Brennen Muss Salem
kalt. »Bitte keinen Arzt, Tony. Ich werde mich heute ausruhen.«
»Gut«, sagte er. Und hatte ein schlechtes Gefühl, weil er ihr nachgab.
»Es ist ein so wunderbarer Traum, Tony«, sagte sie, an seinen Hals geschmiegt. Die Bewegung ihrer Lippen und darunter die Härte ihrer Zähne wirkten erstaunlich erotisch. Er bekam eine Erektion. »Ich wollte, ich würde heute nacht wieder träumen.«
»Vielleicht wirst du träumen«, sagte er und strich über ihr Haar.
»Mein Gott, du siehst gut aus«, sagte Ben.
In dieser Spitalswelt von blassem Weiß und anämischem Grün sah Susan Norton tatsächlich sehr gut aus. Sie trug eine hellgelbe Bluse mit schwarzen Streifen und einen kurzen blauen Jeans-Rock.
»Du auch«, sagte sie und ging zu seinem Bett.
Er gab ihr einen langen Kuß, und sein Arm glitt um ihre Hüften.
»Achtung«, sagte sie und löste sich aus seinem Kuß, »dafür werfen sie dich hinaus.«
»Mich nicht.«
»Nein, mich.«
Sie sahen einander an.
»Ich liebe dich, Ben.«
»Ich dich auch.«
»Ich könnte mich jetzt gleich zu dir legen -«
»Warte, ich schlage die Decke zurück.«
»Und wie soll ich das den Schwestern erklären?«
»Sag ihnen, du gibst mir die Leibschüssel.«
Sie schüttelte lachend den Kopf und zog einen Stuhl zum Bett. »In der Stadt ist eine Menge geschehen, Ben.«
Ernüchtert sah er Susan an. »Was zum Beispiel?«
Sie zögerte. »Ich weiß nicht recht, wie ich es dir sagen soll oder was ich selbst davon halte. Ich bin verwirrt, um es gelinde auszudrücken.«
»Rück heraus damit, und dann werden wir es besprechen.«
»Wie ist dein Zustand, Ben?«
»Nicht ernst. Auf dem Wege der Besserung. Matts Arzt, ein Mann namens Cody -«
»Nein. Ich meine deine geistige Verfassung. Wieviel von diesen Dracula-Geschichten glaubst du wirklich?«
»Ach das. Hat Matt dir alles erzählt?«
»Matt ist hier im Spital. Oben in der Intensivstation.«
»Was?« Ben fuhr auf. »Was ist los mit ihm?«
»Herzinfarkt.«
»Herzinfarkt!«
»Doktor Cody sagt, Matts Zustand sei soweit zufriedenstellend. Matt gilt noch als gefährdet, aber das ist ja in den ersten achtundvierzig Stunden immer so. Ich war dabei, als es geschah. «
»Bitte, erzähl mir, was du weißt, Susan.«
Aus seinem Gesicht war die Freude geschwunden. Es war gespannt und aufmerksam.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Ben.«
»Was ich zu Matts Erzählung meine?«
»Ja.«
»Ich will darauf antworten, indem ich sage, was du denkst.
Du glaubst, das Marstenhaus habe mir so sehr den Kopf verdreht, daß ich an allen Ecken und Enden Gespenster sehe.
Stimmt das ungefähr?«
»Ja, ich glaube schon. Aber so hart wollte ich es nicht ausdrücken.«
»Ich weiß, Susan. Aber ich möchte dir einmal meine Überlegungen sagen; das mag auch mir helfen, klarer zu sehen. Nach deinem Gesicht zu schließen, hat dich etwas ziemlich beeindruckt. «
»Ja ... aber ich glaube nicht daran, ich kann nicht -«
»Warte einen Augenblick. Das Wort ich kann nicht blockiert alles. Da bin ich auch steckengeblieben. Es ist eine so absolute, alles ausschließende Feststellung. Ich kann nicht. Ich hab' Matt nicht geglaubt, weil es solche Dinge nicht gibt. Aber wie immer ich seine Geschichte angesehen habe, sie hielt jeder Prüfung stand. Die auf der Hand liegende Erklärung ist natürlich, daß er den Verstand verloren hat, nicht wahr?«
»Ja.«
»Erschien er dir geistesgestört?«
»Nein. Nein, aber –«
»Hör auf.« Er hob abwehrend die Hand. »Du denkst schon wieder, ich kann nicht –«
»Ja, vermutlich.«
»Auch mir erschien Matt weder verrückt noch unvernünftig.
Wir beide wissen, daß paranoide Vorstellungen oder Verfolgungswahn nicht plötzlich auftreten. Sie entwickeln sich langsam, und das dauert eine ganze Weile. Hast du jemals in der Stadt jemanden sagen gehört, bei Matt sei eine Schraube locker?
Hast du jemals gehört, wie Matt davon erzählte, daß jemand ihm nach dem Leben trachte? War er jemals in irgendwelche obskuren Geschichten verwickelt, oder hat er davon gesprochen, daß man von Fluortabletten Gehirntumor bekomme?
War er Mitglied irgendeiner faschistischen oder kommunistischen Bewegung? Hat er jemals ein außergewöhnliches Interesse an spiritistischen Sitzungen oder Astralleibbeschwörungen gezeigt? Glaubt er an Reinkarnation? Ist er einmal verhaftet worden?«
»Nein«, sagte sie. »Nie. Ben ... es tut mir weh, das über Matt zu sagen oder auch nur anzudeuten, aber manche Menschen werden in aller Stille verrückt.
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