Brennen Muss Salem
zu
schrumpfen schien, je nachdem, was gerade für ein Jahr war. Es hatte wohl etwas mit dem Wetter zu tun. Wenn sie sich so weitervermehrten, würde er wieder mit dem Streuen von Giftpulver beginnen müssen. (Seit 1964 mußte er das nämlich nicht mehr tun.)
Jetzt sah er wieder eine; sie kroch unter den Sägeblöcken hervor, die als Feuerbarriere dienten.
Dud zog die Pistole heraus, entsicherte sie und zielte sorgfältig. »Leb wohl, Ratz«, sagte Dud und schoß.
Die Ratte fuhr zusammen.
Dud ging hinüber und stieß sie mit seinem schweren Stiefel an. Die Ratte biß noch einmal schwach ins Oberleder und zuckte müde mit den Flanken.
»Biest«, sagte Dud Rogers und zertrat ihr den Kopf.
Er hockte sich nieder und betrachtete sie, als er sich plötzlich dabei ertappte, daß er an Ruthie Crockett dachte, das Mädchen, das keinen Büstenhalter trug. Wenn sie einen dieser hautengen Wollpullis trug, konnte man ganz deutlich ihre Brustwarzen sehen, wie sie sich durch die Reibung an der Wolle aufrichteten.
Wenn ein Mann dieser Brustwarzen habhaft werden und sie nur ein wenig streicheln könnte, nur ein wenig, dann würde die Schlampe wohl auf Touren kommen wie eine Rakete ...
Er packte die Ratte beim Schwanz und schwang sie wie ein Pendel. »Was würdest du sagen, wenn du die gute alte Ratte in deinem Schmuckdöschen finden würdest, Ruthie?« Der Gedanke mit seiner unbeabsichtigten Doppeldeutigkeit amüsierte ihn.
Er kicherte mit hoher Stimme und schüttelte seinen etwas schief gewachsenen Kopf.
Er warf die Ratte in großem Bogen auf den glühenden Müll, und während er sich umdrehte, erblickte er eine Gestalt – etwa fünfzig Schritte zu seiner Rechten, eine große, überaus schlanke Silhouette. Dud wischte die Hände an seinen grünen Hosen ab, zog die Hosen hoch und schlenderte näher.
»Der Müllplatz ist geschlossen, Mister.«
Der Mann wandte sich ihm zu. Das Gesicht, das Dud in dem roten Schein des sterbenden Feuers sah, wirkte nachdenklich.
Der Mann hatte hohe Backenknochen und weißes Haar mit einigen eisengrauen Strähnen darin. Er trug es über seine spiegelglatte Stirn nach hinten gekämmt, wie einer von jenen Konzertpianisten. Die Augen starrten in die glühende Asche und spiegelten sie wider, so daß sie blutunterlaufen wirkten.
»Tatsächlich?« fragte der Mann, und obwohl das Wort perfekt ausgesprochen war, vernahm man einen leichten Akzent. Er sprach etwa so wie ein Franzose oder vielleicht wie ein Mitteleuropäer. »Ich kam, um das Feuer anzusehen. Es ist schön.«
»Ja«, sagte Dud. »Wohnen Sie hier in der Nähe?«
»Ich bin vor kurzem in Ihre schöne Stadt gezogen. Schießen Sie viele Ratten?«
»Eine ganze Menge, ja. Im Augenblick gibt es Millionen dieser kleinen Hurensöhne hier. Sagen Sie, sind Sie nicht der Mann, der das Marstenhaus gekauft hat?«
»Raubtiere«, sagte der Mann und verschränkte die Hände im Rücken. Dud stellte erstaunt fest, daß der Mann ganz formell angezogen war, mit Anzug, Weste und allem Zubehör. »Ich liebe die Raubtiere der Nacht. Die Ratten ... die Eulen ... die Wölfe. Gibt es hier Wölfe?«
»Nein«, erwiderte Dud. »Vor zwei Jahren hat man in Durham ein, zwei Coyoten geschossen. Und dann gibt's noch ein Rudel wilder Hunde – für die Jagd.«
»Hunde«, sagte der Fremde mit verächtlicher Miene. »Niedrige Tiere, die schon beim Klang eines fremden Schrittes zu heulen beginnen und sich verkriechen. Zu nichts gut als zum Winseln. Man sollte sie alle schlachten, sage ich. Schlachtet sie alle!«
»Gut, gut, meine Meinung ist das ja nicht«, sagte Dud und trat ängstlich einen Schritt zurück. »Es ist immer gemütlich, wenn jemand hier heraus kommt, aber, wie dem auch sei, dieser Müllplatz schließt an Sonntagen um achtzehn Uhr, und jetzt ist es zwanzig Uhr dreißig -.«
»Offenbar.«
Der Fremde machte jedoch keinerlei Anstalten, zu gehen.
Dud überlegte, daß er den übrigen Stadtbewohnern nun etwas voraus habe. Jedermann wollte wissen, was hinter diesem Straker steckte, und er war nun der erste, der das in Erfahrung gebracht hatte, ausgenommen Larry Crockett vielleicht, der ein schlauer Fuchs war. Das nächste Mal, wenn er in die Stadt kam, um bei diesem George Middler mit dem Quadratschädel neue Patronen zu kaufen, würde er so ganz nebenbei sagen: Ich hab'
da gestern nacht diesen neuen Typ getroffen, rein zufällig.
Wen? Ach, du weißt schon. Den Kerl, der das Marstenhaus gekauft hat. Ganz netter Kerl. Spricht ein bißchen wie ein
Weitere Kostenlose Bücher