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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Augenblick fuhr der Schmerz in seine Brust und ließ ihn taumeln. Er krümmte sich. Der Schmerz schien in gleichmäßig pulsierenden Wellen seine Arme entlangzuströmen. Unter seinen Schultern schwang das Kruzifix hin und her.
    Die Arme auf die Brust gepreßt, ging er zur Tür. Das Bild von Mike Ryerson - in der dunklen Nachtluft hängend wie ein bleicher Turmspringer - stand vor seinen Augen.
    »Mr. Burke!«
    »Mein Arzt heißt James Cody«, sagte Matt mit Lippen, die kalt wie Schnee waren. »Seine Nummer steht in meinem Telefonbuch. Ich glaube, ich habe einen Herzinfarkt.«
    Er fiel vornüber und brach zusammen.
    Susan wählte die Nummer, die neben Cody, Jimmy, Pillendreher stand. Die Worte waren in jenen ordentlichen Großbuchstaben geschrieben, die Susan so gut aus ihrer Schulzeit kannte.
    Eine weibliche Stimme antwortete, und Susan sagte: »Ist Doktor Cody zu Hause? Es ist dringend!«
    »Ja«, sagte die Frau ruhig, »ich übergebe.«
    »Hier Doktor Cody.«
    »Hier Susan Norton. Ich bin bei Mr. Burke. Er hat eine Herzattacke.«
    »Wer? Matt Burke?«
    »Ja. Er ist bewußtlos. Was soll ich -«
    »Rufen Sie sofort eine Ambulanz«, sagte Cody. »Die Nummer ist: Cumberland 841-4000. Bleiben Sie bei Matt. Decken Sie ihn zu, aber bewegen Sie ihn nicht. Verstanden?«
    »Ja.«
    »In zwanzig Minuten bin ich bei Ihnen.«
    »Werden Sie -«
    Aber das Telefon war tot, und Susan war allein.
    Sie rief die Ambulanz an, und dann war sie wieder allein und wußte, daß sie zu Matt hinaufgehen mußte.
    Mit einem für sie ganz ungewöhnlichen Angstgefühl starrte sie auf den Treppenaufgang. Sie ertappte sich bei dem Wunsch, daß nichts von all dem geschehen sein möge. Bis jetzt war sie Matts Wahrnehmungen und seinen Theorien völlig ungläubig gegenübergestanden - sie waren etwas, das mit der von ihr akzeptier-ten Wirklichkeit in Einklang gebracht werden mußte. Nicht mehr und nicht weniger. Jetzt aber war die feste Basis ihres Unglaubens zerstört und sie fühlte sich ins Bodenlose fallen.
    Sie hörte in der Erinnerung Matts Stimme, und sie hörte diese furchtbare, fast lautlose Beschwörung: Ich werde dich schlafen sehen wie einen Toten, Lehrer. Die Stimme, die diese Worte gesprochen hatte, war nicht menschlicher gewesen als das Bellen eines Hundes.
    Susan ging hinauf, zwang ihren Körper Schritt für Schritt nach oben. Das Licht im Flur half nicht viel. Matt lag, wo sie ihn verlassen hatte, sein Gesicht war seitwärts gedreht, so daß die rechte Wange auf dem fadenscheinigen Läufer lag. Sein Atem kam in harten, stoßweisen Zügen. Sie beugte sich zu ihm hinab und öffnete die obersten Knöpfe seines Hemdes; das schien sein Atmen ein wenig zu erleichtern. Dann ging sie ins Gästezimmer, um eine Decke zu holen.
    Das Zimmer war kühl. Das Fenster stand offen. Das Bett war abgezogen, aber im Schrank fand sie eine Decke. Als sie wieder zurückgehen wollte, sah sie im Mondlicht, nahe dem Fenster, etwas auf dem Boden glitzern. Sie bückte sich, hob es auf und erkannte es sofort: es war ein Klassenring der Oberschule von Cumberland. Auf der Innenseite waren die Buchstaben M. C. R. eingraviert.
    Michael Corey Ryerson.
    In diesem Augenblick, hier in der Dunkelheit, glaubte sie. Sie glaubte alles. Ein Schrei wollte aus ihrer Kehle aufsteigen, sie erstickte ihn, aber der Ring fiel aus ihrer Hand, rollte auf den Boden und glitzerte weiter im herbstlichen Mondlicht.

10
    Salem's Lot (III)

    Die Stadt wußte um die Dunkelheit.
    Sie wußte um die Dunkelheit, die über dem Land liegt, wenn die Erddrehung das Land vor der Sonne versteckt, und sie wußte um die Dunkelheit der menschlichen Seele.
    Drei Komponenten sind es, die das Wesen der Stadt ausmachen. Da sind einmal die Menschen, die hier leben, die Häuser, die sie sich gebaut haben, um darin zu wohnen oder ihren Geschäften nachzugehen, und dann ist da noch der Boden, auf dem sie leben. Die Menschen hier kamen einst aus England und Schottland oder aus Frankreich. Es gibt natürlich auch andere, aber deren sind sehr wenige, man muß sie suchen wie eine Stecknadel im Heuhaufen. Der »Schmelztiegel der Nationen« hat hier niemals sehr viel verschmolzen. Die Häuser sind zumeist aus solidem Holz gebaut. Die älteren sind klein wie Zündholzschachteln, und es gibt zahlreiche Fassaden, hinter denen sich nichts befindet. Niemand könnte sagen, warum. Die Leute wußten über die Leere hinter den Fassaden Bescheid, genau so, wie sie wußten, daß Loretta Starcher einen ausgestopften Büstenhalter

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