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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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geht es darum, daß die Hand beim Fisten gar nicht wirklich zur Faust geballt wird. Ich lese den ersten Abschnitt ein zweites Mal, ohne viel zu verstehen. Ich bin schläfrig. Als ich aufblicke, steht M. neben mir.
    »Fertig?« fragt er.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich kann mich irgendwie nicht richtig konzentrieren«, antworte ich und muß schon wieder gähnen. »Ich bin wirklich müde.«
    »Vielleicht solltest du dich eine Weile hinlegen«, meint er und hilft mir auf.

    Völlig desorientiert, antworte ich: »Ja, nur für ein paar Minuten.« Ich spreche wie in Zeitlupe, als würde ich träumen. An M. gelehnt, lasse ich mich ins Arbeitszimmer führen. Er hat den Arm fest um meine Taille gelegt. Im Arbeitszimmer setzt er mich auf die Couch.
    »Alles in Ordnung?« fragt er und starrt mich aus seinen dunklen Augen an.
    Ich nicke.
    »Leg dich zurück. Du wirst dich gleich besser fühlen.« Mit diesen Worten schiebt er mich sanft zurecht, legt meine Füße auf die Couch und zieht mir die Schuhe aus. »Schlaf einfach ein bißchen«, sagt er. »Schließ die Augen und schlaf.« Aber meine Augen sind bereits geschlossen. Ich glaube, er sagt noch etwas, aber seine Stimme ist so weit weg, daß ich die Worte nicht verstehen kann. Visionen von Vaginen und darin verschwindenden Händen vernebeln mir den Kopf. Ich versuche, meine Gedanken auf einen Punkt zu konzentrieren, aber alles verschwimmt zu einem schläfrigen Nebel. Schließlich gebe ich auf und überlasse mich dem Schlaf.
     
    Ich wache langsam auf, völlig groggy, und als ich die Augen aufschlage, sehe ich hoch über mir den langen Holzbalken, der die ganze Länge der Zimmerdecke einnimmt. Ich schließe die Augen und öffne sie wieder. Diesmal sehe ich M. Gemächlich schwingt er in mein Gesichtsfeld, um gleich wieder daraus zu verschwinden, wie eine Marionette. Ich will den Kopf wenden, um ihn besser sehen zu können, aber mein Nacken fühlt sich steif und eingeengt an. Ich kann ihn nur ein winziges Stück bewegen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, daß M. neben mir auf einem Stuhl sitzt. Er lehnt sich vor und legt mir eine Hand auf die Stirn, aber ich spüre weder seine Finger noch die Berührung seiner Haut, nur einen sanften Druck.
    »Versuch, nicht in Panik zu geraten«, sagt er, und ich schließe wieder die Augen. Wovon redet er überhaupt?

    »Du hast eine Weile geschlafen«, höre ich ihn sagen. »Ich habe dir etwas in den Tee getan.«
    Immer noch schläfrig, schlage ich erneut die Augen auf. Ich will etwas sagen, merke aber, daß es nicht geht.
    »Ein Schlafmittel«, fährt er fort. »Eine ganz kleine Menge, gerade genug, um dich für kurze Zeit außer Gefecht zu setzen.«
    Inzwischen fühle ich mich weniger benommen, und mir wird klar, daß irgend etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Es fühlt sich an, als würden mein Geist und mein Körper nur mit einer gewissen Verzögerung funktionieren. Sowohl mein Denken als auch meine Sinneswahrnehmung kommen mir stark verlangsamt vor. Erst jetzt wird mir die volle Bedeutung von M.s Worten bewußt: Versuch, nicht in Panik zu geraten. Ich habe dir etwas in den Tee getan. Ein Schlafmittel. Ich versuche mich aufzusetzen, kann mich aber nicht bewegen. Dann spüre ich den Druck auf meinem Körper, den Druck, der schon die ganze Zeit da war – ein beengendes, klaustrophobisches Gefühl, als würde ich irgendwo feststecken. Plötzlich weiß ich, was passiert ist.
    »Versuch nicht, dich zu bewegen«, sagt er sanft. »Es ist unmöglich  – du wirst dich nur unnötig anstrengen.« Er läßt seine Hand auf meiner Stirn liegen, als könnte allein das mich beruhigen.
    »Hier«, sagt er, »sieh dich an« und hält mir einen Spiegel vors Gesicht. Blau und angsterfüllt starren mir meine Augen entgegen. Der Rest meines Kopfes ist mit einem fleischfarbenen Stretchverband bandagiert. Mund, Ohren, Stirn – alles ist umwickelt. Nur meine Augen und ein schmaler Schlitz für die Nasenlöcher sind ausgespart. Er kippt den Spiegel etwas, so daß ich an meinem Körper hinuntersehen kann. Er ist von unzähligen elastischen Binden vollständig umhüllt. Meine Beine sind zusammengewickelt, die Arme gegen den Rumpf gepreßt, der Oberkörper bedeckt. Nirgends ist auch nur ein winziges
Stück Haut zu sehen. Ich stöhne verzweifelt, weil mir plötzlich meine absolute Hilflosigkeit bewußt wird. Eine Welle der Panik läuft durch meinen Körper. Ich bin von Verbänden eingehüllt. Mumifiziert. Eine extreme Platzangst ergreift von mir Besitz. Das

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