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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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trug die verstörten Züge eines Mannes, der beim Verlassen eines Nachtklubs niedergeschlagen worden ist.
    Er hatte sich im Büro beurlauben lassen; während der letzten Woche hatte er sehr viel geschlafen. Es verging, wenn man schlief. Sein Schlaf kannte keine Träume. Er fegte sich um neunzehn Uhr dreißig zu Bett und stand am nächsten Morgen um zehn Uhr auf. Zwischen vierzehn und fünfzehn Uhr schlief er wieder. Die Zeit, die zwischen Dannys Begräbnis und diesem sonnigen Samstag morgen vergangen war - fast eine Woche -, erschien ihm verschwommen und unwirklich. Die Leute brachten ihnen fortwährend etwas zu essen: Fleischtöpfe, Kuchen, Torten. Margie sagte, sie wisse nicht, wohin damit. Sie waren beide nicht hungrig. Am Mittwoch abend hatte er versucht, mit seiner Frau zu schlafen, aber beide hatten zu weinen begonnen.
    Margie sah schlecht aus. Ihr Versuch, mit den Dingen fertig zu werden, bestand darin, das Haus von oben bis unten zu putzen. Mit einem manischen Eifer, der jeden Gedanken ausschloß, hatte sie alles gesäubert. Sie hatte Kleider und Spielsachen ordentlich in Kartons verpackt, um sie der Heilsarmee zu schenken. Als Tony am Donnerstag morgen aufstand, stapelten sich alle diese Kartons, säuberlich beschriftet, vor der Haustür.
    Niemals im Leben hatte er etwas so Schreckliches gesehen wie diese stummen Kartons. Und in seinem benommenen Zustand hatte Tony bemerkt, wie blaß Margie in den letzten Tagen geworden war.
    Diese Gedanken gingen ihm im Kopf herum, als Margie nochmals hinfiel. Und dieses Mal antwortete sie nicht.
    Er stand auf, latschte durch das Wohnzimmer und fand sie auf dem Boden liegen. Ihr Atem ging flach, und sie starrte mit glasigem Blick zur Zimmerdecke.
    Ihr Aussehen hatte sich während der Nacht so verschlechtert, daß es wie ein scharfes Messer durch sein benebeltes Bewußtsein schnitt. Ihre Beine hatten die Farbe von Gips; die Sonnenbräune war verschwunden. Margies Mund war geöffnet, als bekäme ihre Lunge nicht genug Luft, und es fiel ihm auf, wie stark ihre Zähne hervorstachen. Oder war es nur das Licht?
    »Margie, Liebling?«
    Sie versuchte zu antworten und konnte es nicht. Jetzt packte ihn wirkliche Angst.
    Er ging zum Telefon, um einen Arzt zu rufen, als sie sagte:
    »Nein ... nein ... hilf mir ... die Sonne ist so heiß ...« Sie wiederholte das mehrmals, nachdem sie verzweifelt nach Luft geschnappt hatte. Mit äußerster Anstrengung setzte sie sich auf, und das totenstille Haus war erfüllt von ihrem hörbaren Ringen um Atem.
    Er hob sie auf und war bestürzt, wie leicht seine Last war. Sie wog kaum mehr als ein Bündel Heu.
    »... Sofa ...«
    Er trug sie auf das Sofa, fort aus der Sonne, die durch das große Fenster auf den Teppich fiel. Ihr Atem schien jetzt wieder leichter zu gehen. Sie schloß die Augen, und wieder fiel ihm die Weiße ihrer Zähne auf. Er verspürte das Verlangen, Margie zu küssen.
    »Ich möchte einen Arzt rufen«, sagte er.
    »Nein, es geht mir schon besser. Die Sonne ... brannte auf mich. Machte mich schwach.« Ihre Wangen hatten sich ein weig gerötet,
    »Bist du sicher?«
    »Ja, es geht wieder.«
    »Du hast zu viel gearbeitet, Liebes.«
    »Ja«, sagte sie apathisch.
    Er fuhr mit der Hand durch sein Haar. »Wir müssen uns zusammenreißen, Margie. Wir müssen. Du siehst aus ...« Er hielt inne, um sie nicht zu verletzen.
    »Ich sehe furchtbar aus«, sagte sie. »Bevor ich gestern zu Bett ging, sah ich mich im Badezimmerspiegel, und ich schien kaum noch da zu sein. Einen Augenblick lang dachte ich ...« Ein Lächeln flog über ihre Lippen, »ich könne durch mich hindurch die Badewanne sehen ... Es war nicht mehr als ein Schatten übrig, und er war ... entsetzlich blaß . ..«
    »Ich möchte, daß Doktor Readon dich untersucht.«
    Sie schien Tony nicht zu hören. »Ich hatte während der letzten Nächte einen wunderschönen Traum, Tony. So wirklich.
    Im Traum kommt Danny zu mir. Er sagt: ›Mutti, ich bin so glücklich, zu Hause zu sein!‹ Und er sagt ... sagt...«
    »Was sagte er?« fragte Tony sanft.
    »Er sagt ... er sei nun wieder mein Baby. Wieder an meiner Brust. Und ich gab ihm zu trinken und ... ein Gefühl der Süße und ein wenig auch der Bitterkeit, wie damals, vor dem Abstillen, als er Zähne bekam und saugen wollte - ich weiß, das klingt entsetzlich. Als ob ich in psychiatrische Behandlung gehörte.«
    »Nein«, sagte er. »Nein.«
    Tony kniete neben ihr nieder, und sie legte die Arme um seinen Hals und weinte. Ihre Arme waren

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