Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
eiskalter Krimineller war, bevor er hierher zurückkehrte? Daß er sein wahres Gesicht unter einer Cellophanhülle verbarg, wie eine Lieferung von neuen Weingläsern an irgendein Hotel. Unsinn. Dennoch blieben die Zweifel aufrecht. Deswegen fühlte sie mehr als nur den für ihr Alter typischen Groll gegen die Mutter. In ihrem Innern machte sich ein dunkles Gefühl breit, das an Haß grenzte.
    Sie legte einen Arm über ihr Gesicht und war gerade in einen unruhigen Schlummer gefallen, als unten das Telefon klingelte und sie die Stimme ihrer Mutter hörte: »Susan, ein Anruf für dich!«
    Sie ging hinunter und stellte fest, daß es kurz nach siebzehn Uhr dreißig war. Mrs. Norton stand in der Küche und kochte das Abendbrot. Der Vater war noch nicht zu Hause.
    »Hallo?«
    »Susan?« Die Stimme kam ihr bekannt vor, aber sie wußte nicht sofort, wem sie gehörte.
    »Ja, wer spricht?«
    »Hier ist Eva Miller. Ich habe schlechte Nachrichten, Susan.«
    »Ist Ben etwas zugestoßen?« Ihr Mund war plötzlich ganz trocken. Mrs. Norton stand in der Küchentür, einen Kochlöffel in der Hand, und hörte zu.
    »Es gab eine Schlägerei. Floyd Tibbits kreuzte hier auf -«
    »Floyd!«
    Susans Tonfall ließ Mrs. Norton zusammenzucken.
    »– und ich sagte ihm, daß Mr. Mears schlafe. Floyd sagte ganz höflich, das mache nichts aus, aber er war sehr sonderbar angezogen. Er trug einen ganz altmodischen Mantel und einen komischen Hut, und er hielt die Hände in den Taschen verborgen.
    Natürlich dachte ich nicht daran, es Mr. Mears zu sagen, als der aufstand.«
    »Was ist geschehen?« Susan schrie beinahe.
    »Floyd hat ihn zusammengeschlagen«, sagte Eva unglücklich.
    »Auf dem Parkplatz, unmittelbar vor meinem Haus. Sheldon und Ed Craig gingen hinaus und zogen Floyd fort.«
    »Und Ben? Ist Ben unverletzt?«
    »Ich fürchte, nein.«
    »Was ist ihm zugestoßen?«
    »Floyd landete einen letzten Schlag, und Mr. Mears fiel hintenüber auf seinen kleinen ausländischen Wagen. Mears fiel auf den Kopf. Carl Foreman brachte ihn in die Unfallstation; Mears war bewußtlos. Mehr weiß ich nicht. Wenn du -«
    Susan legte den Hörer auf, lief zum Schrank und riß ihren Mantel heraus.
    »Susan, was ist los?«
    »Dein netter Bursche, der Floyd Tibbits«, sagte Susan und bemerkte gar nicht, daß ihr die Tränen über das Gesicht liefen.
    »Er hat Ben ins Spital gebracht.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie hinaus.

    Um achtzehn Uhr dreißig war sie im Spital, saß in einem unbequemen Plastikstuhl und starrte mit leerem Blick auf eine Illustrierte. Ich bin die einzige, dachte sie. Verdammt peinlich. Sie hatte überlegt, ob sie Matt Burke benachrichtigen solle, aber die Angst, der Arzt könnte kommen und sie nicht vorfinden, ließ sie sitzen bleiben.
    Auf der Uhr des Warteraumes krochen die Minuten dahin. Zehn Minuten vor neunzehn Uhr trat ein Arzt mit einem Blatt Papier in der Hand aus der Tür und sagte: »Miss Norton?«
    »Ja. Wie geht es Ben?«
    »Im Augenblick kann ich diese Frage noch nicht beantworten.« Er sah, wie Angst sie überfiel, und fügte hinzu: »Ich glaube, es ist nichts Ernstes, aber wir werden ihn zwei, drei Tage hierbehalten. Er hat eine Schnittwunde beim Haaransatz, mehrere Zerrungen und Prellungen und ein gewaltig blaues Auge.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Heute abend nicht. Wir haben ihm Beruhigungsmittel gegeben. «
    »Eine Minute? Bitte, nur eine Minute?«
    Der Arzt seufzte. »Wenn Sie wollen, können Sie hineinschauen. Vermutlich schläft er. Sie dürfen kein Wort mit ihm sprechen, außer, er spricht zu Ihnen.«
    Der Arzt führte sie in den dritten Stock, einen Gang entlang, der nach Spital roch, und zu einer Tür.
    Ben lag mit geschlossenen Augen im Bett. Die Decke war bis zu seinem Kinn hochgezogen. Er war so blaß und still, daß Susan einen furchtbaren Augenblick lang überzeugt war, er sei tot; sei einfach weggeglitten, während sie unten mit dem Arzt gesprochen hatte. Dann sah sie das gleichmäßige Sich-Heben und Senken seiner Brust, und die Erleichterung, die Susan überkam, ließ sie ein wenig hin- und herschwanken. Sie betrachtete Bens Gesicht und bemerkte kaum die Folgen des Kampfes.
    Weiberheld, hatte ihn ihre Mutter genannt, und Susan konnte jetzt sehen, warum. Seine Züge waren kraftvoll und zugleich empfindsam. Nur das schwarze Haar war männlich im üblichen Sinn. Schwarz und schwer schien es über seinem Gesicht zu schweben, und der weiße Verband über der linken Schläfe bildete einen scharfen Kontrast

Weitere Kostenlose Bücher