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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gehörst der Stadt. Zusammen mit ihr schläfst du wie ein Toter, wie die Steine auf deinem Feld. Hier gibt es kein Leben, hier stirbt man mit jedem Tag ein wenig. Wenn daher das Böse über diese Stadt hereinbricht, so ist sein Kommen fast schon vorherbestimmt, wie ein süßer Rausch. Es ist fast, als ahnte die Stadt das Ausmaß, in dem das Böse über sie kommen mußte ...
    Die Stadt hatte ihre Geheimnisse und hütete sie gut. Die Leute kannten sie freilich nicht alle. Sie wußten, daß Albie Cranes Frau mit einem Reisenden aus New York durchgebrannt war oder sie glaubten, es zu wissen. Aber nachdem der Reisende die Frau verlassen hatte, schlug ihr Albie den Schädel ein, hängte einen Stein an ihre Füße und warf sie in den alten Brunnen.
    Zwanzig Jahre später starb dann Albie friedlich in seinem Bett - wie sein Sohn Joe im Laufe dieser Geschichte noch sterben wird. Vielleicht wird eines Tages ein Kind zu dem zwischen Brombeeren versteckten Brunnen gehen, die ausgeblichenen Bretter fortschieben und auf dem Grund das Skelett sehen.
    Die Leute wissen, daß Hubie Marsten seine Frau getötet hat, aber sie wissen nicht, was er sie vorher zu tun zwang oder wie es damals zwischen ihnen war, in dieser stickigen Küche mit dem Geruch des süßen Geißblatts in der Luft, bevor Hubie seiner Frau durch den Kopf schoß. Die Leute wissen nicht, daß die Frau Hubie angefleht hatte, es zu tun.
    Etliche von den älteren Frauen der Stadt - Mabel Werts etwa, Glynis Mayberry, Audrey Hersey - erinnern sich, daß Larry McLeod im Kamin verkohlte Papiere fand, aber keine von ihnen weiß, daß es die Reste einer zwölfjährigen Korrespondenz zwischen Hubert Marsten und einem österreichischen Aristokraten namens Beinsperg waren; oder daß der Briefwechsel zwischen diesen beiden durch die Vermittlung eines recht eigenartigen Buchhändlers aus Boston zustandegekommen war, der 1933 einen überaus häßlichen Tod fand; oder daß Hubie Marsten jeden Brief einzeln verbrannte, bevor er sich erhängte, daß er zusah, wie die Flammen das dicke cremefarbene Papier schwärzten und die elegante Kalligraphie auslöschten. Sie wissen nicht, daß er lächelte, während er das tat, wie Larry Crockett jetzt lächelt, wenn er an die Grundbuchauszüge denkt, die in seinem Safe in der Portlandbank liegen.
    Sie wissen, daß Coretta Simons, die Witwe des alten Jumpin Simons, einen langsamen, schrecklichen Krebstod stirbt, aber sie wissen nicht, daß hinter der Tapete des Wohnzimmers dreißigtausend Dollar versteckt sind, eine Versicherungsprämie, die sie vor Jahren erhalten und längst vergessen hat.
    Sie wissen, daß im September 1951 ein Feuer die halbe Stadt niedergebrannt hat, aber sie wissen nicht, daß das Feuer gelegt war, und sie wissen nicht, daß der Junge, der es legte, die Schule mit Auszeichnung beendet und später in Wall Street hunderttausend Dollar gemacht hat.
    Sie wissen nicht, daß Floyd Tibbits an jenem Freitag völlig benommen umhergewandert war und die Sonne gehaßt hatte, die er auf seiner seltsam fahlen Haut spürte; daß er sich kaum mehr erinnerte, bei Ann Norton gewesen zu sein und Ben Mears niedergeschlagen zu haben, daß er jedoch von der Dankbarkeit wußte, mit der er das Sinken der Sonne begrüßte, von der Dankbarkeit und der Vorfreude auf etwas Großartiges; oder daß Carl Foreman zu schreien versuchte und keinen Laut herausbrachte, als Mike Ryerson auf dem Metalltisch in dem Raum neben der Leichenhalle plötzlich zu zittern begann, und daß Foremans Schrei blind und tonlos blieb, als Mike die Augen öffnete und sich aufsetzte.
    Oder daß der zehn Monate alte Randy McDougall sich nicht einmal wehrte, als Danny Glick durch das Fenster seines Zimmers schlüpfte, das Baby aufnahm und seine Zähne in den Hals des Kindes grub, der noch die Spuren der mütterlichen Mißhandlung zeigte.
    Das sind Geheimnisse der Stadt. Und manche wird man später erfahren und manche wird man niemals erfahren. Die Stadt hütet sie alle.
    Die Stadt schert sich nicht um die Werke des Teufels und nicht um die Taten Gottes oder um jene der Menschen. Die Stadt war sich der Dunkelheit bewußt. Und der Dunkelheit gab es genug.
    Sandy McDougall wußte, daß etwas nicht in Ordnung war, als sie aufwachte, aber sie wußte nicht, was. Die andere Seite des Bettes war leer; Roy hatte einen freien Tag und war mit seinen Freunden fischen gegangen. Zu Mittag würde er wieder zurück sein. Was war nicht in Ordnung?
    Die Sonne. Die Sonne war nicht in Ordnung.
    Sie

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