch.
Das Leben war eine großartige Sache.
12 Uhr mittag.
Die Sirene der Stadt heulte zwölf Sekunden lang; sie zeigte den Beginn des Nachmittags und der Mittagspause in den drei Schulen an. Lawrence Crockett, der zweite Stadtrat von Salem's Lot und Besitzer des Crockett's Southern Maine Versicherungs- und Immobilienbüros, legte das Buch, in dem er gerade gelesen hatte, beiseite (›Die Sexsklaven des Satans‹) und richtete seine Uhr nach der Sirene. Er holte eine Tafel Bin um dreizehn Uhr zurück und hängte sie an die Tür. Seine tägliche Routine veränderte sich nie. Er ging ins Excellent-Cafe, aß zwei Cheeseburger, trank eine Tasse Kaffee, beobachtete Paulines Beine und rauchte eine Zigarre.
An der Ecke blieb er stehen und blickte zum Marstenhaus hinüber. Dort stand nahe der Einfahrt ein Auto. Irgendwo in der Brust verspürte Crockett so etwas wie leise Beunruhigung.
Vor einem Jahr hatte er gemeinsam mit der städtischen Wäscherei das Marstenhaus verkauft. Es war das merkwürdigste Geschäft seines Lebens gewesen - und er hatte immerhin einige merkwürdige Geschäfte getätigt. Vermutlich war der Besitzer des Wagens dort oben ein Mann namens R. T. Straker. Und am heutigen Morgen hatte Crockett denn auch in der Post eine Nachricht von Straker gefunden.
Straker war vor einem Jahr an einem warmen Julinachmittag in Crocketts Büro gekommen, war aus dem Auto gestiegen und, bevor er eintrat, einen Augenblick lang auf dem Gehsteig stehengeblieben – ein hochgewachsener Mann in einem Anzug mit Weste. Sein kahler Kopf glich einem Golfball, die schwarzen Augenbrauen waren zwei gerade Striche, und die Augenhöhlen sahen wie dunkle Löcher aus, die man aus dem knochigen Gesicht herausgemeißelt hatte. In der Hand trug er eine dünne schwarze Aktentasche.
Larry war allein in seinem Büro, als Straker kam; die Sekretärin, ein Mädchen aus Falmouth, mit dem wohlgeformtesten Busen, den man jemals gesehen hatte, arbeitete nachmittags bei einem Anwalt in Gates Falls.
Der kahlköpfige Mann setzte sich auf einen Stuhl, legte die Aktentasche auf die Knie und starrte Larry Crockett an. Strakers Gesicht war völlig ausdruckslos, und das störte Larry.
»Womit kann ich Ihnen dienen?« fragte Larry.
»Ich möchte in Ihrer hübschen Stadt ein Wohnhaus und ein Geschäftslokal kaufen«, sagte der kahlköpfige Mann. Er sprach mit einer gleichmütigen, tonlosen Stimme, die Larry an das Tonband des telefonischen Wetterberichts erinnerte.
»Ausgezeichnet«, sagte Larry. »Wir haben einige schöne Grundstücke anzubieten -«
»Das ist nicht nötig«, unterbrach ihn der Mann mit der Glatze. »Das Geschäftslokal befindet sich hinter dem städtischen Bürohaus gegenüber dem Park.«
»Ja, das kann ich Ihnen anbieten. Es war eine Wäscherei, die im Vorjahr in Konkurs ging. Es hat eine ausgezeichnete Lage, wenn Sie
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